RKI und Gesundheitsminister Spahn

Plädoyer für Grippe-Schutz

Nach einer besonders schweren Grippewelle im letzten Winter appelliert das Robert Koch-Institut an Ärzte, möglichst viele Risikopersonen zu impfen. Auch Gesundheitsminister Spahn ruft zur Influenza-Impfung auf.

Wolfgang GeisselVon Wolfgang Geissel Veröffentlicht:
Virenschleuder Mensch: Abstand zu Erkrankten und Händewaschen schützt.

Virenschleuder Mensch: Abstand zu Erkrankten und Händewaschen schützt.

© KATERYNA KON / Science Photo Library / mauritius images

BERLIN. Zum Beginn der neuen Grippe-Saison haben das Robert Koch-Institut (RKI) und Bundesgesundheitsminister Jens Spahn darauf hingewiesen, dass die beste Schutzmaßnahme nach wie vor die Influenza-Impfung ist.

"Noch immer unterschätzen viele Patienten das gesundheitliche Risiko einer Grippeinfektion und verzichten auf die jährliche Grippeschutzimpfung. Grippe sollten wir nicht auf die leichte Schulter nehmen", sagte Spahn bei seinem Besuch im Paul-Ehrlich-Institut (PEI) am Donnerstag, wo er sich über Influenza-Impfstoffe informierte.

RKI-Präsident Professor Lothar H. Wieler betonte in einer Mitteilung zum Start der Grippe-Saison: „Die Schutzmöglichkeiten gegen Influenza müssen besser genutzt werden. Die Impfung ist trotz der von Saison zu Saison unterschiedlichen Wirksamkeit die wichtigste Schutzmaßnahme“. Und: „Mit keiner anderen Impfung lassen sich hierzulande mehr Leben retten“, so der Infektiologe in einer Mitteilung des Instituts.

Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt die Impfung für alle Personen über 60 Jahre, für chronisch Kranke aller Altersstufen, für Schwangere und für Medizin- und Pflegepersonal.

Das RKI verweist dabei auch auf die besonders schwere Grippewelle im vergangenen Winter. Dabei wurden die höchsten Erkrankungszahlen seit Beginn der Grippeüberwachung der Arbeitsgemeinschaft Influenza (AGI) am RKI im Jahr 2001 ermittelt.

Durch Influenza bedingt gab es neun Millionen Arztbesuche, 5,3 Millionen Krankschreibungen, 45.000 Krankenhauseinweisungen und während der Grippewelle allein in Berlin eine Übersterblichkeit von 1100 zusätzlichen Todesfällen.

1674 gemeldete Todesfälle

Bundesweite Zahlen zur Übersterblichkeit sind bisher nicht ermittelt worden. Die nach dem Infektionsschutzgesetz gemeldeten 1674 Todesfälle bei laborbestätigter Influenza sind nur die Spitze des Eisbergs.

Denn Influenza wird auf dem Totenschein oft nicht als Todesursache eingetragen, selbst wenn im Krankheitsverlauf eine Influenza labordiagnostisch bestätigt wurde und wesentlich zum Tod beigetragen hat, so das RKI im Bericht zur letzten Grippesaison.

Das Institut kritisiert auch die niedrigen Impfraten. So hatten RKI-Forscher im Juli über unbefriedigende Impfquoten in Krankenhäusern berichtet, die allerdings aus der Grippesaison 2016 / 2017 stammen.

Den Daten zufolge waren 61,4 Prozent der Ärzte geimpft, beim Pflegepersonal waren es 32,5 Prozent und bei therapeutischen Berufen 34,2 Prozent. In der Bevölkerung hatten gerade einmal 34,8 Prozent der Personen über 60 Jahre den Impfschutz.

Bessere Impfraten sowie wirksamere Impfstoffe hätten die Krankheitszahlen im vergangenen Winter wahrscheinlich reduziert. Weil die hauptsächlich zirkulierenden Influenza-B-Viren der Yamagata-Linie nicht von trivalenten Impfstoffen abgedeckt wurden, betrug deren Schutzwirkung insgesamt nur 15 Prozent.

Das heißt, nur einer von sechs Geimpften wurde mit der Impfung vor einer Erkrankung bewahrt. Isoliert ergab sich in einer Studie mit 3477 Patienten eine Schutzwirkung der trivalenten Impfstoffe von nur einem Prozent gegen Influenza B und von 48 Prozent gegen die am zweithäufigsten zirkulierenden Influenza A (H1N1)Viren.

Quadrivalente Impfstoffe am Start

Durch den Wechsel auf die quadrivalenten Impfstoffe sind in der neuen Grippesaison deutlich bessere Schutzraten zu erwarten. "Gut ist, dass frühzeitig für alle Versicherten der hochwertige Vierfachimpfstoff verfügbar ist", sagte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn bei seinem PEI-Besuch.

Das RKI verweist auch auf die Neuraminidasehemmer als Therapieoption: Einen Tag wird die Erkrankung durch die Behandlung Studiendaten zufolge verkürzt. Das kann entscheidend sein, wenn dadurch ein Todesfall vermieden wird.

Auch weil es keine besseren Arzneien gibt, ist die Therapie besonders bei hohem Risiko für schwere Verläufe unbedingt zu erwägen. Resistenzen sind selten: Bis auf ein Influenza-B-Virus waren im letzten Winter alle in Deutschland untersuchten Viren empfindlich gegenüber Oseltamivir und Zanamivir. (Mitarbeit: ths)

Lesen Sie dazu auch: Robert Koch-Institut: 26 neue Grippe-Fälle gemeldet

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