Epidemiologische Untersuchung

Grippewellen sind der Tod für ein Plus an Lebenszeit

Der langjährige Trend zu mehr Lebenszeit wird in Deutschland durch Grippewellen unterbrochen. Mit Impfungen ließe sich wirksam gegensteuern.

Wolfgang GeisselVon Wolfgang Geissel Veröffentlicht:
Die schweren Grippewellen in den Jahren 2013,2015 und 2017 haben den Trend zu einer stetig steigenden Lebenserwartung offenbar merklich gebremst.

Die schweren Grippewellen in den Jahren 2013,2015 und 2017 haben den Trend zu einer stetig steigenden Lebenserwartung offenbar merklich gebremst.

© Sebastian Kaulitzki / iStock / T

BERLIN. Mehrere starke Grippewellen haben in diesem Jahrzehnt den Anstieg der Lebenserwartung in Deutschland deutlich gebremst. So ist in Jahren mit schweren Influenza-Epidemien bis zu jeder 40. Gestorbene Grippe-Komplikationen zum Opfer gefallen, berichten Forscher um Enno Nowossadeck von der Abteilung für Epidemiologie und Gesundheitsmonitoring des Robert Koch-Instituts (RKI) (J Health Monitoring 2019; 4: 41).

Nach einer Studie der RKI-Epidemiologen ist die Lebenserwartung in Deutschland in den 26 Jahren zwischen 1991 und 2016 kontinuierlich gestiegen, und zwar von 75,7 auf 81 Jahre (Frauen 2016: 83,5 und Männer 78,6 Jahre). Mit dieser Lebensspanne liegen wir allerdings nur im europäischen Mittelfeld hinter der Schweiz, Spanien, Italien, Frankreich und dem Vereinigten Königreich.

Zudem hat sich der Rückstand zum Spitzenreiter Schweiz in dieser Zeit von 2,3 auf 2,7 Jahre vergrößert. Das heißt, die Lebenserwartung ist bei uns langsamer gestiegen als in Nachbarländern. Langfristig haben dabei wahrscheinlich Faktoren wie medizinische Versorgung, Prävention und Gesundheitsförderung sowie Rehabilitation und Gesundheitsverhalten eine Rolle gespielt.

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Als kurzfristig wirksame Einflussfaktoren auf die Lebenserwartung fanden die Forscher aber die schweren Grippewellen in den ersten Monaten der Jahre 2013, 2015 und 2017. Diese haben den Trend zu mehr Lebenszeit bei uns deutlich verlangsamt. In den Grippe-Monaten war die Zahl der Todesfälle stark über das üblicherweise zu erwartende Maß angestiegen.

Die dabei ermittelte Exzess-Mortalität betrug 20.700 Todesfälle (2013), 21.300 (2015) und 22.900 Tote (2017). Insgesamt steht die Übersterblichkeit für 2,3 bis 2,5 Prozent aller Todesfälle in diesen Jahren. Diese Zahlen sind bei der besonders schweren Grippewelle im Frühjahr 2018 wahrscheinlich noch übertroffen worden.

Besonders häufig sind tödliche Grippe-Verläufe bei Senioren ab 60 Jahre. In dieser Altersgruppe traten im Winter 2017/18 fast 87 Prozent der gemeldeten laborbestätigten Influenza-Todesfälle auf. Gleichzeitig sind die Schutzraten in dieser Risikogruppe in den letzten Jahren zurückgegangen. So sank der Anteil der Senioren mit Influenza-Impfungen von über 50 Prozent im Jahr 2011 auf nur noch etwa 35 Prozent 2016.

Ein großer Teil der Todesfälle ließe sich durch Impfungen vermeiden. Das RKI appelliert daher an Ärzte, Risikogruppen vor der Grippesaison umfassend zu schützen.

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