Bundessozialgericht

GKV-Versorgung lässt keinen Raum für Wettbewerbsrecht

Scheidet ein Arzt aus einem als Berufsausübungsgemeinschaft betriebenen Dialysezentrum aus, kann er den Versorgungsauftrag nicht mitnehmen, so das Bundessozialgericht.

Martin WortmannVon Martin Wortmann Veröffentlicht:
Die Gruppe hat Vorrang vor dem Individuum, zumindest beim Versorgungsauftrag.

Die Gruppe hat Vorrang vor dem Individuum, zumindest beim Versorgungsauftrag.

© Joachim Wendler/fotolia.com

KASSEL. Im Streit um Praxissitze und Versorgungsaufträge können sich Ärzte in aller Regel nicht auf Wettbewerbsrecht berufen. Das hat der Vertragsarztsenat des Bundessozialgericht in seiner jüngsten Sitzung klargestellt. Als Konsequenz können auch Schadenersatzansprüche kaum geltend gemacht werden.

Im Streitfall geht es um die Dialyse-Versorgung im Saarland. Ein Arzt war aus einem als Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) betriebenen Dialysezentrum ausgestiegen. Dabei beanspruchte er "seinen" Versorgungsauftrag für sich. Dem war auch die KV Saarland gefolgt.

Übergangsfrist festgesetzt

Die BAG ging hiergegen zweigleisig vor. Dabei hatte eine Klage gegen die KV weitgehend Erfolg. Wie schon zuvor in einem Parallelfall (wir berichteten), entschied das BSG, dass jedenfalls für Versorgungsaufträge nach den Dialysevereinbarungen ab 2002 diese nicht dem Arzt, sondern der BAG gehören.

In beiden Fällen setzte das BSG allerdings eine Übergangsfrist bis zum Jahresende fest. Dies soll insbesondere den Patienten Gelegenheit geben, sich auf die neue Situation einzustellen. Gleichzeitig bekämen die BAG und die KV Zeit, die Nachfolge in der BAG zu regeln, sowie der ausgeschiedene Arzt, seine Praxis abzuwickeln. Eine solche Übergangsfrist sei im Sozialgesetzbuch zwar nicht vorgesehen, aus den genannten Gründen sei sie aber verfassungsrechtlich geboten, so die Kasseler Richter.

Eine zweite, auf das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb gestützte Unterlassungs- und Schadenersatzklage der BAG gegen den ausgeschiedenen Kollegen hatte allerdings keinen Erfolg. Wettbewerbsrecht finde in der vertragsärztlichen Versorgung grundsätzlich keine Anwendung. Nur in besonderen Einzelfällen könne es Ausnahmen geben.

Eine solche Ausnahme hatte das BSG 2011 gemacht. Damals hatten zwei Anästhesisten eines ambulanten Operationszentrums einem nahegelegenen Krankenhaus unfairen Wettbewerb vorgeworfen. Denn das Krankenhaus hatte niedergelassene Chirurgen als Operateure auf Honorarbasis angeworben. Wegen der fehlenden Zuständigkeit der KV für die Klinik hatte das BSG hier im Wettbewerbsrecht die einzige Möglichkeit für die Anästhesisten gesehen, Unterlassungsansprüche durchzusetzen. – Aktuell betonten die Kasseler Richter, dass sich aus diesem Urteil eine allgemeine Regel nicht ableiten lässt. Die Vertragsärztliche Versorgung sei im Sozialgesetzbuch umfassend geregelt, das Wettbewerbsrecht sei "systemfremd". Für die Anfechtung von Zulassungen, Ermächtigungen und Versorgungsaufträgen gebe es inzwischen eine umfassende und gefestigte Rechtsprechung.

Keine Schadenersatzansprüche

Auch wenn nach dieser Rechtsprechung eine Konkurrentenklage nicht zulässig ist, etwa weil die Praxen zu weit auseinander liegen, greife Wettbewerbsrecht nicht ein. Gegenseitige Schadenersatzansprüche bestehen jedenfalls nach der bisherigen BSG-Rechtsprechung nicht.

Bundessozialgericht

Az.: B 6 KA 20/16 R (Versorgungsauftrag) und B 6 KA 35/16 R (Wettbewerbsklage)

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