Genetisches Risikoprofil

Auf dem Weg zur personalisierten Darmkrebsvorsorge

Mit einem Bluttest könnte in Zukunft das Risiko für Darmkrebs individuell bestimmt und ein dem Risiko angepasstes Alter für den Beginn der Vorsorge empfohlen werden. Das haben Wissenschaftler des DKFZ herausgefunden.

Veröffentlicht:
Über eine Suche nach SNPs lässt sich das individuelle Risikoprofil für Darmkrebs bestimmen.

Über eine Suche nach SNPs lässt sich das individuelle Risikoprofil für Darmkrebs bestimmen.

© science photo/stock.adobe.com

HEIDELBERG. Wissenschaftler des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) haben einen Weg gefunden, um das Auftreten von klinisch relevanten Darmkrebsvorstufen anhand einer Blutprobe zu prognostizieren.

Bei über 1000 Menschen, die eine Vorsorge-Koloskopie wahrgenommen hatten, fahndeten sie nach winzigen Varianten im Erbgut (Einzelnukleotid-Polymorphismen, abgekürzt SNPs), die mit dem Auftreten von Darmkrebs in Verbindung stehen. Jede Variante für sich habe nur eine geringe Aussagekraft – zusammengenommen könnten sie aber helfen, das Erkrankungsrisiko sehr viel besser einzuschätzen (Gastroenterology 2018, online 22. März).

Vorsorge-Termin per Testergebnis

"Zusammen bilden diese Marker eine deutlich verbesserte Grundlage für eine personalisierte, das heißt dem persönlichen Risiko angemessene Darmkrebs-Vorsorge", wird Hermann Brenner vom Deutschen Krebsforschungszentrum in einer Mitteilung des DKFZ zitiert.

Die Teilnehmer der Studie wurden anhand des genetischen Profils in drei Risikogruppen (niedrig, mittel und hoch) eingeordnet.

"Die Ergebnisse zeigen, dass bei Menschen mit dem genetischen Hochrisiko-Profil die Wahrscheinlichkeit, bei einer Vorsorge-Koloskopie Darmkrebs oder fortgeschrittene Krebsvorstufen zu entdecken, fast dreimal so hoch ist wie bei Personen mit dem günstigsten Risikoprofil", so Korbinian Weigl, der Erstautor der Studie, in der Mitteilung.

Aus den Ergebnissen ließen sich auch Rückschlüsse ableiten, in welchem Alter jeder einzelne mit der Darmkrebs-Vorsorge beginnen sollte. Bislang wird die Vorsorge einheitlich ab einem Alter von 50 Jahren angeboten und empfohlen.

Die Heidelberger Epidemiologen halten es dagegen für sinnvoll, bei Menschen mit hohem Risikoprofil bereits einige Jahre früher mit der Vorsorge zu beginnen, bei Personen mit günstigem Risikoprofil könnte es ausreichen, zehn oder mehr Jahre später zu starten.

Keine Störung durch Polypen

Die Forscher hätten darüber hinaus festgestellt, dass das genetische Risikoprofil spezifisch das Vorliegen von fortgeschrittenen Krebsvorstufen beziehungsweise von Darmkrebs vorhersage. Einen Zusammenhang mit dem Auftreten harmloser Polypen gebe es nicht.

Deren Auftreten scheint eher von Umwelteinflüssen als von genetischen Faktoren abhängig zu sein, vermuten die Forscher. Für die Risikovorhersage seien sie nicht so entscheidend wie die fortgeschrittenen Vorstufen, da sie noch sehr weit von wirklichen Krebsstadien entfernt seien und in den meisten Fällen auch nicht zu einem bösartigen Darmtumor heranwüchsen.

"Mit einer Einteilung in Risikogruppen könnten Ärzte in Zukunft bessere Empfehlungen geben, in welchem Alter jeder einzelne mit der Darmkrebs-Früherkennung beginnen sollte. Damit ließen sich sowohl viele unnötige Darmkrebserkrankungen bei jüngeren Menschen mit hohem Risiko als auch viele unnötig frühe Vorsorgeuntersuchungen bei jüngeren Menschen mit niedrigem Erkrankungsrisiko vermeiden", so Brenner in der Mitteilung.

Die Epidemiologen um Brenner planen nun, ihre Risikovorhersage noch weiter zu verfeinern. Dazu sollen in Kürze die Daten von 2000 weiteren Studienteilnehmern ausgewertet werden, um die Aufteilung in Risikogruppen weiter zu differenzieren.

Darmkrebs ist dem DKFZ zufolge zur Zeit bei Männern die dritthäufigste, bei Frauen die zweithäufigste Tumorerkrankung in Deutschland. Vorsorgeuntersuchungen werden seit 2002 für alle Versicherten über 55 Jahren von den Krankenkassen übernommen. (eb)

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema
Das könnte Sie auch interessieren
Der Gesundheitsdialog

© Janssen-Cilag GmbH

J&J Open House

Der Gesundheitsdialog

Kooperation | In Kooperation mit: Johnson & Johnson Innovative Medicine (Janssen-Cilag GmbH)
Impulse für den medizinischen Fortschritt: Welches Mindset braucht Deutschland?

© Springer Medizin

Johnson & Johnson Open House-Veranstaltung am 26. Juni 2025 beim Hauptstadtkongress

Impulse für den medizinischen Fortschritt: Welches Mindset braucht Deutschland?

Kooperation | In Kooperation mit: Johnson & Johnson Innovative Medicine (Janssen-Cilag GmbH)
J&J Open House beim Hauptstadtkongress

© [M] Springer Medizin Verlag

Video zur Veranstaltung

J&J Open House beim Hauptstadtkongress

Kooperation | In Kooperation mit: Johnson & Johnson Innovative Medicine (Janssen-Cilag GmbH)
Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Durvalumab im Real-World-Vergleich

© Springer Medizin Verlag

ED-SCLC

Durvalumab im Real-World-Vergleich

Sonderbericht | Beauftragt und finanziert durch: AstraZeneca GmbH, Hamburg
Wissenschaft in Medizin übertragen

© Regeneron

Forschung und Entwicklung

Wissenschaft in Medizin übertragen

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Regeneron GmbH, München
Abb. 1: Finale Analyse der SPOTLIGHT-Studie zum fortgeschrittenen, Claudin-18.2-positiven und HER2-negativen Adenokarzinom des Magens/AEG: Gesamtüberleben (PPS-Population)

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [8]

Adenokarzinom des Magens/gastroösophagealen Übergangs

Zolbetuximab: Standardtherapie bei CLDN18.2+/HER2− Magenkarzinomen

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Astellas Pharma GmbH, München
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Übersichtsarbeit zu Grippeimpfstoffen

Influenza-Vakzinen im Vergleich: Nutzen und Risiken

Lesetipps
Sieht lecker aus und schmeckt — doch die in Fertigprodukten oft enthaltenen Emulgatoren wirken proinflammatorisch. Ein No-Go für Patienten mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen.

© mit KI generiert / manazil / stock.adobe.com

Emulgatoren in Fertigprodukten

Hilfreich bei Morbus Crohn: Speiseeis & Co. raus aus dem Speiseplan!