Bestrahlung nach brusterhaltender Op ist bei Krebsvorstufen obligat

HANNOVER (eb). Frauen mit einer Vorstufe von Brustkrebs, einem Ductalen Carcinoma in situ (DCIS), werden heute meist brusterhaltend operiert. Bei ihnen sollte dann unbedingt eine Strahlentherapie folgen. So lautet die neue Empfehlung der "Expertengruppe Mammakarzinom" der Deutschen Gesellschaft für Radioonkologie.

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Der Anteil dieser Tumoren wird durch die Screening-Mammografie in Zukunft voraussichtlich bis zu 40 Prozent aller Mammakarzinome ausmachen. Richtig behandelt, können fast alle Patientinnen mit DCIS geheilt werden. Unbehandelt geht ein DCIS jedoch meist in ein invasives Karzinom über.

Bis vor wenigen Jahren war es Standard, bei DCIS die Brust zu amputieren. Der Grund: Diese Tumoren sind schwer vom gesunden Gewebe abzugrenzen. Nach diesem Eingriff waren nahezu alle Frauen geheilt.

Ohne Bestrahlung ist das Risiko eines Rückfalls hoch

Doch inzwischen operieren die Ärzte diesen Tumor meist brusterhaltend. Folgt danach keine Bestrahlung, beträgt das Rückfallrisiko nach 25 Jahren 40 bis 50 Prozent. Meist können die Ärzte dann nicht sicher bestimmen, ob es sich um einen Rückfall oder um einen neuen Krebs handelt. Ebensowenig ist es bis heute möglich vorherzusagen, ob ein Rückfall auftreten wird oder nicht. Kommt es doch dazu, hat sich bei knapp der Hälfte der Patientinnen der ursprüngliche Krebs in eine bösartige Geschwulst verwandelt.

Mehrere Studien belegen, dass eine Strahlentherapie nach brusterhaltender Operation das Rückfallrisiko deutlich senkt.

Die Deutsche Gesellschaft für Radioonkologie (DEGRO) hat bereits 2006 bei DCIS nach brusterhaltender Operation eine Strahlentherapie empfohlen. Eine mögliche Ausnahme sahen die Experten jedoch bei besonders günstigen Prognosefaktoren. Dazu gehören: kleine Tumoren (unter 2,5 Zentimeter), ein Alter über 50 Jahre und eine Operation mit großzügigem Sicherheitsabstand (mehr als 1 Zentimeter).

Dies hat sich nun geändert: Die "Expertengruppe Brustkrebs" der DEGRO hat auf der Jahreskonferenz der Gesellschaft in Hannover neue Empfehlungen vorgestellt, die allen Patientinnen mit DCIS eine Bestrahlung empfehlen, wenn die Brust erhalten wurde.

Erstmalig belegt nämlich eine Studie an der Harvard Universität in Boston bei 158 Patientinnen mit DCIS: Auch bei vermeintlich günstigen Risikofaktoren ist die Zahl der Rückfälle ohne Strahlentherapie beträchtlich. Alle Frauen wurden mit einem Sicherheitsabstand von über 1 Zentimeter operiert, dann aber nicht bestrahlt, sondern in kurzen Abständen untersucht.

Günstige Umstände schützen nicht vor schlechter Prognose

Die Studie wurde aus ethischen Gründen abgebrochen, da die Rückfallquote nach 5 Jahren 12 Prozent betrug. Bei 31 Prozent der Frauen mit günstigen Prognosefaktoren waren die Tumore bösartig.

Privatdozent Rainer Souchon von der Expertengruppe weist darauf hin, dass diesen neuen Daten zufolge "alle Patientinnen mit DCIS nach brusterhaltender Operation bestrahlt werden sollten." Diese Empfehlung gelte, so der Experte, "bis man eventuell mit neuen operativen Verfahren und zusätzlichen Untersuchungen Gruppen von Patientinnen definieren kann, die keine Bestrahlung benötigen. Bis dahin sollte keiner Frau mit DCIS nach brusterhaltender Operation die Bestrahlung als Sicherheitsmaßnahme vorenthalten werden".



STICHWORT

DICS

Bei etwa 20 Prozent aller Patientinnen, die mit der Diagnose "Brustkrebs" konfrontiert werden, handelt es sich um eine Krebsvorstufe: ein Ductales Carcinoma in situ (DCIS). Dieses Karzinom wächst auf die Milchgänge begrenzt und breitet sich in diesen diffus aus, ohne jedoch aggressiv in das Brustgewebe vorzudringen. Ein DCIS ist daher oft nicht tastbar, sondern wird zumeist bei einer Mammografie entdeckt. Ein solcher Tumor bildet auch keine Tochtergeschwülste (Metastasen). Unbehandelt kann ein DCIS jedoch in ein invasives Karzinom übergehen. (eb)

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