Morbus Alzheimer
FDA will umstrittene Aducanumab-Zulassung untersuchen lassen
Die Zulassung von Aducanumab zur Alzheimer-Therapie in den USA hat viele Beobachter überrascht – und zu Rücktritten und Vorwürfen geführt. Jetzt soll der Prozess untersucht werden.
Veröffentlicht:Silver Spring. Die amtierende Chefin der US-Arzneimittelbehörde FDA will eine Untersuchung über die Zulassung von Aducanumab bei Morbus Alzheimer erreichen. Sie habe bei den zuständigen Prüfern des US-Gesundheitsministeriums eine unabhängige Überprüfung über Kontakte zwischen Vertretern ihrer Behörde und des Herstellers Biogen beantragt, schrieb die Internistin Dr. Janet Woodcock am Freitag auf Twitter.
„Wir glauben, dass eine unabhängige Bewertung die beste Art und Weise ist, um festzustellen, ob Interaktionen zwischen dem Hersteller und dem Prüfpersonal der Behörde mit den Richtlinien und Verfahren der FDA unvereinbar waren.“
Given the ongoing interest and questions, today I requested that @OIGatHHS conduct an independent review and assessment of interactions between representatives of Biogen and FDA during the process that led to the approval of Aduhelm. pic.twitter.com/iWJNxdZ5Cs
— Dr. Janet Woodcock (@DrWoodcockFDA) July 9, 2021
Heftige Kritik selbst aus der FDA heraus
Die FDA hatte Aducanumab (Aduhelm®) im Juni zugelassen. Aducanumab sei die erste neuartige Behandlungsmethode gegen die neurodegenerative Erkrankung, die seit 2003 zugelassen worden sei, hieß es damals. Die FDA hatte Aducanumab generell gegen Alzheimer zugelassen, eine Wirksamkeit wird aber vor allem in den prodromalen bis leichten Demenzstadien erwartet, und hier auch nur bei klar nachgewiesener Alzheimerpathologie.
FDA-Entscheidung
Erste kausal wirksame Alzheimertherapie in den USA zugelassen
Wie gut Aducanumab wirkt, ist deswegen auch umstritten: Ein internes Beratergremium der FDA hatte sich gegen die Zulassung ausgesprochen, mehrere Wissenschaftler sich öffentlich skeptisch geäußert.
Drei Berater der FDA waren schließlich aus Protest von ihren Ämtern zurückgetreten. Der Pharmakoepidemiologie Professor Aaron Seth Kesselheim von der Havard Medical School etwa bezeichnet die Zulassungsentscheidung als die „wahrscheinlich schlechteste“ der FDA, die er erinnere.
„Enge Kontakte“ zwischen PU und FDA?
Kritik wurde auch laut, das Nebenwirkungspotenzial überwiege den möglichen Nutzen. Biogen hat die Jahrestherapiekosten mit 56.000 US-Dollar angegeben (rund 47.000 Euro). Firmenchef Michel Vounatsos bezeichnete die FDA-Zulassung damals als einen „historischen Moment“.
Zuletzt hatte es Berichte über ungewöhnlich enge Zusammenarbeit zwischen Biogen und Mitarbeitern der FDA gegeben. Woodcock schrieb, sie glaube, dass eine unabhängige Untersuchung dazu beitragen werde, das Vertrauen in die Entscheidungsfindung der FDA zu gewährleisten.
Falls es eine Untersuchung geben sollte, werde die Behörde voll und ganz kooperieren. „Das Vertrauen der amerikanischen Öffentlichkeit, insbesondere in diesen schwierigen Zeiten, ist für die FDA von größter Bedeutung“, schrieb Woodcock weiter. (dpa/eb)