STIKO-Vorsitzender Professor Thomas Mertens

"Influenza-Impfung ist unverzichtbar"

Fester Bestandteil der Prävention schwerer Atemwegsinfekte sind die Impfungen gegen Influenza und Pneumokokken. An einem universellen Influenza-Impfstoff wird intensiv geforscht.

Von Michael Hubert Veröffentlicht:

MÜNCHEN. Eine ganze Batterie von Viren verursacht Erkrankungen des Respirationstrakts. Dazu zählen Influenza-Viren, das RSV(Respiratorische Synzytial-Virus), Adeno- oder Rhinoviren, erinnerte Professor Thomas Mertens vom Uniklinikum Ulm. Von den Rhinoviren gebe es über 100 Serotypen, deren Antikörper nicht miteinander kreuzreagieren.

Impfungen mit hohem Stellenwert

Adenoviren wiederum führten auch zu Tonsillitis und Pharyngitis, sagte der Virologe, der auch Vorsitzender der Ständigen Impfkommission (STIKO) ist. Adenoviren seien zudem nicht saisonal verbreitet, im Gegensatz zu Influenza-, Parainfluenza-Viren und RSV. "Erreger von Infekten der oberen Atemwege sind meist Viren", erinnerte Mertens beim Round-Table "Atemwegsinfekte: vorbeugen, diagnostizieren, evidenzbasiert therapieren".

Impfungen gegen virale und bakterielle Atemwegsinfektionen, also gegen Influenza und Pneumokokken, haben für Mertens einen hohen Stellenwert in der Prävention. Leider liege die Effektivität der Influenza-Impfung bei alten Menschen nur bei 20 bis 25 Prozent. "Das ist trotzdem das Beste, was wir gegen Influenza in der Hand haben", begründete der Virologe, warum er die Impfung für unverzichtbar hält.

Die Impfung trägt dazu bei, die Zahl der Influenza-bedingten Todesfälle zu reduzieren. Entsprechend der aktuellen Impfempfehlung sollen alle Menschen ab 60 Jahre die saisonale Influenza-Impfung erhalten.

Ein weiterer Grund, warum die Schutzwirkung mitunter geringer ausfällt: Die Viren in der Vakzine stimmen nicht immer 100-prozentig mit den tatsächlich zirkulierenden Viren überein. Zum Beispiel waren in der Saison 2016 / 2017 94 Prozent der Grippeviren vom Typ H3N2, der im Impfstoff enthalten war. Sechs Prozent waren Viren vom B-Typ, davon die Hälfte von einem Stamm, der nicht im Impfstoff enthalten war. Die Lösung für dieses Problem wäre ein Universalimpfstoff gegen Influenza: "Die Forschung an einem universellen Influenza-Impfstoff ist intensiv im Gange", so Mertens bei der von Bionorica SE unterstützten Veranstaltung in München.

Der ideale Impfstoff wäre wohl ein Lebendimpfstoff, der einen langfristigen Schutz vermitteln könnte. Der Virologe geht nicht davon aus, dass eine solche Vakzine in den nächsten fünf bis zehn Jahren auf den Markt kommt.

Studien zur Pneumokokken-Impfung

Zur Pneumokokken-Impfung zitierte Mertens zwei Studien mit älteren Patienten. So hätte eine Analyse der gepoolten Daten aus vier Studien ergeben, dass die Pneumokokken- Polysaccharid-Vakzine (PPV) eine Wirksamkeit von 73 Prozent gegen invasive Pneumokokken-Erkrankungen durch beliebige Serotypen habe. In einer anderen Studie mit der Pneumokokken-Konjugat-Vakzine (PCV) lag die Wirksamkeit bei 49 Prozent insgesamt, gegen die enthaltenen 13 Serotypen bei 76 Prozent – wiederum auf invasive Erkrankungen bezogen.

Was sagen Ärzte zum Thema Prävention und Therapie von Atemwegsinfekten, zur Hygiene sowie zum Mikrobiom? Springer Medizin sprach mit Allgemeinmedizinern, HNO-Ärzten, Mikrobiologen und Mitgliedern der Impfkommission. Hier die Interviews: http://bit.ly/2v1LIYb

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