Nach Kurzintervention in der Praxis trinken viele Patienten weniger
BERLIN (eis). Jeder zehnte Patient in Hausarztpraxen konsumiert größere Alkoholmengen, als sie für gesundheitlich unbedenklich gelten. Hausärzte können solche Patienten früh erkennen und ihnen mit kurzen Interventionen auch wirksam helfen, wie beim 31. Interdisziplinären Forum der Bundesärztekammer in Berlin berichtet worden ist.
Veröffentlicht:Bei der Veranstaltung hat Dr. Hans-Jürgen Rumpf von der Klinik für Psychotherapie und Psychiatrie der Universität Lübeck empfohlen, alle Patienten in der Praxis etwa bei Gesundheits-Checks einen Fragebogen zu Alkoholproblemen beantworten zu lassen. Gut geeignet sei dazu der BASIC-Test (Brief Alcohol Screening Instrument in Medical Care) mit sechs Fragen, etwa "Wie oft trinken Sie sechs oder mehr Gläser Alkohol bei einer Gelegenheit?".
Werden dabei Probleme erkennbar, könne mit einem Beratungsgespräch als Kurzintervention schon einiges erreicht werden. So werde nach Daten einer Metaanalyse von zwölf Studien durch eine weniger als eine Stunde dauernde ärztliche Beratung die Wahrscheinlichkeit, dass die Patienten ihre Trinkmenge reduzieren, im Vergleich zu Patienten ohne Beratung fast verdoppelt. Der Effekt sei auch noch nach vier Jahren nachweisbar.
Rumpf räumte ein, dass eine solche Beratung bei Alkoholproblemen nicht von der GKV bezahlt wird. Als einfache Formen der Kurzintervention könne den Patienten Informationsmaterial mitgegeben werden und beim nächsten Kontakt zum Verständnis nachgefragt werden. Auch interaktive Expertensysteme im Internet können Patienten individuelle Infos zur Alkoholproblematik geben (www.alkohol-selbsttest.de).
Ärzte könnten sehr von einem Training zur Kommunikation mit Suchtgefährdeten profitieren, so Rumpf. Hilfreich sei eine motivierende Gesprächssituation, in der etwa die angenehmen und weniger angenehmen Seiten des Alkoholkonsums thematisiert werden. Gesprächsinhalte können auch Wertvorstellungen wie eine intakte Familie sein.
Der Test ist erhältlich unter hans-juergen.rumpf@ukl.uni-luebeck.de
STICHWORT
Alkoholkonsum
Etwa 1,5 Millionen Menschen in Deutschland sind alkoholabhängig, 3,2 Millionen betreiben Alkohol-Missbrauch. Als gesundheitlich unbedenkliche Höchstmenge gelten im Mittel täglich 30 g Alkohol (0,75 l Bier) bei Männern und 20 g Alkohol (0,5 l Bier) bei Frauen.
Nur knapp jeder sechste Alkoholkranke wird von Hilfsprogrammen erreicht. Schätzungen zufolge sterben in Deutschland jährlich fast 74 000 Menschen infolge des Konsums von Alkohol oder Alkohol plus Tabak. Deutschland gehört mit einem jährlichen Pro-Kopf-Alkoholkonsum von über 10 Litern reinen Alkohols international zu den Hochkonsumländern.