Bei sehr starken Tumorschmerzen ist schnelle Aufdosierung nötig

Tumorschmerzen lassen sich nach den Erfahrungen von Experten bei den meisten Betroffenen ausreichend lindern. Bei starken Schmerzen wird dies häufig nur durch eine Kombination mehrerer Analgetika mit unterschiedlichen Wirkprinzipien einschließlich Ko-Analgetika wie Antidepressiva und Antikonvulsiva möglich. Bei Durchbruchschmerzen brauchen Patienten ein schnell wirksames, nicht-retardiertes Analgetikum.

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Die meisten Krebskranken haben aufgrund ihrer Tumorerkrankung chronische Schmerzen. Im fortgeschrittenen Stadium sind es etwa zwei Drittel, im Endstadium etwa 80 Prozent.

Um eine suffiziente Schmerzlinderung zu erreichen, hat sich das WHO-Stufenschema zur Orientierung bewährt. Zur Erinnerung: Bei leichten Schmerzen (Stufe 1) wird mit Nicht-Opioiden behandelt. Bei stärkeren Schmerzen (Stufe 2) erhalten die Patienten zusätzlich ein schwaches Retard-Opioid wie Tramadol (etwa Tramal® long) oder Tilidin (Valoron® N retard). Und bei sehr starken Schmerzen (Stufe 3) wird ein Nicht-Opioid mit einem hochpotenten retardierten Opioid - vorzugsweise oral oder transdermal - kombiniert.

Bessere Verträglichkeit durch langsame Opioid-Dosiserhöhung

Auf allen drei Stufen kann zudem mit Ko-Analgetika eine zusätzliche Linderung erreicht werden. Je nach Schmerzursache kommen hier etwa Antidepressiva, Antikonvulsiva, Kortikoide oder Bisphosphonate in Frage.

Bei der Opioidtherapie hat es sich bewährt, mit niedriger Initialdosis zu beginnen. Die Dosis wird dann nach einigen Tagen langsam auf die individuell erforderliche Dosis gesteigert. Bereits die Aufdosierungsphase sollte mit einem oralen Opioid in Retardgalenik erfolgen.

Vorteil dabei: Die Substanz flutet langsam an, und es baut sich ein gleichmäßiger Wirkspiegel auf. Beides trägt vor allem zu Beginn einer Opioidtherapie dazu bei, unerwünschte Begleiteffekte wie Übelkeit, Obstipation, Müdigkeit oder Benommenheit gering zu halten.

Diese Opioid-typischen Wirkungen sollten bei der Therapieplanung von vornherein berücksichtigt werden. So läßt sich Übelkeit mit Antiemetika wie Metoclopramid (etwa Paspertin®), Domperidon (Motilium®) oder Haloperidol in niedriger Dosierung (etwa Haldol®) effizient mildern. Laxantien sind häufig während der gesamten Opioidtherapie von Nöten, da die Obstipationsneigung meist nicht nachläßt.

Eine langsame Aufdosierung der Opioide ist allerdings Patienten, die sehr starke Schmerzen haben, nicht zuzumuten. Hier ist von Anfang an ein stark wirksames Opioid indiziert, etwa Morphin (etwa MST® Mundipharma), Oxycodon (Oxygesic®) oder Hydromorphon (Palladon® retard). Auch muß die Dosis schnell, das heißt innerhalb weniger Tage, erhöht werden, um die Schmerzen ausreichend zu lindern. Oxycodon gibt es seit einigen Monaten auch als niedrigdosierte 5-mg-Retardtablette, so daß die Dosis in kleinen Schritten erhöht werden kann.

Stabiles Schmerzniveau ist Voraussetzung für Opioid-Pflaster

Transdermale Opioide können nur bei Patienten mit stabilem Schmerzniveau angewandt werden. Sie sind besonders für Tumorpatienten mit Schluckstörungen oder gastrointestinalen Problemen eine Option. Bevorzugt werden sie auch von anderen Patienten, da sie nur in Abständen von mehreren Tagen gewechselt werden müssen.

Das seit kurzem erhältliche neue Buprenorphin-Matrixpflaster (Transtec® PRO) hat eine Wirkungsdauer von 96 Stunden. Dadurch wird es nur noch an zwei festen Wochentagen, etwa Montagmorgen und Donnerstagabend, erneuert. Das im vergangenen Jahr eingeführte Fentanyl-Matrixpflaster (Durogesic® SMAT) ist im Vergleich zu dem früher angebotenen Reservoirpflaster wesentlich dünner und bei gleicher Dosierung etwa um ein Drittel kleiner. Es muß alle 72 Stunden gewechselt werden.

Gegen Durchbruchschmerzen, also vorübergehende Schmerzspitzen, die etwa durch Bewegung, Defäkation oder Husten ausgelöst werden und die einige Minuten bis zu zwei Stunden anhalten können, sollten die Patienten ein schnell wirksames Opioid zur Verfügung haben. (mar)

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