HINTERGRUND

Hochdosiert könnte Vitamin D vor Brust- und Kolon-Ca schützen

Philipp Grätzel von GrätzVon Philipp Grätzel von Grätz Veröffentlicht:

Schützt es, oder schützt es nicht? Trotz negativer Studiendaten bleibt die Krebsprävention durch Vitamin D weiter auf der Agenda. Zwei neue epidemiologische Untersuchungen geben der These Nahrung, dass beim Vitamin D die Dosis ausschlaggebend ist.

Als vor fast genau einem Jahr eine große US-Studie ergab, dass sich mit einer Vitamin-D-Behandlung das Risiko für Kolonkarzinome nicht senken lässt, war die Enttäuschung groß. In der Studie mit über 36 000 Frauen nach der Menopause, die entweder täglich 1000 mg Kalzium und 400 Internationale Einheiten (IU) Vitamin D3 oder Placebo einnahmen, gab es nach immerhin sieben Jahren in beiden Gruppen ähnlich viele Kolonkarzinome.

Meta-Analysen deuten auf Nutzen bei Krebsprävention

Eine Gruppe von Wissenschaftlern aus San Franzisko, New York und Boston in den USA hat jetzt zwei epidemiologische Meta-Analysen vorgelegt, die Grund geben könnten, sich der Sache noch einmal anzunehmen. In der einen Analyse untersuchten sie das Risiko für Brustkrebs, in der anderen das für Kolonkarzinome, und zwar jeweils in Abhängigkeit vom Vitamin-D3-Gehalt im Blut.

Sie fanden zwei Studien zu Brustkrebs und fünf zum Kolonkarzinom mit Daten zum Vitamin-D3-Serum-Spiegel. Die Teilnehmerzahlen waren allerdings gering: Sie lagen in beiden Meta-Analysen jeweils unter 2000. Der statistische Zusammenhang war jedoch sehr deutlich: Je höher der Vitamin-D3-Spiegel, umso geringer die Krebs-Inzidenz für beide Tumor-Arten.

Niedrige Brustkrebsrate bei hohem Vitamin-D-Serum-Wert

So war in den Brustkrebsstudien die Rate für ein Mamma-Ca bei jenen Frauen mit mehr als 52 ng/ml Vitamin D3 im Serum nur halb so hoch wie bei jenen mit weniger als 13 ng/ml. In den Kolon-Karzinom-Studien sah es ähnlich aus: Bei einer Serumkonzentration von 37 ng/ml war die Inzidenz halb so hoch wie bei weniger als 6 ng/ml (Am J Prev Med 32, 2007, 210).

Umgerechnet auf Tagesdosierungen Vitamin D3 wären das für die Brustkrebsstudie etwa 4000 IU, für die Kolon-Ca-Studie etwa 2000 IU pro Tag - also die fünf- bis zehnfache Dosis wie in der erwähnten kontrollierten US-Studie. Wer diese Größenordnung durch Sonnenlichtexposition erreichen möchte, müsste sich täglich etwa zwölf Minuten in die Sonne begeben.

Die Autoren machen bereits Hochrechnungen, wie viele Krebsfälle sich durch Vitamin D verhindern lassen und kommen für Brustkrebs auf über 100 000 pro Jahr allein in den USA. Zu beachten ist allerdings, dass in die Meta-Analysen keine einzige randomisiert-kontrollierte Studie eingeflossen ist.



STICHWORT

Vitamin D

90 Prozent des benötigten Vitamin D wird mit Hilfe von UV-Licht über die Haut gebildet. Daraus ergibt sich ein Dilemma: Zu viel UV-Licht kann bekanntlich Hautkrebs auslösen, zu wenig kann einen Vitamin-D-Mangel bewirken und dadurch möglicherweise das Risiko für andere Krebsarten erhöhen. Darauf deuten nicht nur epidemiologische Studien: Der aktive Vitamin-D-Metabolit 1,25-Dihydroxy-Vitamin D bindet spezifisch an bestimmte Zellkern-Rezeptoren und kann dadurch sowohl die Zellteilung hemmen, als auch die Zelldifferenzierung fördern. Über diesen Mechanismus, so vermuten Forscher, könnte Vitamin D die Bildung von Krebszellen verhindern. Diesen proliferationshemmenden Effekt macht man sich auch in der Psoriasis-Therapie zunutze.

Vitamin D kann aber offenbar auch das Immunsystem stimulieren: Aktiviertes Vitamin D lockt T-Lymphozyten an, die freie Radikale eliminieren. Auch über diesen Mechanismus könnte das Vitamin, vor allem in der Haut, Schäden verhindern, die eine Entstehung von Krebszellen begünstigen. (mut)

Mehr zum Thema

Kognitive Funktionen bei Gewichtsabnahme

Adipositas: Gewichtsverlust könnte das Gehirn verjüngen

Das könnte Sie auch interessieren
Wie Zink das Immunsystem stärken kann

© Tondone | AdobeStock

Risikogruppen schützen

Wie Zink das Immunsystem stärken kann

Anzeige | Wörwag Pharma GmbH & CO KG
Vitamin-B12-Mangel frühzeitig behandeln!

© Aleksandr | colourbox.de

Fatal verkannt

Vitamin-B12-Mangel frühzeitig behandeln!

Anzeige | WÖRWAG Pharma GmbH & Co. KG
Aktuelle Empfehlungen für die Praxis

© polkadot - stock.adobe.com

Vitamin-B12-Mangel

Aktuelle Empfehlungen für die Praxis

Anzeige | WÖRWAG Pharma GmbH & Co. KG
B12-Mangel durch PPI & Metformin

© Pixel-Shot - stock.adobe.com

Achtung Vitamin-Falle

B12-Mangel durch PPI & Metformin

Anzeige | WÖRWAG Pharma GmbH & Co. KG
Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Abb. 1: FIB-4 1,3: numerische 26%ige Risikoreduktion der 3-Punkt-MACE durch Semaglutid 2,4mg

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [17]

Kardiovaskuläre, renale und hepatische Komorbiditäten

Therapie der Adipositas – mehr als Gewichtsabnahme

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Novo Nordisk Pharma GmbH, Mainz
SCD-PROTECT-Studie-- Frühe Phase nach Diagnose einer Herzinsuffizienz – deutlich höheres Risiko für den plötzlichen Herztod als in der chronischen Phase.

© Zoll CMS

SCD-Schutz in früher HF-Phase

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: ZOLL CMS GmbH, Köln
Abb. 2: Schneller Wirkeintritt von Naldemedin im Vergleich zu Placebo in den Studien COMPOSE-1 und COMPOSE-2

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [15]

Opioidinduzierte Obstipation

Selektive Hemmung von Darm-Opioidrezeptoren mit PAMORA

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Viatris-Gruppe Deutschland (Mylan Germany GmbH), Bad Homburg v. d. Höhe
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Interview

Wie Ärzte in Stresssituationen richtig reagieren können

Verschmutzte Luft

Was Reinigungsmittel in der Lunge anrichten können

Krebs in Deutschland

Bei zwei Krebsarten nahm die Sterblichkeit am stärksten ab

Lesetipps
Serotoninkristalle, die ein Muster ergeben.

© Michael W. Davidson / Science Photo Library

Für wen passt was?

Therapie mit Antidepressiva: Auf die Nebenwirkungen kommt es an

Eine junge Frau fasst sich an ihren schmerzenden Ellenbogen.

© Rabizo Anatolii / stock.adobe.com

Laterale Ellbogenschmerzen

Diese sechs Kriterien sprechen gegen einen „Tennisarm“