HINTERGRUND

Mit Bakterien und Chrysanthemen-Stoffen gegen Malaria

Von Ulrike Koltermann Veröffentlicht:

Im Kampf gegen Malaria, die Krankheit, an der in Afrika am meisten Menschen sterben, erhält die biologische Mückenbekämpfung eine immer größere Bedeutung. Uganda will künftig Bakterien einsetzen, um die im Wasser schwimmenden Anopheles-Larven zu töten. "Das ist ein hervorragendes Mittel, weil es umweltfreundlich ist", sagt Dr. Christian Borgemeister, Direktor des Insektenforschungsinstituts ICIPE in Nairobi. Der Kampf gegen Malaria könne nicht allein mit Moskitonetzen und Medikamenten gewonnen werden. In Europa und Nordamerika sei Malaria auch vor allem deswegen ausgerottet worden, weil man die Mücken bekämpft habe, die den Erreger übertragen.

Zur Mückenbekämpfung wird jetzt wieder DDT empfohlen

Vor einigen Wochen hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) für Schlagzeilen gesorgt, weil sie nach jahrelangem Widerstand das Versprühen von DDT zur Mückenbekämpfung wieder empfohlen hat. Das Insektenschutzmittel ist in der Landwirtschaft verboten, weil es für Menschen schädlich sein kann, wenn es in die Lebensmittelkette gerät. Lobbygruppen haben sich jedoch seit Jahren dafür eingesetzt, daß DDT in Innenräumen gesprüht werden darf, weil die Mengen so gering sind, daß es ihrer Ansicht nach so gut wie kein Risiko für den Menschen gibt. Für Mücken hingegen endet jeder Landeversuch auf einer besprühten Wand tödlich.

DDT ist nicht das preiswerte Zaubermittel

Die einen feiern das grüne Licht für den DDT-Einsatz als Erfolg, andere halten die ganze Diskussion für überflüssig. "Es gibt längst bessere Mittel, um Innenräume zu besprühen", meint Borgemeister. DDT sei auch nicht das preiswerte Zaubermittel, als das seine Befürworter es manchmal darstellten. Auch in Ländern wie Äthiopien, die DDT ungeachtet des Verbots weiter verwendet haben, habe es keinen Durchbruch im Kampf gegen Malaria gegeben.

Das Insektenforschungsinstitut ICIPE wirbt für den Einsatz des biologischen Insektizids Pyrethrum, das aus Chrysanthemen gewonnen wird. Das ist umweltverträglich, aber auch wesentlich teurer als DDT. Jedoch gibt es beim Einsatz von DDT versteckte Kosten. Es muß zum Beispiel sichergestellt werden, daß das Insektengift nur von Profis in den Innenräumen versprüht wird und nicht doch in die Hände von Bauern gelangt, die es auf ihren Feldern einsetzen.

Der Zigarettenkonzern British American Tobacco, der in Uganda Tabak kauft, hat gemeinsam mit anderen landwirtschaftlichen Unternehmen vor dem DDT-Einsatz in Uganda gewarnt. "Wir sind nicht grundsätzlich dagegen, aber wir sind besorgt, daß Spuren davon in Exportprodukte gelangen könnten", sagte BAT-Sprecherin Catherine Armstrong. Kleinbauern lagerten ihre Ernte häufig in Räumen, die zeitweise auch zum Wohnen genutzt werden. Eine Gefahr bestehe auch darin, daß Putzwasser aus dem Wohnhaus auf die Felder gekippt werde.

"Wenn auch nur die geringsten Spuren von DDT in Exportware gefunden werden, muß die gesamte Lieferung vernichtet werden", sagt Armstrong. Uganda hat durch den Export von Kaffee, Tee, Tabak und anderen landwirtschaftlichen Produkten im vergangenen Jahr knapp 400 Millionen Euro eingenommen - der Imageschaden im Fall eines DDT-Nachweises wäre beträchtlich.

An Malaria sterben jedes Jahr mehr als eine Million Menschen in Afrika, die meisten von ihnen sind Kinder, die keine starke Lobby haben. Deswegen fließt in die Erforschung neuer Medikamente und eines Impfstoffes wesentlich weniger Geld als in die Erforschung der Immunschwächekrankheit Aids. "Um Malaria auszurotten, braucht es viel Geld und eine konzertierte Aktion", meint Borgemeister. (dpa)



STICHWORT

Malaria

Weltweit gibt es pro Jahr etwa 200 Millionen Malaria-Neuinfektionen. In Europa ist die Erkrankung ausgerottet. Auslöser ist der Blutparasit Plasmodium, der von weiblichen Anopheles-Mücken übertragen wird. Ein bis zwei Millionen Menschen sterben jährlich an der Infektion. Wegen der zunehmenden Resistenz der Mücken gegen Insektizide und der Plasmodien gegen Chemotherapeutika befürchten Experten, daß sich die Malaria in Zukunft weiter ausbreiten wird. Zur Prophylaxe einer Malaria-Infektion werden als Allgemeinmaßnahmen bei Aufenthalt in Malariagebieten Mückennetze, Tragen langärmeliger Kleidung und langer Hosen, Anwendung von Mückenrepellentien und das Vermeiden des Aufenthaltes im Freien während der Dämmerung empfohlen. Art und Umfang einer Chemoprophylaxe hängen vom Malaria-Gebiet ab. Aktuelle Informationen dazu bekommt man im Internet unter: dtg.org/malaria.html (eb)

Jetzt abonnieren
Mehr zum Thema

Jahresbericht des RKI

HIV-Neuinfektionen: Das sind die Zahlen aus 2024

Sie fragen – Experten antworten

Geimpft mit Varilrix: Wie nun gegen Herpes zoster impfen?

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Mitarbeiterführung und Teamentwicklung

MFA-Tag: Motivationsbooster fürs Praxisteam

Lesetipps
HSK im Fokus: Der Hauptstadtkongress 2024 findet von 26. bis 28. Juni in Berlin statt.

© Rolf Schulten

Themenseite

Hauptstadtkongress: Unsere Berichte im Überblick

Die Ärzte Zeitung hat jetzt auch einen WhatsApp-Kanal.

© prima91 / stock.adobe.com

News per Messenger

Neu: WhatsApp-Kanal der Ärzte Zeitung