Deutscher Herzbericht

KHK ist häufigste Ursache für plötzlichen Herztod – auch bei unter 50-Jährigen

Die KHK-Sterblichkeit ist rückläufig, wie der neue Herzbericht zeigt. Das sollte laut Kardiologen aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Todeszahlen noch immer erschreckend hoch sind – das ist auch deshalb wichtig, weil die KHK die häufigste Ursache für Herzinsuffizienz und plötzlichen Herztod ist.

Von Veronika Schlimpert Veröffentlicht:
In Deutschland hat die Sterblichkeit bei Herzinfarkten deutlich abgenommen. Für Kardiologen sind die Todeszahlen dennoch weiterhin „erschreckend hoch“.

In Deutschland hat die Sterblichkeit bei Herzinfarkten deutlich abgenommen. Für Kardiologen sind die Todeszahlen dennoch weiterhin „erschreckend hoch“.

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Frankfurt/Main. „Die Richtung stimmt“, so interpretiert Professor Thomas Voigtländer, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Deutschen Herzstiftung, die Zahlen des Deutschen Herzberichtes. Die aktuelle Statistik, die sich auf das Jahr 2019 bezieht, bestätigt einen sich fortsetzenden Trend bei der Sterblichkeit chronischer ischämischer Herzerkrankungen, beim Herzinfarkt und der Herzinsuffizienz.

Besonders bei der Herzinsuffizienz, aber auch bei den ischämischen Erkrankungen habe die Mortalität zwischen 2017 und 2019 deutlich abgenommen, verkündete Voigtländer bei der Vorstellung des neuesten Herzberichts. So war bei der Herzinsuffizienz in diesen zwei Jahren ein Rückgang von 12,0 Prozent zu verzeichnen, bei den ischämischen Herzerkrankungen von 9,1 Prozent. Und an einem Herzinfarkt sind 5,7 Prozent weniger Menschen verstorben.

Trotz dieses positiven Trends gebe es einen Wermutstropfen, weil die Todeszahlen weiterhin erschreckend hoch seien, relativierte der Kardiologe die neuen Zahlen. Seiner Ansicht nach müssten deshalb alle Möglichkeiten von früher Diagnostik, Therapieoptionen und vor allem der Prävention genutzt werden, damit in Zukunft weniger Menschen an diesen Erkrankungen sterben.

KHK dominierendes Krankheitsbild bei unter 50-Jährigen

Wie Voigtländer erläuterte, kann gerade durch Prävention einer koronaren Herzerkrankung viel erreicht werden. Denn neben Hypertonie ist die KHK die häufigste Ursache für die Entstehung einer Herzinsuffizienz. In Anbetracht der aktuellen Berichte machte der Kardiologe deutlich, dass die KHK auch bei Weitem die häufigste Ursache des plötzlichen Herztodes darstellt. „In 80 Prozent der Fälle liegt eine KHK vor“, betonte er. Und selbst bei den unter 50-Jährigen sei die KHK das dominierende Krankheitsbild.

Einen wesentlichen Anteil an der seit Jahren rückläufigen Sterblichkeit haben Voigtländer zufolge die Chest Pain Units (CPU), die inzwischen deutschlandweit etabliert sind.

Der aktuelle Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK), Professor Stephan Baldus, hob zudem die Fortschritte bei den Behandlungsmöglichkeiten von Herzinsuffizienz und Herzrhythmusstörungen hervor. Die in den letzten Jahrzehnten neu eingeführten pharmakologischen Therapieoptionen haben seiner Ansicht nach das Sterberisiko für Patienten mit einer Herzinsuffizienz immer weiter gesenkt.

Doch auch für Baldus gibt es nicht nur positive Nachrichten. So haben die Diagnosestellungen und Klinikaufenthalte wegen einer Herzinsuffizienz zwischen 2018 und 2019 zugenommen, die Hospitalisationsrate um 4,8 Prozent. „Wir haben es nicht erreicht, die Patienten vor dieser Erkrankung zu schützen“, gab Baldus zu bedenken.

Auch die Sterblichkeit durch Herzrhythmusstörungen ist 2019 zurückgegangen, wenngleich laut Baldus nicht so stark wie bei der Herzinsuffizienz. Einen deutlichen Zuwachs gibt es bei den durchgeführten Katheterablationen: ein Plus von 40 Prozent zwischen 2014 und 2019.

Interventionelle Verfahren immer häufiger eingesetzt

Interventionelle Verfahren werden nicht nur bei Rhythmusstörungen, sondern auch in anderen Bereichen der Herzmedizin immer häufiger eingesetzt, unter anderem bei der Behandlung von Herzfehlern. Früher habe man Katheterverfahren bei diesen Patienten rein zu diagnostischen Zwecken eingesetzt, erläuterte Professor Nikolaus Haas. Heute machen sie rund 70 Prozent aller Eingriffe bei Patienten mit angeborenen Herzfehlern aus, und zwar überwiegend zur therapeutischen Intervention.

Erfreulich ist laut Haas die „extrem niedrige Morbidität und Mortalität herzkranker Kinder“ in Deutschland. 2019 seien nur 601 Kinder mit einem angeborenen Herzfehler gestorben, berichtete der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Kardiologie und angeborene Herzfehler (DGPK), wobei kardiovaskulär bedingte Todesfälle 25 Prozent aller Sterbefälle im Kindesalter ausmachen.

Haas sieht die exzellenten Ergebnisse in diesem Bereich allerdings akut gefährdet: durch die Abschaffung des Berufsbildes der Kinderkrankenpflege, wodurch der bereits bestehende „erhebliche“ Mangel an Kinderintensivpflegeplätzen weiter zunehme. Operationen von komplexen Fällen müssten deshalb verschoben werden, verdeutlicht der Kinderkardiologe die Folgen. Die einzelnen Abteilungen würden in finanzielle Schwierigkeiten geraten, weil die Quoten nicht eingehalten werden könnten. „Leider gibt es von unserer Seite aus kein erkennbares politisches Interesse an der Kindermedizin“, bemängelte Haas.

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