Akupunktur

Die Studie mit ein bisschen Wirkung

US-Forscher wollen den Beweis gefunden haben: Chronische Schmerzen lassen sich mit Akupunktur behandelt. Dafür präsentieren sie eine große Metaanalyse - die sofort Widerspruch findet.

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Akupunktur am Kopf: Die Methode wird häufig bei chronischen Schmerzen angewandt.

Akupunktur am Kopf: Die Methode wird häufig bei chronischen Schmerzen angewandt.

© Ingram Publishing / Thinkstock

NEW YORK (rb). Wissenschaftler der Acupuncture Trialists‘ Collaboration glauben, mit einer aktuellen Metaanalyse gezeigt zu haben, dass es sich bei den Wirkungen der Akupunktur um mehr handeln muss als nur um Placeboeffekte.

Die Forscher um Dr. Andrew Vickers vom Memorial Sloan-Kettering Cancer Center in New York hatten für ihre Metaanalyse 29 Studien aus den USA, Großbritannien, Schweden, Spanien und Deutschland - hier die GERAC-Studien - ausgewertet (Arch Intern Med 2012, online 10. September).

In ihre Kalkulationen gingen Daten von 17.922 Patienten ein, die an chronischen Arthrose-, Kopf-, Nacken- oder Rücken- oder Schulterschmerzen litten.

Das Ergebnis fassen Vickers und Kollegen wie folgt zusammen: "Akupunktur ist eine wirksame Therapie chronischer Schmerzen." Daher sei es sinnvoll, Patienten mit den Nadelstichen zu behandeln.

Im Vergleich zum Verzicht auf das Verfahren hatte die Akupunktur in allen Schmerzindikationen die Beschwerden signifikant gelindert.

Gemessen an der durchschnittlich geäußerten Höhe des Schmerzgrades in den jeweiligen Studien lag der Score für die akupunktierten Patienten im Mittel um eine halbe Standardabweichung niedriger.

Mechanismen sorgfältiger erforschen

Verglichen mit einer Scheinakupunktur fiel der Nutzen geringer aus, hier war die klassische Akupunktur mit 0,15 bis 0,23 Standardabweichungen im Vorteil.

"Diese Unterschiede sind relativ bescheiden", räumen die Autoren ein. Zudem ist ein Teil der Effekte offensichtlich unabhängig von der korrekten Platzierung der Nadeln und der Tiefe der Einstiche, wie die zwar geringere, aber immerhin vorhandene Wirkung einer Scheinakupunktur zeigt.

Dass der Streit um Sinn und Nutzen der Akupunktur damit geschlichtet wäre, ist nicht zu erwarten. So hat sich Professor Edzard Ernst, kritischer Experte für Alternativ- und Komplementärmedizin, bereits zu Wort gemeldet.

Gegenüber dem britischen "Guardian" äußerte er, die Unterschiede von Akupunktur und Scheinakupunktur seien klein und klinisch nicht relevant.

"Wahrscheinlich gehen sie auf Reste systematischer Fehler in den Studien zurück", sagte er dem Blatt.

Dr. Andrew Avins vom Kaiser Permanente Medical Center in Oakland lässt in seinem Kommentar zur Studie von Vickers ebenfalls ein gewisses Unbehagen daran mitschwingen, Patienten einer Therapie ohne klare biomedizinische Plausibilität zuzuführen.

"Aber letztlich ist doch die Frage: Funktioniert die Behandlung?" Und hier weise die aktuelle Studie einen, wenn auch mäßigen, Nutzen für die Patienten aus.

"Wir sollten", meint Avins, "den Patienten so viel nützen wie möglich und dabei nicht aufhören, alle Heilungsmechanismen noch sorgfältiger zu erforschen."

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Stichhaltiges pro Akupunktur

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