Fettreich

Dies war Ötzis letzte Mahlzeit

Ötzi ist so gut untersucht wie kaum ein Mordopfer der Neuzeit. Nun haben Forscher den Mageninhalt analysiert – und schließen damit auf die Ernährung der Menschen vor 5300 Jahren.

Veröffentlicht:
Forscher bei der Probenahme des Mageninhaltes der Mumie: Ötzi hat nach Ansicht zahlreicher Forscher vor allem fettreich gegessen.

Forscher bei der Probenahme des Mageninhaltes der Mumie: Ötzi hat nach Ansicht zahlreicher Forscher vor allem fettreich gegessen.

© M.Samadelli/Southtyrolarchaeologymuseum/Eurac via Eurekalert/dpa

BOZEN. Ötzi hat in den letzten Tagen vor seinem Tod Steinbock, Hirsch und Getreide gegessen und dabei reichlich Fett verzehrt. Das schließt ein internationales Forscherteam aus der Analyse seines Mageninhalts.

Der Gletschermann habe das Fleisch roh oder vielleicht getrocknet gegessen, es sei aber nicht stark erhitzt worden, schreiben die Forscher um Frank Maixner vom Institut für Mumienforschung im italienischen Bozen im Fachblatt "Current Biology". Maixner geht davon aus, dass Steinbock und Hirsch regelmäßig auf Ötzis Speiseplan standen.

Der Mageninhalt war bislang – im Gegensatz zum Darm – nicht eingehend analysiert worden. Der Magen hatte sich bei der Mumifizierung verschoben und war erst 2009 bei Nachuntersuchungen entdeckt worden. Auffällig ist den Forschern zufolge vor allem, dass Fett etwa die Hälfte des Mageninhalts stellte. So habe Ötzi die nötige Energie für Wanderungen in großer Höhe aufnehmen können, schreiben sie.

Fett als ideale Energiequelle

"Die hohe und kalte Umgebung ist für den Körper besonders fordernd und erfordert eine optimale Nährstoffversorgung, um schnell einsetzenden Hunger und Energieverlust zu vermeiden", wird Studienleiter Albert Zink in einer Mitteilung der Zeitschrift zitiert. "Der Eismann war sich anscheinend völlig bewusst, das Fett eine vorzügliche Energiequelle ist."

Dass Ötzi Steinbock gegessen hatte, war bereits 2002 bei Untersuchungen des Darms festgestellt worden. Die neue Studie zeigt nun, dass Steinbock und Hirsch auch am Ende seines Lebens zu seinen Mahlzeiten zählten. "Die Proteine passen zu Muskelfasern des Steinbocks, er hat also wirklich das Fleisch gegessen", sagt Maixner.

Ob es sich bei dem Hirsch um Fleisch oder um Innereien handelte, blieb dagegen unklar. Die verzehrten Körner waren demnach Einkorn, eine frühe Form von domestiziertem Getreide.

Farn zur Behandlung gegessen?

Zudem enthielt der Magen Spuren eines giftigen Farns. Möglicherweise habe er dies versehentlich aufgenommen, vielleicht aber auch damit Magenprobleme behandeln wollen, schreibt das Team.

Anfang 2016 hatte die Forschergruppe herausgefunden, dass Ötzi mit einer aggressiven Variante des Magenkeims Helicobacter pylori infiziert war. Heutzutage trägt etwa die Hälfte aller Menschen das Magenbakterium, das Entzündungen, Magengeschwüre und Krebs verursachen kann.

Ötzi lebte vor 5300 Jahren und wurde hinterrücks mit einem Pfeil niedergestreckt. Studien deuten darauf hin, dass er die letzten zwei Tage seines Lebens recht rastlos verbrachte.

Deutsche Wanderer hatten die Eismumie im September 1991 in der italienisch-österreichischen Grenzregion in der Nähe des Tisenjochs auf 3210 Metern Höhe entdeckt. Von dort wurde er ins Archäologische Museum nach Bozen gebracht. Seither arbeiten Wissenschaftler daran, der Mumie möglichst viele Informationen zu entlocken.

Neben dem Mord an Ötzi und immer mehr Details zur Ernährung weiß man inzwischen auch, dass er etwa Karies hatte. Augenfarbe, DNA und Blutgruppe sind bekannt – ebenso, dass der Gletschermann laktoseintolerant und tätowiert war.

Maixner will die Ernährung Ötzis auch in den kommenden Jahren weiter erforschen. So gebe es etwa die Idee, die Darmflora zu untersuchen und mit der Darmflora heutiger Menschen zu vergleichen. (dpa)

Jetzt abonnieren
Schlagworte:
Mehr zum Thema

Influencer-Marketing für Nahrungsergänzungsmittel

foodwatch beklagt „wilden Westen der Gesundheitswerbung“

Durch Kälte induziert

Braunes Fett: Der Star in der Adipositastherapie?

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Leitartikel

Datenschutz ist zugleich auch Praxisschutz

Netzwerk-Metaanalyse von 139 Studien

Gonarthrose: Viele Optionen, doch nur wenige funktionieren

Lesetipps
Junger Mann mit Schmerzen im unteren Rückenbereich.

© anut21ng Stock / stock.adobe.com

Chronisches Kreuzweh

Studie: Rauchen lässt den Rücken schmerzen

Lungenkrebs so früh wie möglich erkennen und damit die Heilungschancen erhöhen helfen soll das neue Früherkennungsprogramm, das der G-BA beschlossen hat.

© Sascha Steinach / ZB / picture alliance

Beschluss des G-BA

Lungenkrebs-Screening wird Kassenleistung

Schwindel kann viele unterschiedliche Ursachen haben. Mit den richtigen Fragen kommt man aber zur richtigen Diagnose.

© Andrey Popov / stock.adobe.com

BAM-Kongress 2025

Schwindel in der Hausarztpraxis: Fünf Fragen zur Ursachenfindung