Neues zu hellem Hautkrebs und Falten

Fruchtbare Kooperation von Ärzten und Apothekern: Bei der Jahrestagung der Gesellschaft für Dermopharmazie (GD) werden praxisrelevante gemeinsame Leitlinien präsentiert.

Ruth NeyVon Ruth Ney Veröffentlicht:
Aktinische Keratose an der Stirn. © Schauerte

Aktinische Keratose an der Stirn. © Schauerte

© Schauerte

In Berlin stellte die GD einen ganzen Strauss neuer Leitlinien vor, die gemeinsam von Vertretern beider Heilberufe und anderen Experten erarbeitet worden sind und gute Hilfestellungen für die Behandlung in der Praxis wie auch zur Beratung in der Apotheke geben.

So hat sich die interdisziplinäre Arbeitsgruppe Taskforce Licht-Hautkrebs-Prävention der GD schon seit ein paar Jahren zum Ziel gesetzt, bei der Bevölkerung, aber auch bei Ärzten und Apothekern die Sensibilität für das Thema heller Hautkrebs und rechtzeitige Prävention zu schaffen. In Berlin wurde nun die aktualisierte Leitlinie "Aktinische Keratose" vorgestellt. Neu darin ist, dass die therapeutischen Maßnahmen nun auch mit Evidenzniveau versehen sind, wie der Vorsitzende der GD, Dr. Joachim Kresken, im Gespräch mit der "Ärzte Zeitung" berichtete. Danach kann unter den nichtmedikamentösen Verfahren nur die Kryotherapie als evidenzbasiert gelten. Bei den medikamentösen Verfahren seien zwar die Therapie mit 5-Fluorouracil, Imiquimod und die Kombination aus Diclofenac plus Hyaluronsäure etwa gleich wirksam. Bei der Kombination sei jedoch das Risiko von Nebenwirkungen, vor allem von Juckreiz und starkem Brennen nach der Behandlung deutlich geringer.

Die Kenntnis der aktuellen Leitlinien sei auch für Pharmazeuten bedeutsam, betonte Kresken, selbst Apotheker in Viersen. So sei es für die Beratung wichtig zu wissen, dass Patienten nach einer Transplantation, die mit Immunsuppressiva behandelt werden, ein deutlich erhöhtes Risiko für hellen Hautkrebs und somit auch für eine aktinische Keratose haben, die als carcinoma in situ des Plattenepithelkarzinoms gilt. Betroffene sollten daher einen intensiven Lichtschutz betreiben.

Typische Hautveränderung am Ohr. © Shire Deutschland

Typische Hautveränderung am Ohr. © Shire Deutschland

© Shire Deutschland

"Erstmalig hat das eine Studie an der Charité in Berlin bestätigt. Dabei wurde das Lichtschutzmittel Daylong actinia, ein Medizinprodukt, über drei Jahre klinisch geprüft", so Kresken. Dabei habe sich gezeigt, dass sich die Zahl aktinischer Keratosen und die Zahl von Plattenepithelkarzinomen bei konsequenter einmal täglicher Anwendung deutlich reduzieren lässt. Patienten einer Hochrisikogruppe sollten danach etwa 15 Minuten vor Verlassen des Hauses alle sonnenexponierten Stellen mit dem Mittel behandeln.

Die Stellungnahme einer Expertengruppe aus Dermatologen, Gynäkologen und Apothekern zur androgenetischen Alopezie war ein weiterer Schwerpunkt der Tagung. Hierin motivieren Dermatologen sogar explizit Apotheker, sich aktiv in die Beratung einzubringen.

Nach Sichtung der medizinischen Fachliteratur wurde eine klare Bewertung vorgenommen, für welche Präparate und Wirkstoffe eine wissenschaftlich nachvollziehbare Wirksamkeit bei Alopezie gegeben ist, differenziert nach Männern und Frauen. Danach ist nur die systemische Therapie mit dem verschreibungspflichtigen 5-a-Reduktasehemmer Finasterid bei Männern sowie die topische Therapie mit einer rezeptfrei in Apotheken erhältlichen - für Männer fünf- und für Frauen zweiprozentigen - Minoxidillösung gut dokumentiert. Für Frauen mit erblich-hormonell bedingtem Haarausfall können systemische Hormonpräparate in der Regel mit einem Östrogen plus Gestagen angewendet werden. Für alles andere gebe es keine fundierten Belege, so Kresken.

Eine besondere Arbeit ist nach Ansicht des GD-Vorsitzenden die neue Leitlinie der Fachgruppe Dermokosmetik, die eine völlig neue Leitlinie vorstellte. Erstmals sei darin eine Bewertung sämtlicher in Antiaging-Kosmetika angebotenen - angeblichen - Wirkstoffe vorgenommen worden, und zwar nach evidenzbasierten Kriterien. Eine interdisziplinäre Gruppe unter Federführung einer Dermatologin der Uniklinik München und zwei Apothekerkinnen hat dazu eine groß angelegte Literaturrecherche und eine Kategorisierung in drei Gruppen vorgenommen.Die Unterteilung erfolgte in: 1.Wirkstoffe mit In-vivo-Nachweisen, die wissenschaftliche Qualität haben. Gegen Placebo-kontrolliert wurden etwa Vitamin A und verschiedene Derivate etwa Retinol und Retinaldehyd und Vitamin-A-Palmitinsäurester, Vitamin C, Alpha-Liponsäure und sowie ein bestimmtes Polypeptide. In anderen, etwa offenen Studien geprüft wurden Vitamin E ab Konzentrationen von mindestens zwei Prozent und Derivate, Niacinamid (Vit B3), DMAE und einige Phytohormone, besonders aus der Gruppe der Isoflavone und ein modernes Hyaluronsäurefragment. 2.Stoffe, die In-vitro geprüft wurden, also Effekte in Zellkulturen gezeigt haben. Dazu gehören Coenzym Q 10 und die Polyphenole. 3. Stoffe, die in keiner Weise in der wissenschaftlichen Literatur beschrieben wurden. "Der bloße Wirksamkeitsnachweis eines Wirkstoffs heißt jedoch nicht, dass auch jede beliebige Formulierung mit der Substanz wirksam ist. Denn im Grunde muss für jedes Vehikel, (Trägersubstanz) ein indivueller Wirksamkeitsnachweis erfolgen, da auch Salbengrundlagen meist eine Eigenwirkung besitzen und die Penetration des Wirkstoffs beeinflussen", erläutert Kresken. Was für Kosmetika gilt, gilt erst recht für topische Arzneimittel. Dies ist nach seiner Ansicht auch ein wesentliches Argument gegen Rabattverträge bei topischen Dermatika. So hätten biopharmazeutische Vergleichsstudien gezeigt, dass trotz gleichen Wirkstoffs und gleicher Kozentration und zum Teil sogar gleicher Hilfsstoffbestandteile, sich die pharmakologische und klinische Wirkung unterscheiden können.

In einer der wenigen biopharmazeutischen Vergleichsstudien seien zum Beispiel therapierelevante Unterschiede bei Prednicarbat-Zubereitungen zur Behandlung bei entzündlichen Hauterkrankungen gefunden worden. Außerdem können wirkstoffidentische topische Dermatika bei abweichenden Trägersystemen Unterschiede in der Hautverträglichkeit auweisen. Ausschreibungen und Vereinbarungen von Rabattverträgen zu wirkstoffidentischen topischen Dermatika sollten daher nach Auffassung der GD nur stattfinden, wenn im Vorfeld durch geeignete Untersuchungen die therapeutische Äquivalenz der betroffenen Präparate festgestellt wurde

Alle neuen Leitlinien und Stellungnahmen der GD unter www.gd-online.de

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