Themenwoche HPV-Impfung

„Mütter sind die zentralen Ansprechpartner“

In dieser Woche werben Urologen für die HPV-Impfung. Vor allem bei Jungen besteht Nachholbedarf. Wie sie für eine Impfung gewonnen werden sollen, erklärt der Vorsitzende des Berufsverbandes Dr. Axel Schroeder.

Helmut LaschetVon Helmut Laschet Veröffentlicht:
Mit ihrer Kampagne wollen die Urologen für die HPV-Impfung werben.

Mit ihrer Kampagne wollen die Urologen für die HPV-Impfung werben.

© DOC RABE Media / stock.adobe.com

Ärzte Zeitung: Herr Dr. Schroeder, Berufsverband und Fachgesellschaft veranstalten derzeit eine Themenwoche „HPV-Impfung“. Was ist geplant?

Dr. Axel Schroeder: Auf unterschiedlichen Kanälen sollen alle die erreicht werden, die Entscheidungsträger für die Impfung von Kindern sind oder die Einfluss auf die Zielgruppe der Kinder und Jugendlichen haben. Dazu sind sinnvolle Informationen nötig.

Zu diesem Zweck wurde ein umfangreiches klassisches und multimediales Informationsangebot geschaffen. So können etwa Info-Flyer und aufmerksamkeitswirksame Poster kostenfrei von den Praxen über unsere Homepage bestellt werden, es gibt Videoclips, in denen täglich wechselnde Experten zu Wort kommen.

Ergänzend dazu erfolgt natürlich eine gezielte Präsenz in den sozialen Medien. Durch die Vernetzung mit anderen Verbänden und Interessenvertretungen erreichen wir eine hohe Verbreitung unserer Kampagne.

Kinder und Jugendliche vor oder in der Pubertät zählen nicht unbedingt zu der typischen Klientel von Urologen. Wie wollen Sie die Zielgruppe erreichen?

Schroeder: Das Medium der Wahl, um Jugendliche direkt zu erreichen, ist wohl unbestritten der Weg über die sozialen Netzwerke. Für die noch Jüngeren, sprich für die Kinder, geht die Ansprache und die Entscheidung über die Eltern. Meistens sind dies immer noch die Mütter.

Auch die sind in der Regel keine „Dauergäste“ bei uns Urologen, sie informieren sich aber zunehmend über das Internet und nehmen Zeitungs- oder Radio- und Fernsehberichte aufmerksam zur Kenntnis, wenn es um ihre Kinder geht. Da erhoffen wir uns natürlich auch eine Unterstützung von Seiten der Medien …

Welche Erfahrungen haben Sie bislang mit der Jungensprechstunde gemacht? Wie wird sie angenommen?

Schroeder: Diese sind noch sehr heterogen – ehrlicherweise muss man zugeben, dass die Urologen es im Bereich der Vorsorge für männliche Jugendliche noch nicht auf das „Level der Selbstverständlichkeit“ geschafft haben wie die Gynäkologen bei den Mädchen und jungen Frauen.

Aber wir arbeiten daran und bieten immer wieder entsprechende Fortbildungsmöglichkeiten für die Kolleginnen und Kollegen im ganzen Land an. Wurde die Jungensprechstunde erst einmal in einer Praxis implementiert, erhalten wir positive Rückmeldungen. Dies ist für uns das Signal, den eingeschlagenen Weg weiter zu gehen.

Eine wichtige Rolle spielen natürlich Eltern, eventuell sogar Großeltern. Nutzen Sie diese quasi auch als Entscheider?

Schroeder: Auf jeden Fall. Wie bereits gesagt sind vor allem die Mütter die zentralen Ansprechpartner, wenn es um die Kinder und jüngeren Jugendlichen geht.

Und gerade bei einem solch sensiblen Thema brauchen wir unbedingt die Unterstützung von Vertrauenspersonen aus dem unmittelbaren sozialen Umfeld der Jugendlichen, um erfolgreich für die Vorsorge im Allgemeinen und die HPV-Impfung im Speziellen zu werben.

Dr. Axel Schroeder

„Mütter sind die zentralen Ansprechpartner“

© Bertram Solcher / BVOU

Aktuelle Position: Präsident des Berufsverbandes Deutscher Urologen seit September 2010 sowie zweiter Vorsitzender des Spitzenverbandes der Fachärzte

Niedergelassen als Facharzt für Urologie (Andrologie und medikamentöse Tumortherapie) in Neumünster

Weiteres berufspolitisches Engagement: Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Urologie – DGU e.V., Vorsitzender der AG Fachärztliche Berufsverbände Schleswig-Holstein, Vorstandsmitglied der Ärztegenossenschaft Schleswig-Holstein

Die HPV-Impfquoten bei 15-jährigen Mädchen liegen im Bundesdurchschnitt bei 31 Prozent, an der Spitze Sachsen-Anhalt mit fast 57 Prozent, traurige Schlusslichter sind Bayern und Baden-Württemberg mit gut 22 Prozent (siehe Grafik unten). Das dürfte für einen Herdenschutz nicht ausreichend sein ...

Schroeder: Genau. Und dies ist der zentrale Grund, warum wir diesem Thema eine eigene Themenwoche widmen. Auf den Punkt gesagt: Endlich haben wir die Möglichkeit, Mädchen und Jungen gegen Krebs zu impfen. Kann es eine sinnvollere Immunisierung geben? Diese Botschaft muss jetzt breit in die Öffentlichkeit getragen werden.

Auch Haus- und Kinderärzte sowie Gynäkologen sind zur HPV-Impfung berechtigt. Kooperieren Sie mit deren Organisationen?

Schroeder: Die Urologen verstehen sich insgesamt als eine Facharztgruppe mit Impfkompetenz und sehen es als ihre Aufgabe, gegen die Impfmüdigkeit der Bevölkerung und bestimmter Zielgruppen vorzugehen.

In diesem Zusammenhang nutzen wir selbstverständlich auch die Synergieeffekte mit anderen Arztgruppen zum Beispiel über den Spitzenverband der Fachärzte oder den Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte, um fachgruppenübergreifend ein breites Bewusstsein in der Bevölkerung zu erreichen.

In Frage kommen natürlich auch andere Institutionen: etwa Krankenkassen, aber auch Schulen. Gehen Sie darauf aktiv zu?

Schroeder: Selbstverständlich müssen sämtliche Multiplikatoren genutzt werden, um das Gesamtziel zu erreichen. Leider haben sich die Krankenkassen beim Thema Impfen in der Vergangenheit sehr stark zurückhaltend gezeigt, insofern versprechen wir uns durch Kooperationen wie mit der Ärztlichen Gesellschaft für Gesundheitsförderung (ÄGGF), im Rahmen der Themenwoche Jugendliche gezielt auch in Schulen zu erreichen.

Information, Beratung und Aufklärung durch die Ärzte ist das eine – was wir zusätzlich benötigen, ist eine konzertierte Aktion, eine breite „Allianz pro Impfen“.

Hier sollten Vertreter aus allen relevanten Gruppen involviert sein: von den Berufsverbänden, dem Robert Koch-Institut, der Ständigen Impfkommission, aus der Politik, über den Gesetzgeber, bis hin zu den Krankenkassen. Impfschutz ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, für die wir uns einsetzen wollen. Das Impfen über Gesundheitsämter, Kindergärten und Schulen – bis hin zur Impfpflicht – muss wieder diskutiert werden.

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