Gegen Hypertonie gibt’s noch viel zu tun

WIEN (HR). Die Kollegen in den Praxen neigen oft dazu, das Hypertonie-Risiko zu unterschätzen, und in der Bevölkerung wird Bluthochdruck auch noch viel zu wenig ernst genommen. Das ist das Ergebnis einer Art Metaanalyse von Umfragen, die gezielt bei Ärzten und Patienten oder auch einfach ungezielt in der Bevölkerung gemacht worden sind.

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Die Unterschätzung ist in Europa besonders ausgeprägt, wie Professor Massimo Volpe von der Universität in Rom und Kollegen mit der im vergangenen Jahr veröffentlichten Metaanalyse* gezeigt haben. Wobei die Unterschätzung bei den Ärzten oft darauf zurückzuführen ist, dass Leitlinien-Werte zu wenig bekannt sind oder zu wenig berücksichtigt werden. Einige Ergebnisse der Untersuchung hat Volpe beim europäischen Kardiologen-Kongress in Wien präsentiert.

Gewonnen wurden die Daten aus insgesamt 43 Umfrage-Berichten aus 23 Ländern, darunter auch einem Bericht aus Deutschland**, der auf den Antworten von mehr als 11 000 Ärzten beruht. Die von Volpe präsentierten Daten aus Deutschland sind nicht sehr erfreulich. Nur weniger als ein Viertel der befragten Allgemeinärzte, nur weniger als ein Drittel der Internisten und nur weniger als die Hälfte der Kardiologen hatten demnach adäquate Kenntnisse der Hypertonie-Leitlinien. Zwar sind diese Zahlen schon etwa sechs Jahre alt, aber als unerfreuliche Trends wurden sie dennoch gewertet.

Den wissenschaftlichen Erkenntnissen entspricht nach Volpe auch nicht die sehr starke Fixierung auf die Schlaganfall-Verhütung. Vor allen Patienten sehen darin das Ziel einer Blutdrucksenkung. Aber auch Ärzte neigen hier zu Unterschätzungen der Zusammenhänge und Dimensionen, wie Volpe mit einer Internet-Umfrage bei italienischen Kardiologen im ersten Halbjahr 2007 festgestellt hat.

"Was ist das wichtigste kardiovaskuläre Ereignis, das durch eine Blutdrucksenkung verhindert werden kann?", wurden die Kollegen gefragt. 50 Prozent nannten den Schlaganfall. Aber, so Volpe, das ist längst nicht alles, worum es geht. In neuen Hochdruckstudien sind die jährlichen Herzinsuffizienz-Ereignisse, gerechnet jeweils auf 1000 Patienten, mit 8,6 Prozent fast ebenso häufig wie die Schlaganfall-Ereignisse mit 9,2 Prozent. Und KHK-Ereignisse sind mit 11,9 Prozent sogar noch höher. Kurz: Blutdrucksenkung ist sehr viel mehr als nur Schlaganfall-Prävention.

*Veröffentlicht in "Current Medical Research and Opinion"

** Hagemeister et al., "Journal of Hypertension".



STICHWORT

Blutdruck-Grenzen

Als optimal wird ein Blutdruck von unter 120 zu 80 mmHg angesehen. Unter 130 zu 85 mmHg ist die Kategorie normal. Als hoch normal oder auch noch normal wird der Bereich 130 bis 139 zu 85 bis 89 mmHg angesehen. Bei der Therapie sollte der Blutdruck grundsätzlich unter 140 zu 90 mmHg gesenkt werden. Für alle Patienten mit hohem kardiovaskulärem Risiko sollte der Blutdruck auf unter 130 zu 80 mmHg gesenkt werden. Dies gilt für Patienten mit Schlaganfall, Herzinfarkt, Niereninsuffizienz oder Proteinurie. (eb)

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