Ein Melanom ist kein Grund für eine Abruptio

HEIDELBERG (hsr). Neu entdeckte pigmentierte Hautmale oder sich vergrößernde Nävi - viele Frauen berichten darüber mit Sorge während ihrer Schwangerschaft. Daß die hormonellen Veränderungen bei Schwangeren das Wachstum von Melanomen auslösen, beschleunigen oder die Metastasierung begünstigen, ist jedoch nicht belegt.

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Die tatsächliche Inzidenz des malignen Melanoms bei Schwangeren ist nach Angaben von Dr. Katharina Wiedemeyer von der Universitäts-Hautklinik Heidelberg unbekannt. Nach einigen Erhebungen seien von allen Melanom-Kranken, das sind jährlich 10 bis 15 pro 100 000 Einwohner, etwa ein Prozent bei der Diagnosestellung schwanger.

Schätzungen zufolge macht der Tumor etwa acht Prozent aller bösartigen Neoplasien aus, die bei Schwangeren auftreten können. Metastasierungen in diesen Monaten seien allerdings ein extrem seltenes Ereignis, so die Dermatologin.

"Wird heute ein Melanom in der Schwangerschaft diagnostiziert, gilt dies nicht länger als ein ungünstiger Prognosefaktor", so Wiedemeyer. Die Behandlung Schwangerer unterscheide sich dann nicht von der nichtschwangerer Patientinnen.

Allenfalls bei Hochrisikotumoren wie dem nodulären malignen Melanom könnte eine Abruptio mit anschließender Antikonzeption über drei Jahre sinnvoll sein. Denn diese Art von Tumoren habe innerhalb von drei Jahren statistisch das höchste Rezidivrisiko.

Anhand der Krankengeschichte einer 32jährigen, in der sechsten Woche schwangeren Frau mit einem solchen Hautkrebs gibt Wiedemeyer einen Überblick über das derzeitige therapeutische Vorgehen (Der Gynäkologe 2, 2005, 127).

    Melanome metastasieren häufig in die Plazenta.
   

Die Patientin mit Hauttyp I, also sehr heller Haut und rotblonden Haaren, sowie vielen unregelmäßigen Pigmentnävi, stellte sich mit einem seit drei Jahren stetig größer werdenden pigmentierten, zwar nicht juckenden, aber gering blutenden Fleck am Rücken vor.

Die Histologie des herausgeschnittenen Pigmentherds ergab ein noduläres Hochrisikomelanom von 2,5 mm Tumordicke, die Untersuchung der axillären Lymphknoten eine Lymphknoten-Makrometastase links.

Das CT von Thorax und Abdomen sowie eine MRT des Schädels ergaben bei der Patientin keine Hinweise auf Fernmetastasen. Die Frau entschied sich für einen Schwangerschaftsabbruch. Nach mehrmonatiger adjuvanter Immuntherapie mit alpha-Interferon besteht bei ihr eine Vollremission.

"Im Gegensatz zu früheren Annahmen ist eine Schwangerschaft kein Risikofaktor für die Entwicklung eines malignen Melanoms", schließt Wiedemeyer aus ihren Untersuchungen. Sie wirke sich auch nicht negativ auf die Prognose von Frauen mit Melanom aus.

Der Hauttumor werde bei Schwangeren - wenn möglich - in Lokalanästhesie herausgeschnitten. Im Tumorstadium I ohne Lymphknotenbefall und Fernmetastasen sei ein Schwangerschaftsabbruch nicht notwendig.

Bei Melanomen mit hohem Risiko jedoch, zumal bei solchen, die bereits metastasiert sind, sei eine Abruptio zu erwägen, da die vier bis sechs Wochen nach Tumorexzision erforderliche adjuvante Immuntherapie während der Schwangerschaft kontraindiziert ist.

Werde das Kind ausgetragen, rät die Dermatologin, den Mutterkuchen zu untersuchen, denn das Melanom gehöre zu den am häufigsten in die Plazenta metastasierenden Tumoren. Das Neugeborene müsse außerdem auf Tochtergeschwülste untersucht und - wie die Mutter - engmaschig kontrolliert werden.

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