Per IR-Imaging

Künstliche Intelligenz klassifiziert Darmkrebs

Bochumer Forscher haben ein neues, KI-gestütztes Verfahren entwickelt, um den Mikrosatellitenstatus von Krebszellen zu erkennen. Die Diagnostik dauert so statt einen ganzen Tag nur eine halbe Stunde.

Veröffentlicht:
Krebszelle: Auch in der Diagnostik von Tumoren gewinnt künstliche Intelligenz an Bedeutung.

Krebszelle: Auch in der Diagnostik von Tumoren gewinnt künstliche Intelligenz an Bedeutung.

© Juan Gärtner / stock.adobe.com

Bochum. Ein neues Diagnoseverfahren für Darmkrebszellen haben Wissenschaftler der Ruhr-Universität Bochum (RUB) entwickelt. Die Forscher um Professor Anke Reinacher-Schick, Leiterin der Abteilung für Hämatologie und Onkologie des RUB-Klinikums St. Josef-Hospital setzten auf Quanten-Kaskaden-Lasern basierte Infrarot (IR)-Mikroskope ein und ließen die Gewebeproben mithilfe von künstlicher Intelligenz (KI) analysieren (Scientific Reports 2020; online 23. Juni).

Die KI konnte verschiedene Tumortypen mit großer Treffsicherheit unterscheiden, heißt es in einer Mitteilung zur Veröffentlichung der Studie.

Wie bekannt, unterscheidet man bei Dickdarm- und anderen Krebserkrankungen zwischen mikrosatellitenstabilen (MSS) und mikrosatelliteninstabilen (MSI) Tumoren. Mikrosatelliten sind ja meist funktionslose, kurze DNA-Sequenzen, die sich häufig wiederholen. Patienten mit MSI-Tumoren haben eine deutlich höhere Überlebensrate.

Bisher erfolgt die differenzielle Diagnose durch immunhistochemische Färbungen von Gewebeproben mit anschließender aufwendiger Genanalyse.

Diagnose in einer halben Stunde statt an einem Tag

Das IR-Imaging-Verfahren erkenne Krebsgewebe ohne vorherige Färbung oder andere Markierungen und funktioniere daher auch automatisiert mithilfe künstlicher Intelligenz. Im Gegensatz zur herkömmlichen differenziellen Diagnose des Mikrosatellitenstatus, die etwa einen Tag dauere, benötige das neue Verfahren dafür nur etwa eine halbe Stunde.

Die entscheidende Verbesserung des Verfahrens liege darin, dass es auf die Erkennung einer molekularen Veränderung des Gewebes erweitert worden sei. Zuvor waren nur morphologische Visualisierungen des Gewebes möglich, heißt es in der Mitteilung.

Die Forscher der RUB führten eine Machbarkeitsstudie mit 100 Patienten durch. Sie zeige eine Sensitivität von 100 Prozent und eine Spezifität von 93 Prozent: Alle MSI-Tumoren seien mit dem neuen Verfahren korrekt klassifiziert worden. Nur wenige seien fälschlich als MSI-Tumoren erkannt worden.

Weitere Studie zur Validierung

Nun starte eine erweiterte klinische Studie, die an Proben aus der Colopredict-Plus-2.0-Registerstudie durchgeführt werde. Die Registerstudie erlaube die Validierung der Ergebnisse der veröffentlichten Arbeit.

„Interessant ist die Methodik auch, weil sehr wenig Probenmaterial verbraucht wird, was in der heutigen Diagnostik mit immer mehr anwendbaren Techniken ein entscheidender Vorteil sein kann“, wird Professor Andrea Tannapfel, Leiterin des Instituts für Pathologie der RUB, in der Mitteilung zitiert.

Künftig solle das Verfahren in den klinischen Workflow eingebracht werden, um herauszufinden, wie groß sein Potenzial für die Präzisionsonkologie ist. (eb)

Jetzt abonnieren
Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Phase-III-Studie CHALLENGE

Aerobes Training verlängert Leben bei Darmkrebs

Das könnte Sie auch interessieren
Wie patientenzentriert ist unser Gesundheitssystem?

© Janssen-Cilag GmbH

Video

Wie patientenzentriert ist unser Gesundheitssystem?

Kooperation | In Kooperation mit: Janssen-Cilag GmbH
Höhen- oder Sturzflug?

© oatawa / stock.adobe.com

Zukunft Gesundheitswesen

Höhen- oder Sturzflug?

Kooperation | In Kooperation mit: Janssen-Cilag GmbH
Patientenzentrierte Versorgung dank ePA & Co?

© MQ-Illustrations / stock.adobe.com

Digitalisierung

Patientenzentrierte Versorgung dank ePA & Co?

Kooperation | In Kooperation mit: Janssen-Cilag GmbH
Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Abb. 1: Behandlungsalgorithmus der aktualisierten S3-Leitlinie für das SCLC im Stadium T3−4 und/oder N2−3, M0 („Limited Disease“, LD)

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [1]

Kleinzelliges Lungenkarzinom im Stadium Limited Disease (LD-SCLC)

Neuer Standard: Durvalumab beim LD-SCLC in S3-Leitlinie empfohlen

Sonderbericht | Beauftragt und finanziert durch: AstraZeneca GmbH, Hamburg
Multimodaler Ansatz zur Regeneration der Darmbarriere

© Steffen Kögler / stock.adobe.com

Reizdarmsyndrom und Nahrungsmittelunverträglichkeiten

Multimodaler Ansatz zur Regeneration der Darmbarriere

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: MEDICE Arzneimittel Pütter GmbH & Co. KG, Iserlohn
Abb. 1: LUMINANCE-Studie: Gesamtüberleben (OS) unter Behandlung mit EP (Etoposid + Platin) plus Durvalumab

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [4]

Kleinzelliges Lungenkarzinom

ED-SCLC: Real-World ähnliche Studie unterstreicht Effektivität von Durvalumab

Sonderbericht | Beauftragt und finanziert durch: AstraZeneca GmbH, Hamburg
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Sie fragen – Experten antworten

Perianale Herpesinfektion: Bietet sich da eine Impfung an?

Lesetipps
Kommunikationsexperte Sven Blumenrath

© Michaela Schneider

Gegen unerwartete Gesprächssituationen gewappnet

Tipps für MFA: Schlagfertigkeit im Praxisalltag