Deutscher Ärztetag

Reinhardt zur GOÄ-Novelle: Ausreden gelten nicht mehr

Beim ersten Online-Ärztetag der BÄK verlangte Präsident Reinhardt Gründlichkeit statt Tempo bei der Digitalisierung – E-Rezept und eAU will er deshalb verschieben. Und Delegierte kritisierten die einseitige BÄK-Haltung zur Bürgerversicherung.

Florian StaeckVon Florian Staeck und Anno FrickeAnno Fricke Veröffentlicht:
Faust auf Faust: Gesundheitsminister Jens Spahn und BÄK-Präsident Klaus Reinhardt.

Faust auf Faust: Gesundheitsminister Jens Spahn und BÄK-Präsident Klaus Reinhardt.

© Bernd von Jutrczenka / picture

Berlin. Die Bundesärztekammer mahnt bei der Digitalisierung im Gesundheitswesen Gründlichkeit statt Tempo an. Erprobte Anwendungen mit erkennbarem Patientennutzen sollten rasch in den Versorgungsalltag kommen. BÄK-Chef Klaus Reinhardt nannte dafür beim 124. Deutschen Ärztetag am Dienstag den elektronischen Medikationsplan oder den Notfalldatensatz als Beispiele. Dagegen sollten Anwendungen wie E-Rezept und eAU verschoben werden. Reinhardt verwahrte sich gegen drohende Sanktionen des Gesetzgebers mit Blick auf den Stichtag Ende Juni – wie beim elektronischen Heilberufsausweis. Denn die Verzögerungen bei dessen Auslieferung seien nicht von Ärzten zu verantworten.

Das ließ Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) in seiner Rede so nicht auf sich sitzen: Ärzte würden dann nicht sanktioniert, wenn die Gründe für Verzögerungen an anderer Stelle zu suchen sind – etwa bei den PVS-Herstellern, stellte er klar. Auf letztere ist er offenbar aktuell nicht gut zu sprechen: Sie seien der „Flaschenhals“, so der Minister.

Zankapfel GOÄ

Großes Thema ist für die Ärzte auch die GOÄ: Dass auch nach 30 Jahren immer noch keine GOÄ-Novelle verabschiedet worden sei, nannte Reinhardt einen „kleinen Skandal“. Anfang des Jahres sei dagegen die neue Gebührenordnung für Rechtsanwälte mit einer linearen Erhöhung um zehn Prozent gestartet – dort ist die letzte Novelle acht Jahre her. Trotz der Pandemie hätten 165 Berufsverbände eine „ärzteeigene“ Version einer neuen GOÄ fertiggestellt. „Jetzt ist die Politik am Zug. Ausreden gibt es keine mehr“, so Reinhardt. Der BÄK-Präsident hatte zum Auftakt des Deutschen Ärztetags gefordert, durch Strukturreformen im Gesundheitswesen die richtigen Lehren aus der Corona-Pandemie zu ziehen. Es sei richtig, dass Bund und Länder mit vier Milliarden Euro den Öffentlichen Gesundheitsdienst personell und technisch aufrüsten wollen. Um mehr Ärzte für den ÖGD zu gewinnen, sei aber auch eine eigene arztspezifische Vergütung für Amtsärzte geboten.

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Bei Krankenhäusern habe die Pandemie den Bedarf für eine stärker abgestimmte Krankenhausplanung und länderübergreifende Kooperationen offengelegt. Viel stärker als bisher müssten Personalbedarf und Reservekapazitäten bei Notfällen in die Planung einfließen. Und bei den Krankenhausinvestitionen führe nach 20 Jahren fruchtloser Appelle der Ärzteschaft an einer dauerhaften Kofinanzierung durch den Bund nichts mehr vorbei, sagte Reinhardt.

Merkel in Videobotschaft: „Ich danke Ihnen von ganzem Herzen“

Ein Novum beim Ärztetag war die Videobotschaft von Bundeskanzlerin Angela Merkel: „Ich danke Ihnen von ganzem Herzen“, wandte sie sich an die Ärzte. In der Auftaktdiskussion über den Leitantrag des Vorstandes mahnten mehrere Sprecher eine neutralere Haltung der BÄK zur Bürgerversicherung an. Nach den Wahlen brauche die Ärzteschaft Ansprechpartner auch in einer möglicherweise neuen politischen Konstellation.

Lob erhielt der Vorstand für seine eindeutig kritische Haltung zu den Kommerzialisierungstendenzen in der medizinischen Versorgung. Die DRG seien das Werkzeug börsennotierter Unternehmen, um Gewinne aus Krankenhäusern und MVZ zu pressen. Diese Strukturen entwickelten sich zu „Brandbeschleunigern“ bei der Zerstörung des Arzt-Patienten-Verhältnisses“, hieß es in einem Redebeitrag.

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