Stimmbandparese

Jedes vierte CT-Bild zeigt Zufallsbefund

Ob Patienten mit Stimmbandparese zum CT geschickt werden sollen, gilt es sorgfältig abzuwägen. Denn der diagnostische Ertrag ist relativ gering - die Quote an Zufallsbefunden hingegen vergleichsweise hoch.

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BOSTON. In der Diagnostik von Paralysen der Stimmbänder hat die CT ihren sicheren Platz. Ihr diagnostischer Ertrag liegt hier laut Literaturangaben zwischen 35 und 62 Prozent, wobei häufig - nämlich in 13 bis 33 Prozent der Fälle - Malignome als Ursache zu identifizieren sind.

Unklar ist aber, welchen Part die CT in der Abklärung idiopathischer einseitiger Stimmbandparesen einnimmt - in der Diagnostik unvollständiger Lähmungen also, für die sich weder anamnestisch noch in der klinischen Untersuchung ein Auslöser finden lässt.

174 Fälle betrachtet

Eine Arbeitsgruppe von Laryngologen der Harvard Medical School in Boston hat sich 174 solcher Fälle retrospektiv angesehen (Otolaryngology - Head and Neck Surgery 2015; 153 (3): 414-419). Die Patienten durchliefen eine kontrastverstärkte CT von der Schädelbasis bis zum Mediastinum.

Bei fünf Patienten (2,9 Prozent) konnte mithilfe der CT die Ursache für die unilaterale Stimmbandparese ermittelt werden: Es handelte sich in einem Fall um einen benignen und in vier Fällen um einen malignen Tumor. Zufallsbefunde waren fast zehnmal häufiger: 48 Patienten (27,6 Prozent) wiesen Veränderungen auf, die nicht mit der Parese zusammenhingen, aber weiter beobachtet, abgeklärt oder behandelt werden mussten.

Die meisten Befunde waren in der Lunge und der Schilddrüse lokalisiert, darunter Knoten, Zysten, Granulome und Lymphadenopathien.

Doch obwohl insgesamt klärungsbedürftig, erwies sich nur eine der zufällig gefundenen Veränderungen bis zum Ende des knapp dreijährigen Nachbeobachtungszeitraums als klinisch relevant; sie betraf einen Patienten, bei dem die CT per Zufall und zu seinem Glück einen Schilddrüsenkrebs aufgedeckt hatte, der durch eine totale Thyreoidektomie erfolgreich behandelt werden konnte.

Bösartige Tumoren häufig

Einerseits lässt sich nun argumentieren, der routinemäßige CT-Einsatz bei idiopathischer einseitiger Stimmbandparese sei durchaus angebracht. Immerhin fördert er laut den Studienergebnissen bei drei von 100 Patienten die Ursache zutage, bei der es sich auch noch in vier von fünf Fällen um bösartige Tumoren handelte.

Andererseits besteht ein nicht unerhebliches Risiko für Zufallsentdeckungen, denen weiter nachgegangen werden muss, ohne dass die Patienten daraus einen Nutzen ziehen könnten.

Die Autoren sprechen sich daher für ein angepasstes Vorgehen aus. Finden sich bei einseitiger Stimmbandparese weitere Beschwerden oder klinische Befunde, sollten sie bildgebend und labormedizinisch untersucht werden.

Bei klinisch betrachtet idiopathischer Parese sollte man den Patienten eine informierte Entscheidung ermöglichen, sich wiederholt videostroboskopisch nachuntersuchen oder eine CT vornehmen zu lassen. Im letzteren Fall ist mit den Patienten der mögliche diagnostische Ertrag gegen das Risiko inzidenteller Befunde abzuwägen. (rb)

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