Bundestag ringt um Gesetz zu Verfügungen

In der langjährigen Diskussion um ein Patientenverfügungsgesetz liegen jetzt drei Entwürfe jeweils fraktionsübergreifender Abgeordnetengruppen vor.

Martin WortmannVon Martin Wortmann Veröffentlicht:
Standard-Patientenverfügung: Drei Parlamentariergruppen wollen Verbindlichkeit und Reichweite der Verfügungen jetzt gesetzlich regeln.

Standard-Patientenverfügung: Drei Parlamentariergruppen wollen Verbindlichkeit und Reichweite der Verfügungen jetzt gesetzlich regeln.

© Foto: dpa

Kürzlich haben der Vize-Vorsitzende der Unionsfraktion, Wolfgang Zöller (CSU), und der stellvertretende Vorsitzende des Gesundheitsausschusses, Hans Georg Faust (CDU), einen Entwurf zu Patientenverfügungen vorgestellt, der eine Mittelposition im Vergleich zu den beiden vorliegenden Entwürfen einnimmt.

Es sind dies der Entwurf einer Gruppe um den Vorsitzenden der SPD-Arbeitsgruppe Recht, Joachim Stünker, sowie einer weiteren Gruppe um den Vize-Vorsitzenden der Berliner Unionsfraktion, Wolfgang Bosbach (CDU), und den SPD-Abgeordneten René Röspel.

Die "Ärzte Zeitung" erläutert Gemeinsamkeiten und Unterschiede:

Ziele und Widerruf: Auch bei medizinischen Behandlungen gilt das Selbstbestimmungsrecht. Patienten müssen daher für jeden Eingriff ihre Einwilligung geben, auch wenn er lebenserhaltend ist. Menschen, die schwer krank oder gar bewusstlos sind, ist dies häufig nicht mehr möglich. Eine schriftliche Patientenverfügung soll dem Selbstbestimmungsrecht auch dann Geltung verschaffen. Patienten können dort erklären, wie sie behandelt werden wollen und ob und gegebenenfalls wann eine Behandlung abgebrochen werden soll. Eine solche Erklärung ist nach allen Entwürfen jederzeit widerrufbar.

Aktive Sterbehilfe: Patientenverfügungen, die bei bestimmten Krankheiten eine aktive Sterbehilfe verlangen, sind nach allen drei Entwürfen unwirksam. Aktive Sterbehilfe ist strafbar.

Tödliche Krankheiten: Bei Krankheiten, die unumkehrbar tödlich verlaufen, soll eine Patientenverfügung nach allen drei Entwürfen immer gelten. Nach Bosbach/Röspel sollen lebenserhaltende Maßnahmen allerdings nur beendet werden können, wenn das Vormundschaftsgericht zugestimmt hat. Die Gruppen Stünker und Zöller/Faust halten dies nur für notwendig, wenn sich Arzt und Betreuer über den Patientenwillen nicht einig sind.

Nicht tödliche Krankheiten: Nach den Entwürfen Stünker und Zöller/Faust sind Patientenverfügungen auch hier immer zu beachten. Im deutlichen Gegensatz dazu stellt der Entwurf Bosbach/Röspel mehrere Formerfordernisse auf: Bei heilbaren Krankheiten soll ein Abbruch der Beatmung oder Ernährung nur auf der Grundlage einer "qualifizierten Patientenverfügung" angeordnet werden können, die notariell beurkundet und nicht älter als fünf Jahre ist, und für die der Patient vorher umfassend beraten wurde. Dies ist mit Kosten verbunden. Die anderen beiden Gruppen lehnen solche Anforderungen als "Formalisierung des Sterbens" ab.

Wachkoma und schwere Demenz: Die Mehrheit der Bosbach/Röspel-Gruppe lässt auch hier eine "einfache Patientenverfügung" gelten. Einige Abgeordnete um Katrin GöringEckardt (Grüne) wollen mit einem Änderungsantrag erreichen, dass auch bei dauerhaftem Bewusstseinsverlust nur eine "qualifizierte Patientenverfügung" verbindlich ist.

Mutmaßlicher Wille: Auch eine ausführliche Patientenverfügung kann nicht alle Krankheiten und Krankheitsverläufe vorab erfassen. Sie kann dann aber helfen, den "mutmaßlichen Willen" zu bestimmen. Nach den Entwürfen Stünker und Zöller/Faust kommt dem mutmaßlichen Willen die gleiche Bedeutung zu, wie dem ausdrücklich erklärten Willen. Dagegen will die Gruppe Bosbach/Röspel den Abbruch lebenserhaltender Maßnahmen aufgrund des mutmaßlichen Willens nur bei unumkehrbar tödlichen Krankheiten zulassen, was die Anwendbarkeit der Patientenverfügungen beschränkt.

Prüfung des Willens: Hier liegt der wichtigste Unterschied zwischen den Gruppen Stünker und Zöller/Faust. Nach dem Stünker-Entwurf soll die Patientenverfügung unmittelbar gelten, wenn der rechtliche Vertreter des Patienten sie für eindeutig hält. Zöller/Faust sehen hierin einen "Automatismus", der die Patienten nicht ausreichend schützt. Nach ihrem Entwurf soll der Betreuer daher immer gemeinsam mit dem Arzt beraten, wie die Patientenverfügung zu verstehen ist.

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Endlich Klarheit für das Lebensende

Lesen Sie dazu auch: Bundestag berät Anträge zu Verfügungen Können Ärzte den Tod gerichtsfest vorhersagen?

Links und weitere Informationen zu den Gesetzentwürfen:

  • Entwurf Stünker: www.stuenker.de, Stichwortsuche "Patientenverfügung Gesetzentwurf";
  • Entwurf Bosbach/Röspel: www.wobo.de mit Links zum überarbeiteten Gesetzentwurf und zu einer Presseerklärung;
  • Entwurf Zöller/Faust: www.wolfgang-zoeller.de, Menupunkt "Aktuelle Informationen"
Mehr zum Thema

Interview

Diakonie-Präsident Schuch: Ohne Pflege zu Hause kollabiert das System

Exklusiv Bundestag bleibt dran

Suizidassistenz: Abgeordnete bereiten zwei Gesetzentwürfe vor

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Ambulantisierung

90 zusätzliche OPS-Codes für Hybrid-DRG vereinbart

Lesetipps
Der Patient wird auf eine C287Y-Mutation im HFE-Gen untersucht. Das Ergebnis, eine homozygote Mutation, bestätigt die Verdachtsdiagnose: Der Patient leidet an einer Hämochromatose.

© hh5800 / Getty Images / iStock

Häufige Erbkrankheit übersehen

Bei dieser „rheumatoiden Arthritis“ mussten DMARD versagen