CED

Gefahr durch Titandioxid-Nanopartikel?

Titandioxid-Nanopartikel können offenbar Darmentzündungen verstärken. Schweizer Forscher empfehlen Patienten daher, auf Lebensmittel mit den Zusatzstoff E171 zu verzichten.

Veröffentlicht:

ZÜRICH. Forscher um Professor Gerhard Rogler von der Uni Zürich, haben herausgefunden, dass Titandioxid-Nanopartikel die Entzündungsreaktionen bei entzündlichen Darmerkrankungen verstärken können. Das teilt die Universität Zürich mit.

Titandioxid ist ein weißes Pigment, das in Arzneimitteln, Kosmetika und Zahnpasta sowie zunehmend als Lebensmittelzusatzstoff E171 beispielsweise in Zuckerguss, Kaugummis oder Marshmallows verwendet wird.

Die Wissenschaftler konzentrierten sich bei ihren Untersuchungen auf einen Eiweißkomplex im Innern von Zellen: das NLRP3-Inflammasom (Gut 2017; 66: 1216-1224). Dieser Proteinkomplex ist Bestandteil des unspezifischen Immunsystems, der Gefahrensignale erkennt und in der Folge eine Entzündung auslöst, erinnert die Uni Zürich in der Mitteilung.

Wird das Inflammasom etwa durch Bakterienbestandteile aktiviert, spielt die Entzündungsreaktion eine wichtige Rolle bei der Abwehr der Infektionserreger. Ebenso kann NLRP3 durch kleine anorganische Partikel aktiviert werden – mitunter mit negativen Konsequenzen: Treten in den Zellen etwa Harnsäurekristalle auf, führt die Entzündung zu Gicht.

Zuerst untersuchte das Team den Effekt von anorganischen Titandioxid-Partikeln in Zellkulturen. Sie konnten zeigen, dass Titandioxid in menschliche Darmepithelzellen und Makrophagen eindringen und sich dort anreichern können, heißt es weiter. Die Nanopartikel seien vom Inflammasom als Gefahrensignal erkannt worden, was die Produktion von entzündungsfördernden Botenstoffen auslöste.

Aufnahme durch Ernährung möglich

Zudem wiesen Patienten mit Colitis ulcerosa, deren Darmbarriere gestört ist, erhöhte Konzentrationen von Titandioxid im Blut auf. "Das zeigt, dass diese Partikel unter bestimmten Krankheitsbedingungen aus der Nahrung aufgenommen werden können", wird Rogler in der Mitteilung zitiert.

In einem weiteren Schritt verabreichten die Forscher Mäusen, die als Krankheitsmodell für chronisch-entzündliche Darmkrankheiten dienen, Titandioxid-Nanopartikel oral.

Auch hier aktivierten die Partikel den NLRP3-Komplex, was bei den Mäusen zu einer stärkeren Darmentzündung und einer größeren Schädigung der Darmmukosa führte. Zudem reicherten sich Titandioxid-Kristalle in der Milz der Tiere an.

Ob sich diese Befunde bei Menschen bestätigen lassen, müssen nun weitere Untersuchungen zeigen. "Aufgrund unserer Ergebnisse", folgert Rogler, "sollten Patienten mit einer Störung der Darmbarriere, wie sie bei Darmentzündungen auftritt, auf Titandioxid-haltige Nahrungsmittel verzichten." (eb)

Jetzt abonnieren
Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Johnson & Johnson

Guselkumab auch bei CU

Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen

Erste Real-World-Daten bei Colitis ulcerosa und neue Langzeitdaten bei Morbus Crohn zu Upadacitinib

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: AbbVie Deutschland GmbH & Co. KG, Wiesbaden
Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Let‘s talk about...

Tabuthema Sex: Wie spricht man es in der Sprechstunde an?

Blutzuckervariabilität

Wie die Time Below Range das Diabetes-Management verbessert

Vor der Ferienzeit

Beratungsfall Reisemedizin: Worauf es im Patentengespräch ankommt

Lesetipps
Prophylaktische Maßnahmen sind der beste Weg, um Infektionen bei Krebspatientinnen und -patienten zu verhindern. Während und nach ihrer Chemotherapie sind sie dafür besonders anfällig. (Symbolbild)

© RFBSIP / stock.adobe.com

Vorbeugen ist besser als heilen

Wie die Infektionsprophylaxe bei Krebspatienten gelingt

Eine Frau liegt auf dem Sofa und hält sich den Bauch.

© dragana991 / Getty Images / iStock (Symbolbild mit Fotomodell)

Schmerzerkrankung

Endometriose-Leitlinie aktualisiert: Multimodale Therapie rückt in den Fokus