Evidenzbasierte Strategie gefordet

Gastroenterologen warnen vor europäischer Leberkrebs-Epidemie

Die Leberkrebs-Fallzahlen steigen in Europa seit Jahren. Gastroenterologen sprechen bereits von einer „Epidemie“ – und fordern neben Prävention auch ein Umdenken bei der Surveillance.

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Leberkrebs forderte im Jahr 2022 in der EU mehr als 50.000 Todesopfer.

Leberkrebs forderte im Jahr 2022 in der EU mehr als 50.000 Todesopfer.

© ag visuell / Fotolia.de

Berlin. Die Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselerkrankungen (DGVS) und die United European Gastroenterology (UEG) warnen vor einer europäischen Leberkrebs-Epidemie.

In einer gemeinsamen Erklärung verweisen sie auf die gestiegenen Fallzahlen in den vergangenen drei Jahrzehnten: So seien zwischen 1990 und 2021 die altersstandardisierten Inzidenz- und Mortalitätsraten stetig angestiegen. Im Jahr 2022 forderte Leberkrebs in der EU mehr als 50.000 Todesopfer, wobei die Sterblichkeit bei Männern höher war als bei Frauen.

Das hepatozelluläre Karzinom (HCC), die häufigste Form des primären Leberkrebses, ist für einen Großteil dieses Anstiegs verantwortlich.

„Eine einheitliche, evidenzbasierte Strategie ist unerlässlich, um den Anstieg der Leberkrebsfälle in Europa zu stoppen. Um diese Herausforderung für die öffentliche Gesundheit zu bewältigen, muss ein zweigleisiger Ansatz verfolgt werden, der sich sowohl auf Prävention als auch auf Früherkennung konzentriert“, sagt Professorin Patrizia Burra, Vorsitzende der UEG Public Affairs Group.

Prävention ist unerlässlich

Verhältnispräventive Maßnahmen im Bereich der öffentlichen Gesundheit seien unerlässlich, darunter eine verbesserte Kennzeichnung von Lebensmitteln, Beschränkungen für die Vermarktung ungesunder Lebensmittel an Kinder, frühzeitige Ernährungsaufklärung und stärkere Investitionen sowohl in die öffentliche Gesundheit als auch in die Ausbildung von Ärztinnen und Ärzten.

Ebenso entscheidend sei die Früherkennung, heißt es. Denn HCC im Frühstadium verlaufe oft asymptomatisch, aber heilbar, wenn es rechtzeitig erkannt wird. Dennoch würden die meisten Fälle aufgrund von Unterdiagnosen von Lebererkrankungen und ungleichen Zugangsmöglichkeiten zu bildgebenden Verfahren zu spät diagnostiziert.

Schwerpunkt soll auf der Überwachung liegen

Die UEG und die DGVS setzen sich für eine „gezielte, risikostratifizierte Surveillance“ ein, bei der der Schwerpunkt auf der Überwachung von Patientinnen und Patienten mit dem höchsten Risiko liegt, während gleichzeitig unnötige Tests für Personen mit geringem Risiko reduziert werden.

Bei Gruppen mit sehr hohem Risiko könnten fortgeschrittene biochemische Tests, Bildgebung und idealerweise Gentests die Früherkennung verbessern und so eine kurative Behandlung und bessere Langzeitergebnisse ermöglichen.

Erkenntnisse aus ganz Europa zeigten, dass dieser Ansatz die Früherkennungsraten erhöht, die Überlebensrate verbessert und für die Gesundheitssysteme kosteneffizient ist.

UEG und der DGVS fordern die politischen Entscheidungsträger dazu auf, die Entwicklung von Leberkrebs in ganz Europa einzudämmen. Dazu gehören:

  • Leberkrebs als potenziell vermeidbare und zunehmend verbreitete Priorität im Bereich der öffentlichen Gesundheit anerkennen
  • strukturierte HCC-Überwachungsprogramme auf der Grundlage von Risikoschwellenwerten einführen und finanzieren
  • Initiativen im Bereich der öffentlichen Gesundheit unterstützen, die auf die Verringerung von Fettleibigkeit, Alkoholmissbrauch und Hepatitis-Übertragung abzielen.
  • die Ausbildung von Ärzten in den Bereichen Ernährung und Hepatologie ausbauen.
  • einen gerechten Zugang zu Screening-Instrumenten, einschließlich radiologischer
  • Bildgebung, für Hochrisikogruppen gewährleisten
  • fettleibigkeitsfördernde Lebensmittel besteueren und die Steuerbelastung für gesunde
  • Lebensmittel reduzierten (Zucker-/Fettsteuer)
  • eine EU-weite Nährwertkennzeichnung fördern, beispielsweise durch Front-of-PackKennzeichnungssysteme wie den Nutri-Score (kaha)
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