Ist Interleukin-8 neuer Marker für COPD?

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STOCKHOLM (grue). In der Pathogenese der COPD ist das Enzym HDAC (Histon-Deacetylase 2) offenbar eine Schlüsselsubstanz. Eine niedrige HDAC-Aktivität fördert die Produktion von Entzündungsmediatoren wie Interleukin-8 und unterstützt somit die Chronifizierung der Erkrankung.

Ein Patient mit COPD schildert seine Symptome.

Ein Patient mit COPD schildert seine Symptome.

© Foto: Klaro

Die COPD ist eine durch exogene Schadstoffe ausgelöste persistierende Entzündung, die sich nach heutigem Verständnis nicht nur auf die Atemwege beschränkt. Bei der Pathogenese der Erkrankung ist der oxidative Stress offenbar ein wichtiger Faktor.

Oxidativer Stress kurbelt die Expression inflammatorischer Gene an. "Biomarker wie H2O2 oder Isoprostane zeigen den oxidativen Stress im Atemkondensat an und sind bei COPD erhöht", erläuterte Professor Peter Barnes aus London bei einem Kongress in Stockholm. Indirekt lasse sich die pathogenetische Bedeutung des oxidativen Stresses auch daran ablesen, dass inhalative Steroide bei Patienten mit stabiler COPD schlechter wirken als bei Asthma - gegen die COPD-spezifische Form der Entzündung können sie wenig ausrichten.

Messung von Enzymaktivität im Sputum

Um die Besonderheiten bei COPD besser zu erfassen, werden neuerdings verschiedene Mediatoren entweder im Sputum, in der Atemluft oder im Atemkondensat gemessen. Solange COPD-Patienten weiterhin rauchen, ist die Interpretation der Ergebnisse allerdings schwierig, sagte Barnes.

Das gilt auch für das Enzym Histon-Deacetylase 2 (HDAC), das an der Regulation proinflammatorischer Enzyme beteiligt ist. HDAC wirkt normalerweise Entzündungen entgegen.

Die Arbeitsgruppe um Barnes hat zusammen mit griechischen Wissenschaftlern die HDAC-Aktivität im Sputum von Nichtrauchern mit der von Rauchern und COPD-Patienten verglichen. Das Ergebnis: Raucher und COPD-Patienten hatten eine signifikant niedrigere HDAC-Aktivität. Zu einer verringerten HDAC-Aktivität kommt es, wenn oxidativer oder Nitrat-induzierter Stress dauernd auf die Zellen einwirkt, wie das bei Rauchern und Patienten mit COPD der Fall ist. Auch in den Makrophagen dieser Probanden wurde vergleichsweise wenig HDAC gefunden.

Barnes vermutet, dass die niedrige Enzymaktivität die Produktion von Interleukin-8 (IL-8) und anderen Entzündungsmediatoren anstößt und so die Chronifizierung der Erkrankung unterstützt. Tatsächlich war die IL-8-Konzentration in der von Barnes zitierten Studie erhöht - und zwar nur im Sputumüberstand von COPDPatienten.

Niedrig dosiertes Theophyllin senkt IL-8-Spiegel

Der IL-8-Spiegel eignet sich demnach für die bislang schwierige laborchemische Unterscheidung von Rauchern und COPD-Kranken. "Außerdem impliziert das mögliche therapeutische Konsequenzen", so Barnes. So sei zum Beispiel nachgewiesen worden, dass niedrig dosiertes Theophyllin den IL-8-Spiegel im induzierten Sputum nach vier Wochen deutlich senkt. Auch die Konzentration der neutrophilen Granulozyten sei unter der Therapie rückläufig, so der Pneumologe.

In Zukunft könnte die Bestimmung von Biomarkern einen stärkeren Einfluss auf die Therapiewahl haben. Das setze aber voraus, dass solche Parameter leichter als bisher zu messen sind. Barnes geht davon aus, dass für die Untersuchung demnächst Minichips zur Verfügung stehen werden, die per Massenspektrometrie gleich mehrere Biomarker in der exhalierten Atemluft nachweisen können.

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