Börsencrash in China

Die Krise, die eigentlich keine ist

Die Abwertung des Yuan durch Chinas Notenbank sorgt für Panikmeldungen. Tatsächlich profitieren deutsche Konzerne jedoch von der Entscheidung.

Von Richard Haimann Veröffentlicht:
Gedrückte Stimmung an Chinas Börsen – doch Profiinvestoren hierzulande sind optimistisch.

Gedrückte Stimmung an Chinas Börsen – doch Profiinvestoren hierzulande sind optimistisch.

© Shan He / Imaginechina / dpa

NEU-ISENBURG. Nicht jede vermeintliche Krise an den Finanzmärkten ist tatsächlich eine Gefahr für Anleger. Dies zeigt die Aufregung um die jüngste Abwertung der chinesischen Währung.

Die Formulierung ist inflationär geworden: 97.400 Treffer listet die Suchmaschine Google in ihrer Rubrik News für das Stichwort "China-Krise". Seit die Nationalbank in Peking die Landeswährung Renminbi, auch als Yuan bezeichnet, um mehr als vier Prozent abgewertet hat, überschlagen sich Finanzmedien mit Warnungen vor bevorstehenden Katastrophen.

Von "einer Erschütterung der Weltwirtschaft" und vom "Anfang einer längeren Baisseperiode" - einer jahrelangen Phase sinkender Aktienkurse - künden Schlagzeilen. Deutschen Export-Unternehmen drohten dadurch herbe Einbußen im Chinageschäft, heißt es.

Börsenprofis hingegen sahen die Sache weit weniger dramatisch. Der Dax verlor in den Tagen nach der Yuan-Abwertung gerade einmal 5,8 Prozent, um anschließend wieder Kursgewinne zu verbuchen. Ende Juni hatte der deutsche Leitindex wegen der Sorge um einen Euroaustritt Griechenlands hingegen binnen Tagen fast acht Prozent verloren.

Auch in den USA, in Großbritannien, Frankreich und Japan gaben die Aktienkurse wegen der vermeintlichen Krise im einstigen Reich der Mitte diesmal weit weniger nach als auf Höhepunkt des Tauziehens zwischen Athen, Berlin und Brüssel.

Gute Gründe für die Abwertung

Der wichtigste Leitindex in New York, der S&P 500, verlor nach der Entscheidung der Nationalbank in Peking gar nur 0,9 Prozent - und machte dies anschließend wieder wett.

Es gibt einen guten Grund, weshalb Profiinvestoren so unaufgeregt auf die Entscheidung von Chinas Notenbank reagierten. Sie hat in der Vergangenheit regelmäßig den Yuan abgewertet. "Der Renminbi ist deshalb eine der unterbewertetsten Währungen der Welt", sagt Gottfried Urban, Vorstand des Altöttinger Vermögensverwalters Bayerischen Vermögen.

Für die jüngste Abwertung gab es aus Pekinger Sicht einen guten Grund: Der Yuan war zuletzt an den US-Dollar gekoppelt. Die amerikanische Währung stieg jedoch immer mehr gegen den Euro, nachdem die Europäische Zentralbank (EZB) begonnen hatte, massiv Staatsanleihen zu kaufen, um die Wirtschaft in der Eurozone anzukurbeln.

Faktisch hatte die EZB damit den Euro gegenüber anderen Währungen abgewertet. "Davon profitieren Europas Unternehmen", sagt Markus Hampel, Deutschlandchef der französischen Investmentgesellschaft Metropole Gestion. Ihre Produkte werden in anderen Währungsräumen billiger.

Spiegelbildlich wurden dadurch jedoch chinesische Waren in der Eurozone teurer. Was in den Meldungen zur vermeintlichen Krise verschwiegen wurde: Gegenüber dem Euro wurde "der Yuan in den vergangenen 15 Monaten um 17 Prozent aufgewertet", schreibt Henrik Voigt, Chefanalyst des Börsendienstes Dax-Profits.

Das blieb nicht ohne Folgen für Chinas Wirtschaft: Im Juli sank der Export vor allem wegen der schwachen Nachfrage aus Europa um 8,3 Prozent gegenüber dem Vormonat auf umgerechnet nur noch 177,8 Milliarden Euro. Gleichzeitig schwächte sich das Wachstum der Industrieproduktion von 6,8 Prozent im Juni auf sechs Prozent im Folgemonat ab.

Zieht Chinas Konjunktur wieder an?

Für deutsche Unternehmen, die nach China exportieren, sei die Yuan-Abwertung deshalb eine gute Nachricht, meint Voigt. "Alles, was der chinesischen Konjunktur auf die Beine hilft, ist letztlich auch gut für die europäische Wirtschaft."

Dass die Konjunktur im Fernoststaat wieder anziehen wird, steht für Henkel-Vorstandschef Kaspar Rorsted außer Frage: "China bleibt der Motor der Weltwirtschaft."

Neben dem Konsumgüterkonzern sind unter den Dax-Größen noch Adidas, BMW, Continental, Daimler und VW besonders stark in China engagiert.

William Nygren, Stratege bei der britischen Investmentgesellschaft Natixis, rät Anlegern, die langfristig auch an der Entwicklung Chinas vom Schwellenland zur Industrienation partizipieren wollen, Aktien solcher "global tätigen Unternehmen" zu erwerben, da ihr Geschäft nicht allein von China abhängt.

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