Erste Lebensjahre

Höheres Infektionsrisiko für Kaiserschnitt-Kinder

Kinder, die per Sectio zur Welt kommen, haben ein höheres Risiko für stationär behandlungspflichtige Infektionen. Dabei ist offenbar nur wenig relevant, ob der Kaiserschnitt elektiv oder notfallmäßig erfolgt ist.

Dr. Robert BublakVon Dr. Robert Bublak Veröffentlicht:
Per Sectio wurden im Jahr 2018 in Deutschland 29 Prozent der Kinder zur Welt gebracht.

Per Sectio wurden im Jahr 2018 in Deutschland 29 Prozent der Kinder zur Welt gebracht.

© Media for Medical / picture alliance

Das Wichtigste in Kürze

  • Frage: Wie wirkt sich eine Geburt per Kaiserschnitt auf das Infektionsrisiko in den ersten fünf Lebensjahren aus?
  • Antwort: Verglichen mit vaginal zur Welt gebrachten Kindern haben Sectiokinder ein etwa 10 Prozent höheres Risiko, wegen einer Infektion stationär behandelt werden zu müssen.
  • Bedeutung: Sollte sich der Zusammenhang zwischen Sectio und Infektionen der Kinder als ursächlich erweisen, könnte dies dazu beitragen, die Häufigkeit elektiver Kaiserschnitte zu senken.
  • Einschränkung: Die Studie selbst kann methodisch bedingt keinen Kausalzusammenhang nachweisen, zudem waren Daten zu Einflussfaktoren in der Postnatalphase nicht erfasst.

Melbourne. In vielen Ländern ist die Rate an Kaiserschnittgeburten in den vergangenen Jahren stetig gestiegen. Der Anteil an allen Geburten liegt teils weit über den 2015 von der Weltgesundheitsorganisation als Maximum genannten 10 Prozent.

Höhere Raten gehen laut WHO nicht mit einer Reduktion der Mütter- und Neugeborenensterblichkeit einher. Sectiones würden nur Leben retten, wenn sie aus medizinischen Gründen indiziert seien.

Das bestätigt auch die deutsche S3-Leitlinie zur Sectio, nennt allerdings eine Grenze von 15 Prozent: Es dürfe als gesicherte Erkenntnis gelten, dass ein höherer Anteil keinen günstigen Einfluss auf Morbidität und Mortalität bei Mutter und Kind habe. Höhere Raten müssten daher gut medizinisch begründet sein.

Zahlen des Statistischen Bundesamts von 2018 (letztverfügbarer Stand) weisen für Deutschland übrigens eine Sectiorate von 29 Prozent aus. Im Vergleich mit dem Jahr 1991 bedeutet das einen Zuwachs von knapp 90 Prozent.

Höheres Risiko für Infektionen

Australische Mediziner haben nun untersucht, wie sich die Art der Geburt auf das Infektionsrisiko der Kinder auswirkt – und zwar nicht nur in der Neonatalperiode, sondern bis zum fünften Lebensjahr (PLoS Med 2020; online 19. November).

Dr. Jessica Miller von der Universität in Melbourne und ihre Mitarbeiter führten dafür Daten von mehr als sieben Millionen Geburten in den Jahren 2001 bis 2010 aus dänischen, schottischen, englischen und australischen populationsbasierten Registern zusammen.

23 Prozent der Geburten waren per Kaiserschnitt erfolgt, davon wiederum 43 Prozent elektiv und 57 Prozent unter Notfallindikation. Weitere Daten zum postnatalen Verlauf lagen jedoch nicht vor.

Insgesamt musste rund jedes fünfte Kind während seiner ersten fünf Lebensjahre wegen einer Infektion im Krankenhaus behandelt werden. Das Risiko von Sectiokindern war im Vergleich 10 Prozent höher als jenes von Kindern nach vaginaler Geburt. Für elektive Sectiones betrug die Risikosteigerung 13 Prozent, für Notfalleingriffe 9 Prozent. Die Erhöhung blieb über die gesamten fünf Jahre erhalten.

Kaiserschnittrate reduzieren?

Die Infektionsdiagnosen betrafen vor allem den Respirations- und Gastrointestinaltrakt. Am häufigsten handelte es sich um virale Infekte. Die Verhältnisse blieben weitgehend erhalten, wenn der Nachwuchs von Müttern mit geringem obstetrischem Risiko gesondert betrachtet wurde.

„Die gefundenen Assoziationen spiegeln möglicherweise Unterschiede in der frühen Exposition gegenüber Mikroben je nach Art der Entbindung“, spekulieren Miller und Kollegen. Beweisen kann das die Studie aber nicht.

Sollte sich der Verdacht in Studien bestätigen, die sich mit den Ursachen der Differenzen beschäftigen, könnte dies nach Meinung der Forscher jedoch Bestrebungen zur Reduktion der Kaiserschnittrate Auftrieb geben.

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