Virusblocker

Neue Arzneimittelklasse gegen Hepatitis B und D in Sicht

Der neuartige Virusblocker Myrcludex B ist erfolgreich in-vitro sowie in klinischen Studien gegen Hepatitis B und D getestet worden. Gegen das aggressive Hepatitis-D-Virus wäre damit ein erstes spezifisches Medikament überhaupt in Sicht.

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Primäre humane Hepatozyten (PHH) in Kultur: Bei der Behandlung mit Myrcludex B (rechts) werden sie nicht mit Hepatitis-D-Viren (rot) befallen.

Primäre humane Hepatozyten (PHH) in Kultur: Bei der Behandlung mit Myrcludex B (rechts) werden sie nicht mit Hepatitis-D-Viren (rot) befallen.

© Uniklinikum Heidelberg/Urban

HEIDELBERG. Wissenschaftler des Deutschen Instituts für Infektionsforschung (DZIF) am Universitätsklinikum Heidelberg haben einen Virusblocker gegen Hepatitis B und D entwickelt. Dieser konnte nun in zwei Studien mit Erfolg getestet werden, berichtet das DZIF in einer Mitteilung.

Etwa 350 Millionen Menschen leiden an chronischen Infektionen mit Hepatitis-B-Viren, 25 Millionen Menschen an Infektionen mit Hepatitis-D-Virus, das nur gemeinsam mit Hepatitis B auftritt. Zugelassene Therapien für Hepatitis B führen in der überwiegenden Zahl der Fälle nicht zur Ausheilung.

Hepatitis D ist dabei die aggressivste Form viraler Leberentzündungen. Für die Erkrankung gibt es bisher überhaupt keine spezifische Therapie. Neuartige therapeutische Strategien sind daher von großem Wert.

Am Universitätsklinikum Heidelberg hat das Team um Professor Stephan Urban vom DZIF mit Myrcludex B einen Wirkstoff entwickelt, der in vitro und in Tierversuchen den Eintritt von Hepatitis-B- und -D-Viren in die Leberzelle blockiert. In zwei klinischen Studien konnten die Wissenschaftler nun zeigen, dass der Wirkstoff vom Menschen sehr gut vertragen wird und er tatsächlich auch im Menschen einen Effekt auf Hepatitis-D-Viren hat.

Meilenstein in der Entwicklung

"Myrcludex B ist der erste Vertreter einer neuen Therapieklasse für Hepatitis B und D", erklärt Professor Walter E. Haefeli, der die Phase-I-Studie gemeinsam mit Dr. Antje Blank am Uniklinikum Heidelberg durchgeführt hat. "Zum ersten Mal konnte die Substanz erfolgreich und mit sehr guter Verträglichkeit an Menschen verabreicht werden. Dies ist ein Meilenstein in der Entwicklung jedes Medikaments", erklärt der Wissenschaftler.

In der auf Erstanwendungsstudien spezialisierten Studieneinheit KliPS am Universitätsklinikum Heidelberg erhielten 36 freiwillige, gesunde Probanden den Wirkstoff bis zu einer hohen Dosis von 20 mg injiziert. "Myrcludex B wurde bis zur höchsten Dosierung sehr gut vertragen und wir wissen nun für die weiteren Studien, wie sich das Medikament im Menschen verhält", berichtet Blank in der DZIF-Mitteilung. Sie ist Erstautorin der veröffentlichten Studienergebnisse (J Hepatol 2016, online 27. April)

In der noch laufenden zweiten Studie, die am Moscow Regional Research Clinical Institute in Russland durchgeführt wird, konnte die Annahme bestätigt werden, dass Myrcludex B tatsächlich einen Effekt auf Hepatitis-D-Viren hat. 24 Patienten mit chronischer Hepatitis D haben an dieser Pilotstudie teilgenommen und erhielten entweder den neuen Wirkstoff oder Interferon alpha oder eine Kombination aus beidem.

"Die Zwischenergebnisse dieser Studie zeigten, dass Myrcludex B nach einem halben Jahr die Last an Ribonukleinsäuren des Hepatitis-D-Virus in einem Teil der Patienten bei guter Verträglichkeit deutlich senkte und zu einer Normalisierung der Leberwerte führte", fasst Urban die Ergebnisse zusammen. Da es für Hepatitis-D-Infektionen das erste spezifisch wirkende Mittel wäre, sehen die Forscher gute Chancen für eine schnelle Weiterentwicklung und hoffen, dass sich diese Effekte in größeren Therapiestudien, die gerade anlaufen, bestätigen (J Hepatol 2016, online 28. April).

Erfolgreich gegen Virushepatitis

Die Entwicklung von Myrcludex B ist ein Beispiel für die erfolgreiche Hepatitis-Forschung im DZIF. Wissenschaftler des DZIF sind ebenfalls beteiligt an verbesserten Therapien gegen Hepatitis C und sie haben Möglichkeiten gefunden, das Erbgut von Hepatitis-B-Viren gezielt im Zellkern der Leberzellen anzugreifen. Damit eröffnen sich auch hier neue Therapiemöglichkeiten. Mit der Deutschen Leberstiftung arbeitet das DZIF eng zusammen und bringt klinische Studien auf den Weg. (eb)

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