Auf Depressions-Zeichen achten!

Aggressionen, Ungeduld oder Schlafstörungen - da denken nur wenige an Depressionen. Wegen solcher untypischer oder verborgener Symptome wird die seelische Erkrankung oft nicht erkannt.

Von Kerstin Nees Veröffentlicht:
Depressive Männer sind mitunter aggressiv und reizbar.

Depressive Männer sind mitunter aggressiv und reizbar.

© Yuri Arcus / fotolia.com

Depressionen gehören zu den häufigsten Krankheiten bei uns und werden gleichzeitig am meisten unterschätzt. Betroffene und ihre Angehörigen leiden oft im Geheimen, und wenn sich ein Selbstmord ereignet, hat vorher niemand etwas geahnt. Was diese seelischen Störungen so belastend macht, woran man sie erkennt und wie man sie von anderen Krankheiten unterscheidet, erläutert Professor Volker Faust aus Ravensburg auf der Medica.

"Depressionen sind zwar mittlerweile in aller Munde, aber welche Symptome die Krankheit kennzeichnen, wissen viele nicht." Mit diesen Worten macht Faust auf ein großes Problem aufmerksam: Die Krankheit bleibt viel zu oft unerkannt. "Depressionen äußern sich nicht immer wie eine Depression oder zumindest nicht so, wie man sich das in der Allgemeinheit vorstellt."

Der Psychiater behandelt in seiner Praxis in Ravensburg auch fünf Jahre nach der Pensionierung immer noch Patienten mit Depressionen und anderen seelischen Erkrankungen.

Einen depressiven Menschen erkennt man nicht unbedingt daran, dass er in der Ecke sitzt und den Kopf hängen lässt oder weint, ist seine Erfahrungen. Häufig funktioniere die Tränenflüssigkeit nicht einmal. Freudlosigkeit bis hin zur inneren Leere seien zwar typische Depressionssymptome.

Es könnten aber auch Merk- und Konzentrationsstörungen bis zur peinlichen Vergesslichkeit auftreten. Faust: "Da denkt doch jeder bei über 60-Jährigen an Alzheimer und nicht an Depression. Depressive sind auch häufig energielos, ohne Initiative, Schwung und Antrieb.

Sie wirken verlangsamt, umständlich, entscheidungsunfähig. Wenn ein Depressiver Geschäftsführer eines Unternehmens ist, dann wird es Ernst." Bei anderen gehen Geduld und Elan verloren, sie würden innerlich unruhig, nervös und gespannt. Das koste sie unendlich viel Kraft.

Veranstaltung 434

"Depressionen und Angststörungen - Diagnose und Therapie heute"

Samstag, 20. November, 14:30 Uhr bis 17:30 Uhr, CCD Pavillon, 1.OG, Raum 16

Leitung: Professor Volker Faust, Ravensburg

Übersehen werden Depressionen aber auch, weil Betroffene den Arzt mit körperlichen Beschwerden auf die falsche Fährte führen. Typisch sind zum Beispiel Schlafstörungen. "Einschlafstörungen kennen wir alle, das sind Abschaltstörungen, aber der zerhackte Schlaf deutet auf eine Depression hin genauso wie das immer frühere Erwachen", weiß Faust.

Auch der Appetit gehe häufig verloren genauso wie die Lust am Sex. "Libido und Potenz verschwinden mitunter wie die Butter auf heißen Kartoffeln, und sie kommen als letzte wieder, wenn Betroffene wieder genesen."

Bei Männern verlaufen Depressionen mitunter völlig untypisch. Sie können aggressiv, feindselig oder reizbar werden. "Wer denkt da an eine Depression? Der depressive Mann jammert auch nicht, er bringt sich eher um - verkürzt gesagt." Bisher hätten sowohl Ärzte als auch Wissenschaftler vor allem die Symptome depressiver Frauen im Blick gehabt und ihre Symptome verallgemeinert.

"In Wirklichkeit gehen uns die Männer durch die Lappen." Depressive Symptome können auch Folge körperlicher Erkrankungen sein. Ein Hirnschlag habe fast immer Depressionen zur Folge. Auch Herzinfarkt, chronische Rücken- und Gelenkschmerzen sowie Stoffwechselkrankheiten wie Schilddrüsenüberfunktion können Depressionen nach sich ziehen.

"In der Regel muss dabei aber mehr zusammenkommen und es muss eine Veranlagung da sein", sagt Faust: "Die erbliche Belastung gibt mir aber einen wichtigen Hinweis, in welche Richtung es zu gehen droht."

www.psychosoziale-gesundheit.net

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