Rheumatoide Arthritis

Herz-Kreislauf-Risiko von Anfang an im Blick behalten!

Bei RA-Patienten sind Herz-Kreislauf-Erkrankungen die wichtigste Todesursache. Die aktuellen Therapiealgorithmen zielen nicht zuletzt darauf ab, die Steroidexposition zu begrenzen.

Philipp Grätzel von GrätzVon Philipp Grätzel von Grätz Veröffentlicht:
Bei RA-Patienten liegt das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen um 77 Prozent höher als in der Normalbevölkerung.

Bei RA-Patienten liegt das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen um 77 Prozent höher als in der Normalbevölkerung.

© psdesign1 / fotolia.com

BERLIN. Patienten mit rheumatoider Arthritis (RA) sterben nicht an Rheuma, sondern an Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Ein Risikofaktor-Management ist Pflicht, genauso eine zügige Verringerung der Kortikosteroide.

"Traditionelle kardiovaskuläre Risikofaktoren sind bei der RA annähernd doppelt so häufig wie in einer adjustierten Normalpopulation", betonte Professor Klaus Krüger vom Praxiszentrum St. Bonifatius in München. Eine Auswertung der US-Medicare-Datenbank hat das einmal mehr illustriert. An arterieller Hypertonie bzw. Hyperlipidämie bzw. Diabetes litten 65,3 Prozent bzw. 53,0 Prozent bzw. 29,2 Prozent der RA-Patienten, gegenüber 37,0 Prozent bzw. 29,6 Prozent bzw. 18,9 Prozent des adjustierten Vergleichskollektivs (Arthritis Rheumatol 2016; 68 Suppl. 10, #128).

Screening auf Herz-Kreislauf-Risiken

Diese hohen Prävalenzen haben Folgen: Mit einem Anteil von 31,6 Prozent sind Herz-Kreislauf-Erkrankungen die wichtigste Todesursache bei RA (Arthritis Care Res 2016, 68:36-45). Dies entspreche einer Risikosteigerung von 77 Prozent gegenüber der Normalbevölkerung, so Krüger beim Praxis Update Allgemeinmedizin in Berlin. Die Rheumatologen haben das Screening auf kardiovaskuläre Risiken und deren konsequente Therapie daher als Positivempfehlung in die "Klug entscheiden"-Liste der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin aufgenommen.

Auch bestimmte medikamentöse RA-Therapien wirken sich auf das Risiko aus. Die nicht-steroidalen Antirheumatika fallen da jedem als erstes ein. Viel problematischer seien aber hohe Dosierungen von Glukokortikoiden, betonte Krüger. Umgekehrt ist auch eine chronisch erhöhte Krankheitsaktivität ein Risiko für Herz und Kreislauf, sodass sich die Frage nach der optimalen Therapie bei der RA nicht nur aus rheumatologischer, sondern auch aus kardiovaskulärer Perspektive stellt.

Die aktuellen Therapiealgorithmen zielen nicht zuletzt darauf ab, die Steroidexposition zu begrenzen: Mehr als 5 mg Prednisolonäquivalent pro Tag sollten nicht dauerhaft gegeben werden, auch das ist eine "Klug entscheiden"-Empfehlung. Krüger geht sogar noch weiter: "Wir sehen heute auch 5 mg nicht mehr als harmlos an. Da beginnen die Probleme schon. Jedes Milligramm weniger hilft." Erreichen lässt sich eine minimale Glukokortikoid-Exposition durch straffe Therapiesequenzen mit klar definierten Eskalationsstufen. Unisono empfohlen wird heute der Therapiebeginn mit 15 mg MTX pro Woche, möglichst parenteral. Je nach Krankheitsaktivität und Ansprechen werden außerdem 10-30 mg Prednisolon pro Tag eingesetzt. Zusätzlich intraartikuläre Kortikoide sind erlaubt.

Die systemische Prednisolon-Therapie sollte innerhalb von acht Wochen auf 5 mg pro Tag reduziert und dann weiter ausgeschlichen werden, so Krüger. Bei optimalem Einsatz dieser Startkombination sind laut COBRA-Studie 70 Prozent der Patienten nach 16 Wochen in Remission, und fast alle dieser Patienten nach einem Jahr prednisolonfrei (Ann Rheum Dis 2017; 76: 511-520).

Renaissance des Chloroquin?

Kommt es nach zwölf Wochen nicht zu einer deutlichen Besserung bzw. nach 24 Wochen nicht zu einer Remission, wird die Therapie eskaliert, auch um hohe Glukokortikoid-Dosen zu vermeiden. Patienten mit hoher Entzündungsaktivität, seropositive Patienten, Patienten mit Hinweisen auf strukturelle Schäden in Ultraschall oder MRT und Patienten, die sehr schlecht auf die Starttherapie angesprochen haben, sollten an dieser Stelle bereits Biologika erhalten, so Krüger. Bei Patienten mit moderater Krankheitsaktivität könne auch Sulfasalazin oder Hydrochloroquin hinzugegeben werden.

Chloroquin erlebe ohnehin gerade eine gewisse Renaissance, so Krüger. Und das hängt einmal mehr mit kardiovaskulären Erkrankungen zusammen. So mehren sich die Hinweise, dass Chloroquin das kardiovaskuläre Risiko von RA-Patienten reduzieren könnte. In einer aktuellen retrospektiven Analyse war es mit einem um 72 Prozent niedrigerem Herz-Kreislauf-Risiko und einem um 70 Prozent niedrigerem Risiko für neu aufgetretene KHK, Schlaganfall oder TIA assoziiert (JAHA 2016; 5: e002867). "Wir sind schon fast so weit, dass wir Chloroquin vor allem bei hohem kardiovaskulärem Risiko als Teil einer Kombinationstherapie empfehlen", so Krüger.

Seminartermine 2017

Das aktuelle Gesamtprogramm ist abrufbar unter: med-update.com/gesamtprogramm/

Schlagworte:
Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Nicht-medikamentöse Behandlung

Sport bei Kniegelenksarthrose? Move it or loose it!

Kniegelenk

Neue Gonarthrose-Leitlinie setzt mehr auf Eigeninitiative

Das könnte Sie auch interessieren
Innovationsforum für privatärztliche Medizin

© Tag der privatmedizin

Tag der Privatmedizin 2025

Innovationsforum für privatärztliche Medizin

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer und Vizepräsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, hofft, dass das BMG mit der Prüfung des Kompromisses zur GOÄneu im Herbst durch ist (Archivbild).

© picture alliance / Jörg Carstensen | Joerg Carstensen

Novelle der Gebührenordnung für Ärzte

BÄK-Präsident Reinhardt: Die GOÄneu könnte 2027 kommen

Die Chancen der Vitamin-C-Hochdosis-Therapie nutzen

© Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH

Vitamin-C-Therapie

Die Chancen der Vitamin-C-Hochdosis-Therapie nutzen

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Medizinischer Infusions-Tropf mit buntem Hintergrund

© Trsakaoe / stock.adobe.com

Hochdosis-Therapie

Vitamin C bei Infektionen und Long-COVID

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Maximale Vitamin-C-Blutspiegel nach oraler (blau) und parenteraler (orange) Tagesdosis-Gabe.

© Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH

Vitamin-C-Infusion

Parenterale Gabe erzielt hohe Plasmakonzentrationen an Vitamin C

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Kommentare
Sonderberichte zum Thema
CRP-Wert-unabhängig therapieren mit Ixekizumab

© Sebastian Kaulitzki / stock.adobe.com

Axiale Spondyloarthritis (axSpA)

CRP-Wert-unabhängig therapieren mit Ixekizumab

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Lilly Deutschland GmbH, Bad Homburg v. d. H.
Abb. 1: Anteil der PMR-Patientinnen und -Patienten mit anhaltender Remission (primärer Endpunkt)

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [3]

Erstes steroidsparendes Biologikum bei Polymyalgia rheumatica

Sarilumab schließt eine therapeutische Lücke

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Sanofi-Aventis Deutschland GmbH, Frankfurt a. M.
Abb. 1: Veränderung der Krankheitsaktivität, gemessen mittels Simple Disease Activity Index (SDAI) zwischen Baseline und Woche 16

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [3]

Ernährung bei rheumatoider Arthritis

Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke soll Nährstofflücken schließen

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Dr. Schär Deutschland GmbH, Ebsdorfergrund
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Alter für Indikationsimpfung herabgesetzt

STIKO ändert Empfehlung zur Herpes zoster-Impfung

Lesetipps
Mammografie-Screening bei einer Patientin

© pixelfit / Getty Images / iStock

Prävention

Mammografie-Screening: Das sind Hindernisse und Motivatoren

Patient mit Hypoglykämie, der seinen Blutzuckerspiegel mit einem kontinuierlichen Blutzuckermesssensor und einer Smartphone-App überwacht.

© martenaba / stock.adobe.com

Trotz Schulung

Die wenigsten Diabetes-Patienten reagieren adäquat auf Hypoglykämie