NRW

Personallücke in der Pflege wird größer

Gesundheits- und Pflegepolitik im Teufelskreis: Neue Gesetze lassen den Personalbedarf in den Gesundheitsberufen steigen. In Nordrhein-Westfalen wuchs das Defizit in der Pflege auf 10.000 Vollzeitkräfte.

Ilse SchlingensiepenVon Ilse Schlingensiepen Veröffentlicht:
Pflegeausbildung mit Puppe: Mit Ausnahme der Altenpflege stagnieren die Ausbildungszahlen, heißt es im Bericht für die Landesregierung in NRW.

Pflegeausbildung mit Puppe: Mit Ausnahme der Altenpflege stagnieren die Ausbildungszahlen, heißt es im Bericht für die Landesregierung in NRW.

© Jens Büttner / dpa

KÖLN. In Nordrhein-Westfalen (NRW) fehlten 2018 rund 10.000 Vollzeitkräfte in der Pflege (siehe nachfolgende Tabelle).

Defizite bestehen laut der "Landesberichterstattung Gesundheitsberufe Nordrhein-Westfalen 2017" in der Altenpflege, der Gesundheits- und Krankenpflege sowie der Gesundheits- und Kinderkrankenpflege und in allen Versorgungssektoren. Der wirkliche Personalbedarf liegt noch deutlich über 10.000.

In dem Bericht heißt es: "Ausgehend von den Teilzeitquoten in den Krankenhäusern, die bei rund 50 Prozent liegen und in den teil-/vollstationären Einrichtungen und ambulanten Diensten (mit Teilzeitquoten von 60 bis sogar 70 Prozent) kann von einer Schätzung von mindestens 14.000 Personen ausgegangen werden, um alle Stellen in den Einrichtungen besetzen zu können."

Die Übersicht ist im Auftrag des Landesgesundheitsministeriums vom Deutschen Institut für angewandte Pflegeforschung in Köln erstellt worden.

An dieser Stelle finden Sie Inhalte aus Datawrapper Um mit Inhalten aus Datawrapper zu interagieren oder diese darzustellen, brauchen wir Ihre Zustimmung. Ich bin damit einverstanden, dass mir Inhalte aus Sozialen Netzwerken und von anderen Anbietern angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät notwendig. Weitere Information dazu finden Sie hier.

Neue Gesetze treiben Nachfrage

In dem vorherigen Bericht, der im März 2016 erschienen ist, hatte die Lücke bei den Pflege-Vollzeitkräften noch 2300 betragen. Als einen Grund für die deutliche Steigerung sieht Landesgesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) die Ausweitung des Versorgungsangebots der Pflegeeinrichtungen.

"Wichtige Gesetzesvorhaben wie das Pflegepersonalstärkungsgesetz verursachen notwendigerweise eine weitere Nachfrage nach pflegerischen Fachkräften", schreibt er im Vorwort zum Bericht.

Hinzu kommt die Ausbildungssituation in der Pflege, die ihm große Sorgen macht. Mit Ausnahme der Altenpflege stagnieren die Ausbildungszahlen, was nicht an einem Mangel an Bewerbern liegt.

In Physiotherapie, Ergotherapie und Logopädie sieht es nicht besser aus. Um für einen neuen Schub zu sorgen, habe NRW zum 1. September die Schulgeldfreiheit in diesem Bereich eingeführt, betont Laumann.

Eine besondere Herausforderung bei den Gesundheitsberufen ist für Laumann das große Ausmaß der Teilzeittätigkeit. Sie ermögliche zwar eine gute Vereinbarkeit von Familie und Beruf, erfolgte aber nicht immer freiwillig. Oftmals seien belastende Arbeitsbedingungen die Ursache für die Entscheidung.

In über 40 Prozent der ambulanten Dienste müssen Klientenanfragen abgelehnt werden.

Aus dem Bericht des Deutschen Instituts für angewandte Pflegeforschung

"Für die Einrichtungen im Gesundheitswesen wird es in den kommenden Jahren wesentlich darauf ankommen, Bedingungen zu schaffen, unter denen mehr Mitarbeitende in Vollzeit arbeiten wollen", führt der Minister aus. Andere Bundesländer hätten unter gleichen Rahmenbedingungen bessere Zahlen.

Nur rund die Hälfte der ambulanten Dienste und der Kliniken gehen laut dem Bericht in NRW davon aus, dass die Personalausstattung in der Pflege dem tatsächlichen Bedarf entspricht. Bei den teil- und vollstationären Pflegeeinrichtungen beträgt der Anteil 69 Prozent.

Im Vergleich zur vorherigen Erhebung hat sich in allen Sektoren die Situation zugespitzt. Eine Auswirkung: "In über 40 Prozent der ambulanten Dienste müssen Klientenanfragen abgelehnt werden", berichten die Forscher.

Jede zweite Stelle unbesetzt

70 Prozent der Krankenhäuser beschäftigen nach eigenen Angaben genügend Physiotherapeuten, bei den Ergotherapeuten sind es 63,8 Prozent und bei den Logopäden 62,5 Prozent.

"Deutlich ungünstiger schätzen die Krankenhäuser ihre Ausstattung im Hebammenwesen ein", heißt es in dem Bericht. Hier sind es gerade mal 42,8 Prozent.

63 Prozent der Physiotherapie-Praxen können aufgrund des Fachkräftemangels und einer hohen Auslastung Patienten keinen zeitnahen Behandlungstermin innerhalb von vier Wochen anbieten. Noch etwas höhere Quoten gibt es in der Ergotherapie und der Logopädie.

Die Wissenschaftler sehen viele Hinweise für einen deutlichen Fachkräftemangel in den Therapieberufen. "Das potenzielle Wachstum in den Praxen wird durch diesen Personalmangel gehemmt, und bezogen auf die Patientenversorgung müssen längerfristige Behandlungszeiten in Kauf genommen werden."

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema
Das könnte Sie auch interessieren
Innovationsforum für privatärztliche Medizin

© Tag der privatmedizin

Tag der Privatmedizin 2025

Innovationsforum für privatärztliche Medizin

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer und Vizepräsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, hofft, dass das BMG mit der Prüfung des Kompromisses zur GOÄneu im Herbst durch ist (Archivbild).

© picture alliance / Jörg Carstensen | Joerg Carstensen

Novelle der Gebührenordnung für Ärzte

BÄK-Präsident Reinhardt: Die GOÄneu könnte 2027 kommen

Der Gesundheitsdialog

© Janssen-Cilag GmbH

J&J Open House

Der Gesundheitsdialog

Kooperation | In Kooperation mit: Johnson & Johnson Innovative Medicine (Janssen-Cilag GmbH)
Impulse für den medizinischen Fortschritt: Welches Mindset braucht Deutschland?

© Springer Medizin

Johnson & Johnson Open House-Veranstaltung am 26. Juni 2025 beim Hauptstadtkongress

Impulse für den medizinischen Fortschritt: Welches Mindset braucht Deutschland?

Kooperation | In Kooperation mit: Johnson & Johnson Innovative Medicine (Janssen-Cilag GmbH)
J&J Open House beim Hauptstadtkongress

© [M] Springer Medizin Verlag

Video zur Veranstaltung

J&J Open House beim Hauptstadtkongress

Kooperation | In Kooperation mit: Johnson & Johnson Innovative Medicine (Janssen-Cilag GmbH)
Kommentare
Sonderberichte zum Thema

Ist das AMNOG bereit für HIV-Innovationen?

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Gilead Sciences GmbH, Martinsried
Mehr als ein oberflächlicher Eingriff: Die Krankenhausreform verändert auch an der Schnittstelle ambulant-stationär eine ganze Menge.

© Tobilander / stock.adobe.com

Folgen der Krankenhausreform für niedergelassene Ärztinnen und Ärzte

Die Klinikreform bringt Bewegung an der Schnittstelle zwischen Praxen und Krankenhäusern

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: der Deutschen Apotheker- und Ärztbank (apoBank)
Manchmal kommt Künstliche Intelligenz ziemlich abstrakt daher. Doch es gibt zunehmend auch konkrete Anwendungen, sogar für Arztpraxen.

© 3dkombinat - stock.adobe.com

Praxisorganisation

Mit KI zu mehr Entlastung fürs Praxisteam

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Doctolib GmbH
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Wenn „Gender“ und „Sex“ nicht übereinstimmen

Geschlechtsinkongruenz bei Kindern: Tipps zum Umgang mit trans*

Lesetipps
Checkliste Symbolbild

© Dilok / stock.adobe.com

Auswertung über Onlinetool

Vorhaltepauschale: So viele Kriterien erfüllen Praxen laut Honorarvorschau