EMA äußert sich zu NDMA

Erste Daten zu Krebsrisiko durch verunreinigtes Valsartan

Die Europäische Arzneimittelbehörde EMA hat sich nun zum Krebsrisiko durch NDMA in Valsartan-Präparaten geäußert: Danach könnte ein zusätzlicher Krebsfall pro 5000 Patienten auftreten.

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Auf EU-Ebene analysieren und bewerten Arzneimittelexperten der EMA bereits seit Anfang Juli die Tragweite der NDMA-Verunreinigung in Valsartan-Präparaten.

Auf EU-Ebene analysieren und bewerten Arzneimittelexperten der EMA bereits seit Anfang Juli die Tragweite der NDMA-Verunreinigung in Valsartan-Präparaten.

© Frank Augstein / AP Photo / picture alliance

LONDON. Wie hoch das gesundheitliche Risiko durch den cancerogenen Wirkstoff NDMA (N-Nitrosodimethylamin) tatsächlich für die Patienten ist, die damit verunreinigtes Valsartan eingenommen haben, ist derzeit Gegenstand etlicher Untersuchungen.

Auf EU-Ebene analysieren und bewerten Arzneimittelexperten bereits seit Anfang Juli die Tragweite der NDMA-Verunreinigung, wie auch die hiermit verbundenen Risiken. Produzent war der chinesische Hersteller Zhejiang Huahai Pharmaceuticals. 17 Pharmaunternehmen haben verschiedene Valsartan-Präparate und auch ein Irbesartan-Präparat vorsorglich zurückgerufen.

Nachdem sich bereits die US-Arzneimittelbehörde FDA vor zwei Tagen zum gesundheitlichen Risiko durch Einnahme verunreinigter Valsartan-Präparate geäußert hat, gibt es nun auch erste Daten der Europäischen Arzneimittelbehörde EMA.

Kritisch: 320 mg Valsartan über mehrere Jahre

Während die FDA einen zusätzlichen Krebsfall auf 8000 Patienten schätzt (bei Einnahme von 320 mg verunreinigtem Valsartan über vier Jahre), kommt die EMA auf einen zusätzlichen Krebsfall pro 5000 Patienten – bei 320 mg über sieben Jahre.

Dabei legten sie eine Verunreinigung mit NDMA zugrunde, wie sie in den Präparaten des chinesischen Herstellers Zhejiang Huahai Pharmaceuticals gefunden worden ist (60 parts per million/ 60 ppm). Das heißt: in 999.940 Valsartan-Molekülen werden 60 NDMA-Moleküle gefunden.

In ihrem Update verweist die EMA erneut darauf, dass es sich bei NDMA um eine Substanz handelt, die sich in Tierversuchen als krebserregend erwiesen habe. Bei Ratten, die mit NDMA belastetes Trinkwasser erhielten, kam es zu Lebertumoren. Auch bei Menschen wird NDMA ebenfalls als vermutlich karzinogen eingestuft.

Allerdings gelte dies nicht, so die EMA, wenn die Substanz, die auch in einigen Nahrungsmitteln wie in Bier, gepökeltem Fleisch und geräuchertem Fisch sowie im Trinkwasser zu finden sei, in sehr geringen Mengen aufgenommen werde.

Daher müssten bei einer Risikobewertung stets auch das generelle Krebserkrankungsrisiko und die mögliche Aufnahme von NDMA durch andere Quellen berücksichtigt werden. Die EMA-Experten betonen daher, es gebe "kein unmittelbares Risiko" durch die Einnahme von verunreinigtem Valsartan.

Was die NDMA-Analyse so schwierig macht

Der Nachweis von NDMA in den betroffenen Fertigarzneimitteln gestaltet sich zudem schwierig. Nach Angaben des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) ist dafür die Spurenanalytik einer Substanz im ppm-Bereich erforderlich, für die es bislang keine Prüfvorschriften in den Arzneibuchmonografien oder in den "Certificates of suitability" gegeben habe. Validierte Prüfverfahren stünden daher noch aus.

Ein erstes Verfahren hat die Arzneimittelkommission Deutscher Apotheker (AMK) inzwischen über ihr Zentrallaboratorium (ZL) angewandt und einige Valsartan-Präparate toxikologisch unter die Lupe genommen. Die Wissenschaftler verglichen dabei den NDMA-Gehalt in gepökeltem Fleisch und Bier mit den ermittelten NDMA-Werten in den verunreinigten Valsartan-Fertigarzneimitteln.

Sie kamen dabei zu dem Schluss, dass die Abschätzung der maximalen täglichen Belastung für betroffene Patienten, die den Blutdrucksenker eingenommen hatten, als besorgniserregend einzustufen ist. Klare Aussagen zu gesundheitlichen Folgen lassen sich daraus jedoch nicht ableiten.

Bessere Kontrollen gefordert

Trotz Verunreinigung von Valsartan-Präparaten mit dem potenziell krebserregenden Stoff NDMA sieht daher zum Beispiel der Kardiologe Professor Thomas Meinertz derzeit keinen Grund für ein Krebsscreening bei betroffenen Patienten. Zum künftigen Schutz plädierte er in einer ZDF-Sendung vielmehr für eine Bundesbehörde für Arzneikontrollen.

Der Fall werfe ein schlechtes Licht auf den Import von Arzneimitteln, sagt auch Wolf-Dieter Ludwig, Vorsitzender der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft: Offenbar hätten die Kontrollmechanismen versagt, so dass verunreinigte Arzneimittel bis nach Deutschland zum Patienten kamen. (run)

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