Migräneschwindel kann vestibuläre Störungen imitieren

BERLIN (bib/run). Ein Migräneschwindel ist wahrscheinlich die häufigste Ursache für spontan rezidivierende Schwindelattacken - häufiger als ein Morbus Menière oder eine Neuronitis vestibularis. In Spezialambulanzen macht er fast zehn Prozent der Diagnosen bei Schwindel aus. Als Ursache wird unter anderem ein Vasospasmus der Labyrinth-Arterie diskutiert.

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Darauf hat Dr. Michael von Brevern von der Charité in Berlin hingewiesen (Schmerz 18, 2004, 411). Migräneschwindel kommt meist zwischen dem 20. und 50. Lebensjahr vor, bei Frauen drei- bis viermal häufiger als bei Männern. Die Schwindelattacken können vor, während oder nach den Kopfschmerzen auftreten - oft ohne im zeitlichen Zusammenhang mit den Schmerzen. Sie können Tage oder gar Wochen anhalten.

Möglich sind spontaner Drehschwindel, Gleichgewichtsstörungen, lageabhängiger Schwindel, oder illusionäre Bewegungsempfindung bei Kopfbewegungen. Von Brevern: "Der Migräneschwindel kann praktisch jede andere vestibuläre Störung imitieren."

Offizielle Diagnosekriterien gibt es zwar noch nicht. Die Arbeitsgruppe des Neurologen schlägt jedoch vor, daß bei einem Migräneschwindel eine Migräne gesichert sein muß und die Schwindelattacken zweimal zeitnah mit Migräne-Kopfschmerzen, Phonophobie, Photophobie, einem Flimmerskotom oder andere Auren auftreten sollen. Auch wenn bei den Schwindelattacken migränespezifische Auslöser vorlägen oder wenn bei mindestens 50 Prozent der Patienten eine Therapie mit Migräne-Medikamenten helfe, sei eine solche Diagnose wahrscheinlich.

"Schwindelattacken mit einer Dauer von mindestens einer Stunde können durch ein Antivertiginosum gelindert werden, etwa Dimenhydrinat", so von Brevern. "Alternativ kann ein Versuch mit Triptanen gemacht werden." Zehn bis 30 Prozent der Patienten hätten aber kürzere Schwindelattacken (fünf bis 60 Minuten), die der Dauer einer Migräne-Aura entsprechen. Migräne-Medikamente, die in solchen Attacken eingenommen würden, seien nicht rasch genug wirksam.

Bei Patienten mit sehr häufigem Schwindel kann wiederum eine prophylaktische medikamentöse Behandlung hilfreich sein. Die klinische Erfahrung zeige, daß Medikamente, die prophylaktisch bei Migräne wirksam sind, auch einem Migräneschwindel vorbeugen, etwa Betablocker, Kalziumantagonisten oder Valproat, so von Brevern. Die Wirksamkeit dieser Mittel bei Migräneschwindel sei jedoch nicht systematisch untersucht worden.

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