Zentrum statt Einzelpraxis

Auch in Schleswig-Holstein herrscht auf dem platten Land bald Mangel an Ärzten. Jetzt will die Ärztegenossenschaft Nord die Herausforderung mit einer neuen Idee angehen: Hausärzte sollen unter ein Dach.

Dirk SchnackVon Dirk Schnack Veröffentlicht:
Skizze: Aller Anfang eines Ärztehauses?

Skizze: Aller Anfang eines Ärztehauses?

© NLshop / fotolia.com

SATRUP. Viele Hausärzte unter einem Dach, die alle Synergieeffekte nutzen - und attraktiv sind für Nachfolger: Dieses Modell könnte im Norden Schleswig-Holsteins bald Wirklichkeit werden.

Die Ärztegenossenschaft Nord will das Modell begleiten und kann sich bei Interesse der Hausärzte weitere Zentren auf dem Land vorstellen.

Heute sind es noch rund 20 Allgemeinärzte, die in und um Satrup im Kreis Schleswig-Flensburg praktizieren. Ohne Nachfolger aber werden es in sechs Jahren nur noch elf sein und 2025 sieben - keine schöne Perspektive für die jüngeren Kollegen in der Region Angeln.

Denn dann wird ein Patientenandrang in den verbliebenen Praxen herrschen, der von ihnen nicht mehr zu bewältigen ist. Ob es Nachfolger für die ausscheidenden Kollegen geben wird, ist fraglich.

Noch arbeiten die Ärzte der Region in verstreuten Einzel- oder kleinen Gemeinschaftspraxen. Diese Arbeitswelt entspricht aber nicht den Vorstellungen der jungen Ärztegeneration, wie Andreas Rinck von der Ärztegenossenschaft Nord den Ärzten in einer Informationsveranstaltung anhand von Umfragen belegte.

Weil auch die Gemeinden das Problem umtreibt, hatte Satrups Bürgermeister Manfred Madsen die Ärzte an einen Tisch geholt und die Ärztegenossenschaft um Lösungsvorschläge gebeten.

Rinck, der als Anästhesist in einer großen Kieler Ärztegemeinschaft gute Erfahrungen mit Zentren gesammelt hat, kann sich das Arbeiten unter einem Dach auch für Hausärzte vorstellen - wenn das Zentrum auf deren Bedürfnisse zugeschnitten ist.

Vom Schulbus zum Patientenbus

Madsen und Rinck sind überzeugt, dass das gemeinsame Praktizieren im Zentrum mit der freien Wahl zwischen Niederlassung und Anstellung für junge Ärzte attraktiv ist - auch auf dem Land. Satrup wäre ein Ort, der sich für ein Ärztezentrum eignen könnte.

Die 3500 Einwohner zählende Gemeinde verfügt über eine ungewöhnlich gute Infrastruktur mit einem großen Gymnasium (1000 Schüler) und mit vielen Kindergärten.

In das Unterzentrum werden viele Kinder per Bus aus den umliegenden Gemeinden transportiert - warum also sollten nicht auch Patienten in ein Hausärztezentrum kommen? Rinck sieht dafür am Standort ideale Möglichkeiten.

Weil die Schulbusse zwischen Schulbeginn und -ende leer stehen, kann er sich sogar eine ergänzende Nutzung als Patiententransporter vorstellen. So weit ist es aber noch nicht.

Zuvor muss sich eine Handvoll Hausärzte entscheiden, dass sie das Arbeiten im Zentrum bevorzugen. Die Gemeinde würde dann ein Grundstück zur kostenfreien Nutzung für ein Gesundheitszentrum zur Verfügung stellen.

Viel Raum für alle Leistungserbringer

Die Genossenschaft bietet an, sich um die Finanzierung des Hauses zu kümmern und die Praxen an die interessierten Ärzte zu vermieten. Das Geld für die Immobilie soll von Ärzten kommen, die dafür eine marktübliche Verzinsung erhalten.

Auch Managementaufgaben könnten von der Genossenschaft eingekauft werden. Das Gebäude würde von Beginn so geplant werden, dass laufende Erweiterungen möglich sind.

Denn Rinck erwartet, dass sich zunächst überwiegend jüngere Ärzte für einen Umzug in das Zentrum entscheiden. Nachfolger von Ärzten, die vorerst weiter in Einzelpraxen praktizieren, könnten sich dann später dem Zentrum anschließen.

Rinck erwartet auch, dass Therapeuten, Apotheker und andere Gesundheitsberufler Interesse an einer Tätigkeit im Zentrum haben.

Fest steht für ihn, dass die Region mit einer gemeinsamen Lösung bessere Chancen auf Ärzte-Nachwuchs hat: "Natürlich kann sich jede Gemeinde allein auf den Weg machen. Aber Insellösungen helfen nur lokal weiter."

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Sensibilisiert für den Ärztemangel

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