Akute lymphatische Leukämie

Neues Molekül zur Therapie bei ALL entwickelt

Veröffentlicht:

Wien. Forscher der Veterinärmedizinischen Uni Wien haben einen neuen Mechanismus der Entstehung der akuten lymphatischen Leukämie (ALL) entdeckt und einen neuen Wirkstoff entwickelt, teilt die Uni mit.

Das Team ist bei der Suche nach neuen Therapiewegen auf das Enzym Cyclin-abhängige Kinase 8 (CDK8) gestoßen. Bedeutsam ist, dass gesunde Blutzellen nicht von CDK8 abhängig sind. Dadurch eröffnet sich ein therapeutisches Fenster – gesunde Zellen werden verschont, während Krebszellen CDK8 benötigen (Nat Commun 2019; online 18. Oktober).

Den Nachweis dafür erbrachten Erstautorin Ingeborg Menzl und Kollegen im Mausmodell. Hier konnten sie zeigen, dass Leukämiezellen ohne CDK8 vermehrt absterben.

„Herkömmliche Kinaseinhibitoren unwirksam“

„Bemerkenswerterweise ist die Funktion von CDK8 bei ALL unabhängig von der enzymatischen Aktivität. Das bedeutet, dass herkömmliche Kinaseinhibitoren unwirksam sind“, wird Menzl in der Mitteilung der Vetmeduni Vienna zitiert. Basierend auf diesem Befund suchte das Team nach potenziellen Interaktionspartnern und entdeckte einen bislang unbekannten Zusammenhang zwischen CDK8 und dem mTOR-Signalweg in Krebszellen.

In einem weiteren Schritt setzten die Forscher – in Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern von der Harvard Medical School in Boston – eine neue Generation von Arzneimitteln ein, die die enzymatische Aktivität nicht blockieren, sondern den Abbau von Proteinen induzieren (sogenannte PROTACs; Proteolysis-Targeting Chimera).

Damit gelang es, zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen, wie Letztautorin Veronika Sexl erklärt: „Durch die Verwendung eines neu synthetisierten PROTACs – ein kleines Molekül, das wir YKL-06-101 genannt haben –, wird die mTOR-Signalübertragung blockiert und gleichzeitig der Abbau von CDK8 angestoßen.

Neue therapeutische Linie

Dies stellt eine neue therapeutische Linie in der Arzneimittelentwicklung dar: Ein einziges Arzneimittel reicht aus, um ein Molekül – CDK8 – abzubauen und gleichzeitig einen Signalweg enzymatisch zu blockieren.“ Mit diesem Konzept eines sogenannten dualen Degraders leisteten die Forscher Pionierarbeit für zukünftige Krebstherapien, so die Vetmeduni Wien.

Verursacht wird die ALL bekanntlich durch die unkontrollierte Vermehrung von entarteten Lymphozyten. Ursache dafür sind Veränderungen des Erbmaterials und die dadurch entstehenden Genprodukte wie das Onkoprotein BCR-ABL. Obwohl Patienten von der Entwicklung des Tyrosinkinaseinhibitors Imatinib stark profitieren, treten immer wieder Rückfälle auf, heißt es in der Mitteilung der Vetmeduni Vienna.

Um weitere therapeutische Verbesserungen zu erzielen, sei es wichtig, besser zu verstehen, wie das Onkoprotein BCR-ABL die Signalwege der Zelle beeinflusst. Die nun vorgestellte Studie leiste hierzu einen Beitrag. (eb)

Mehr zum Thema

Rezidivierte oder refraktäre akute myeloische Leukämie mit FLT3-Mutation

Vor und nach der Transplantation: zielgerichtet therapieren mit Gilteritinib

Mehr Zeit für Forschung

Carreras-Promotionsstipendium vergeben

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

„ÄrzteTag“-Podcast

Was steckt hinter dem Alice-im-Wunderland-Syndrom, Dr. Jürgens?

Stabile Erkrankung über sechs Monate

Erste Erfolge mit CAR-T-Zelltherapien gegen Glioblastom

Lesetipps
Die Empfehlungen zur Erstlinientherapie eines Pankreaskarzinoms wurden um den Wirkstoff NALIRIFOX erweitert.

© Jo Panuwat D / stock.adobe.com

Umstellung auf Living Guideline

S3-Leitlinie zu Pankreaskrebs aktualisiert

Gefangen in der Gedankenspirale: Personen mit Depressionen und übertriebenen Ängsten profitieren von Entropie-steigernden Wirkstoffen wie Psychedelika.

© Jacqueline Weber / stock.adobe.com

Jahrestagung Amerikanische Neurologen

Eine Frage der Entropie: Wie Psychedelika bei Depressionen wirken