Masernwette

Impfgegner behält vor Gericht das letzte Wort

Es war ein kurioser Wettbewerb. Im Streit um ein Preisgeld für den wissenschaftlichen Nachweis, dass Masernviren existieren, hat nun der klagende Arzt den Kürzeren gezogen.

Martin WortmannVon Martin Wortmann Veröffentlicht:
Schematische Darstellung von Masernviren? Mancher Impfgegner wird daran sicher zweifeln.

Schematische Darstellung von Masernviren? Mancher Impfgegner wird daran sicher zweifeln.

© Schreiter / Springer Verlag

KARLSRUHE. Aus der Wette um die Existenz von Masernviren hält sich der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe vollständig heraus. Aus formalen Gründen wird die ausgelobte Belohnung von 100.000 Euro aber nicht fällig. Mit einem inzwischen auch schriftlich veröffentlichten Beschluss bestätigte der BGH ein entsprechendes Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Stuttgart. Dem Streit fehle die grundsätzliche Bedeutung.

Auf der Internetseite seines Verlags in Langenargen am Bodensee behauptete der Biologe und Impfgegner Stefan Lanka 2011, "dass es das Masern-Virus nicht gibt und bei Kenntnis der Biologie und der Medizin auch nicht geben kann". Um die gegenteilige wissenschaftliche Mehrheitsmeinung herauszufordern, lobte er 100.000 Euro aus. "Das Preisgeld wird ausgezahlt, wenn eine wissenschaftliche Publikation vorgelegt wird, in der die Existenz des Masern-Virus nicht nur behauptet, sondern auch bewiesen und darin unter anderem dessen Durchmesser bestimmt ist."

Wende kam in der zweiten Instanz

David Bardens, damals Medizinstudent in Homburg, heute Allgemeinarzt in Schweden, kam der Aufforderung nach. Er schickte Lanka sechs wissenschaftliche Aufsätze aus Fachzeitschriften, die die Existenz der Masernviren belegen – und seine Kontonummer. Doch die Überweisung blieb aus.

Die eingereichten Aufsätze genügten nicht den wissenschaftlichen Anforderungen und die dort enthaltenen Fotos zeigten andere Viren, argumentierte Lanka. Zudem habe er einen Beleg durch das Robert-Koch-Institut verlangt. Bardens klagte 2014 und bekam 2015 vor dem Landgericht Ravensburg zunächst recht. Mit den zugesandten Aufsätzen habe er Existenz und Durchmesser der Masernviren belegt. In zweiter Instanz kam es jedoch zu einer überraschenden Wende. Denn das OLG Stuttgart legte Paragraf 657 BGB ("Bindendes Versprechen") im Februar 2016 zugunsten des auslobenden Impfgegners aus (wir berichteten).

Auch wenn der Ausschreibung nicht klar zu entnehmen sei, dass eine Publikation des Robert-Koch-Instituts verlangt wird, habe Bardens die Bedingungen nicht erfüllt. Denn der als Gutachter beauftragte Mikrobiologe sei zu dem Ergebnis gekommen, dass keine der von Bardens eingerechten Publikationen für sich alleine genommen Existenz und Durchmesser des Masernvirus belegen, sondern nur in ihrer Gesamtschau.

Fall ohne grundsätzliche Bedeutung

Die Revision ließ das OLG nicht zu. Bardens hatte hiergegen Beschwerde beim BGH eingelegt. Der wies die Beschwerde nun aber ab, "weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat". Eine Begründung enthält der Beschluss nicht. Damit bewerten die Richter nicht einmal die formale Argumentation des OLG Stuttgart. Erst recht beziehen sie keine Position zur Frage nach Existenz und Durchmesser des Masernvirus.

Bundesgerichtshof Az.: I ZR 62/16

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Landesarbeitsgericht Düsseldorf

Lohnfortzahlung dank ärztlicher Berufserfahrung

Das könnte Sie auch interessieren
Alarmierender Anstieg: Hautpilz aus dem Barbershop

© David Pereiras | iStock (Symboldbild mit Fotomodell)

Dermatomykosen

Alarmierender Anstieg: Hautpilz aus dem Barbershop

Anzeige | Bayer Vital GmbH
Effektive Therapie von Nagelpilz: Canesten® EXTRA Nagelset

© Irina Tiumentseva | iStock

Onychomykosen

Effektive Therapie von Nagelpilz: Canesten® EXTRA Nagelset

Anzeige | Bayer Vital GmbH
Die Chancen der Vitamin-C-Hochdosis-Therapie nutzen

© Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH

Vitamin-C-Therapie

Die Chancen der Vitamin-C-Hochdosis-Therapie nutzen

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Medizinischer Infusions-Tropf mit buntem Hintergrund

© Trsakaoe / stock.adobe.com

Hochdosis-Therapie

Vitamin C bei Infektionen und Long-COVID

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Maximale Vitamin-C-Blutspiegel nach oraler (blau) und parenteraler (orange) Tagesdosis-Gabe.

© Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH

Vitamin-C-Infusion

Parenterale Gabe erzielt hohe Plasmakonzentrationen an Vitamin C

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Kommentare
Wolfgang P. Bayerl 20.02.201717:49 Uhr

aber "Ärzteblatt" wie kann mann nur ...

Lanka ist nicht Unkenntnis, sondern vorsätzliche FÄLSCHUNG, modern fake news,
unterstützt durch ein skandalöses Gerichtsurteil.
Hier lesen nicht nur Ärzte, wie kann man das nur publizieren???
Da genügt schon Wikipedia
https://de.wikipedia.org/wiki/Masernvirus#/media/File:Measles_virus.JPG
eine Diskussion darüber lohnt nicht!

Stefan Lanka 19.02.201722:10 Uhr

Die Tatsachen zählen


Sehr geehrte Leser,

bitte lesen Sie diesen Beitrag
http://www.wissenschafftplus.de/uploads/article/Wissenschafftplus_Viren_entwirren.pdf
überprüfen Sie die Quellen, lesen selbst die Texte und .... Sie werden verstehen, dass die klinische Virologie auf Fehlannahmen beruht.

Vielen Dank!
Dr. rer. nat. Stefan Lanka


Wolfgang P. Bayerl 26.01.201722:07 Uhr

ein Armutszeugnis für die Rechtssprechung in Deutschland

kindische antimedizinische Grundeinstellung

Stefan Graf 25.01.201707:14 Uhr

Fremdscham

Ich bin selbst Molekularbiologe und "schäme mich fremd" für meinen Berufs- und (Vor)Namens-Kollegen. Auch wenn es in Medizin und Naturwissenschaft kein 100-Prozent gibt, gleichen die Zweifel an der Existenz des Masernvirus sowie die Pseudoargumente der notorischen Impfgegner den noch immer verschwörerisch vorgebrachten "Flachwelt-Theorien" oder der Negation der Evolution. Auch für diese Abstrusitäten geben sich Akademiker her.
Traurig, dass Gerichte durch solche Prozesse vom Wichtigem abgehalten werden

Dr. rer.nat. Stefan Graf

Sonderberichte zum Thema
Detailansicht eines Windrades: Bringt eine ökologisch nachhaltige Geldanlage auch gute Rendite? Anleger sollten auf jeden Fall genau hinschauen.

© Himmelssturm / stock.adobe.com

Verantwortungsbewusstes Investment

„Nachhaltig – das heißt nicht, weniger Rendite bei der Geldanlage!“

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: der Deutschen Apotheker- und Ärztebank (apoBank)
Abb. 1: Zeitaufwand pro Verabreichung von Natalizumab s.c. bzw. i.v.

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [9]

Familienplanung und Impfen bei Multipler Sklerose

Sondersituationen in der MS-Therapie

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Biogen GmbH, München
Impfungen – ob Influenza oder Reisezeit

© Springer Medizin Verlag GmbH

Impfungen – ob Influenza oder Reisezeit

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Sanofi-Aventis Deutschland GmbH, Frankfurt a. M.
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Weizen und Gluten entstigmatisieren

Reizdarmsyndrom: Ist die Glutensensitivität ein Nocebo-Phänomen?

Lesetipps
Mit einem PSA-basierten Screening sollen Prostatakarzinome früh erkannt werden

© Peakstock / stock.adobe.com

Früherkennung

PSA-basiertes Prostatakrebs-Screening: Langzeitdaten belegen Nutzen