China will von Deutschland lernen

Das Reich der Mitte setzt auf deutsches Know-how - auch im Gesundheitsbereich. So treibt es dort mit Nachdruck Reformen voran. Das wird die medizinische Versorgung in den nächsten Dekaden revolutionieren. Doch lauern auch einige Fallstricke.

Matthias WallenfelsVon Matthias Wallenfels Veröffentlicht:
Blutdruckmessung in einem Park in Peking: Gesundheitsarbeiter sensibilisieren Chinesen für Risikofaktoren.

Blutdruckmessung in einem Park in Peking: Gesundheitsarbeiter sensibilisieren Chinesen für Risikofaktoren.

© dpa

BERLIN. China ist auf dem Weg zur Wirtschaftssupermacht, hat aber noch viele Reformbaustellen offen - zum Beispiel im Healthcare-Sektor.

Den Planern in Peking ist die Situation durchaus bewusst, wie ein Blick auf die Krankenhausinfrastruktur im Reich der Mitte zeigt.

5000 neue Zentralkliniken, 2000 neu zu bauende Kreiskrankenhäuser und 2400 zu errichtende Gemeinschafts-Gesundheitsservice-Center bis zum Ende dieses Jahres sowie Investitionen von umgerechnet rund 100 Milliarden Euro in den Gesundheitssektor.

So sieht es der am 6. April 2009 veröffentlichte Masterplan zur Reform des chinesischen Gesundheitswesens seitens des Staatsrates vor. Die Gesundheitsreform soll dafür sorgen, dass bis 2020 eine flächendeckende medizinische Grundversorgung sichergestellt wird.

Außerdem gibt es mit dem im Jahre 2008 implementierten Programm "Healthy China" die Bestrebung, ebenfalls bis 2020 eine staatliche Grund-Krankenversicherung für die gesamte Bevölkerung zu gewährleisten - derzeit genießen bereits 90 Prozent der insgesamt 1,3 Milliarden Festland-Chinesen diesen Krankenversicherungsschutz.

Medizinisches Niveau schwankt zwischen Stadt und Land

Sieht man nur auf die Zahlen, so ist dieser Sprung in der medizinischen Versorgung der Bevölkerung enorm.

In der Realität offenbart sich dann allerdings eine große Bandbreite an medizinischem Niveau - sowohl bei der Qualität des Personals als auch bei den Gerätestandards.

So finden sich in den Metropolen wie Shanghai, Peking oder Chongqing viele private Kliniken, die Gewinne erwirtschaften und diese in modernste Medizintechnik investieren.

Außerdem können die Ärzte an diesen Privatkliniken selbst festlegen, welcher Gerätebedarf besteht.

Das ist laut Experten vor allem bei Kreiskrankenhäusern und in den öffentlichen Wohnviertelkliniken nicht immer der Fall. Dort entscheide nicht selten ein zuständiger lokaler Politfunktionär über die Beschaffungspolitik "seines" Krankenhauses - und die könne ziemlich von dem tatsächlichen Bedarf abweichen.

Nachholbedarf besteht vor allem beim Patentschutz

Außerdem fehlen diesen Kliniken meist die finanziellen Mittel für größere Anschaffungen - mit der entsprechenden Rückwirkung auf die medizinische Versorgung.

Generell verfügen, so haben Erhebungen ergeben, nur etwa 42 Prozent der praktizierenden Mediziner über einen Master- und 25 Prozent über einen Bachelorabschluss.

Der Rest hat keine - nach westlichen Standards - fundierte medizinische Ausbildung genossen. In ländlichen Bereichen habe oftmals sogar nur ein Fünftel der Ärzte einen Universitätsabschluss, wie China-Kenner aus der deutschen Medizintechnikbranche berichten.

Die Transformation Chinas ist für die deutsche Wirtschaft Chance wie Risiko zugleich. Die Branchen Pharma, Medizin- sowie Biotechnologie stehen dabei vor besonders großen Herausforderungen.

Gerade beim Schutz geistigen Eigentums besteht noch Nachholbedarf. Dieser Umstand ist eine der größten Hürden für deutsche Unternehmen in China.

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