Rauchstopp: Krebsschutz für den ganzen Körper

Zum Rauchstopp ist es nie zu spät: Das Krebsrisiko sinkt kontinuierlich im Vergleich zu jenen, die weiter rauchen.

Von Thomas Meißner

HEIDELBERG. Wer aufhört zu rauchen, senkt sein Krebsrisiko - je früher, desto stärker. Allerdings ist ein vollständiger Rauchstopp notwendig. Die Anzahl der täglich gerauchten Zigaretten zu reduzieren, bringt wenig. Das Risiko an Krebs zu erkranken, ist umso höher

  • je mehr geraucht wird,
  • je früher damit begonnen wird,
  • je länger geraucht wird,
  • je tiefer inhaliert wird und
  • je mehr gift- und kanzerogene Stoffe der Tabak enthält.

Für viele dieser Fakten gilt umgekehrt: Man kann sein Krebsrisiko senken, wenn man das jeweilige Gegenteil praktiziert. Weist etwa ein ständiger Raucher im Alter von 75 Jahren ein etwa 16-prozentiges Lungenkrebsrisiko auf, beträgt es nur noch knapp zehn Prozent, wenn er mit 60 Jahren aufgehört hätte.

Bei einem Rauchstopp mit 50 liegt das Risiko bei acht und mit 40 bei nur noch drei Prozent. Je früher man also aufhört, desto besser. Zum Vergleich: Lebenslange Nichtraucher erkrankten mit einer Häufigkeit von 0,4 Prozent (BMJ 2000; 321: 323).

Auch wer nur die Zahl der täglich gerauchten Zigaretten reduziert, erreicht etwas. Sich von 20 auf zehn Zigaretten täglich zu beschränken, senke das Lungenkrebsrisiko um 27 Prozent, so dänische Forscher auf der Grundlage einer Bevölkerungsstudie mit fast 20.000 Teilnehmern.

Klingt gut, ist aber kaum der Rede wert, wenn man bedenkt, dass Ex-Raucher ein um 83 Prozent erniedrigtes Risiko haben im Vergleich zu den weiter starken Rauchern (JAMA 2005, 294: 1505).

DKFZ-Hotline "Rauchfrei am Arbeitsplatz"

Seit 2005 bietet das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) die Telefon-Hotline "Rauchfrei am Arbeitsplatz". Arbeitnehmer erhalten Beratung und Infos über ihre Rechte und Möglichkeiten und wie sie diese einfordern können.

Arbeitgeber können sich über die gesetzlichen Vorgaben zum Nichtraucherschutz informieren und beraten lassen, wie sich diese umsetzen lassen - es gibt einen Leitfaden und Arbeitshandbücher.

Betriebsärzte erhalten Hinweise, wie im Betrieb Tabakentwöhnungsmaßnahmen umgesetzt werden können. Betriebsräte erfahren Näheres über gute Beispiele von Betriebsvereinbarungen. Im Rahmen der HELP-Kampagne* hat das DKFZ ein Aktionspaket "Rauchfrei am Arbeitsplatz" entwickelt, das kostenfrei bestellt werden kann.(ner)

*www.help-eu.com

Hotline "Rauchfrei am Arbeitsplatz", Mo bis Fr, 14 bis 17 Uhr: 0 62 21/ 42 42 00

Mehr als 90 Substanzen im Tabakrauch sind nachgewiesenermaßen krebserzeugend oder stehen im Verdacht kanzerogen zu sein. Es sind dies in erster Linie polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe, aromatische Amine und tabakspezifische N-Nitrosamine.

Die krebserzeugenden Substanzen schädigen die Erbinformation. Zugleich verhindern weitere Substanzen, dass körpereigene DNA-Reparaturmechanismen greifen. Selbst Notmaßnahmen des Körpers wie der programmierte Zelltod werden unterbunden. Das fördert die Krebsentstehung zusätzlich.

Außer für Lungenkrebs besteht ein deutlicher Zusammenhang mit dem Rauchen für Krebs im Mund-, Nasen- und Rachenraum, Kehlkopfkrebs, Leber- und Pankreaskarzinome, Nieren- und Harnblasenkrebs sowie bei Frauen für Brust- und Uteruskarzinome.

Hervorzuheben ist, dass bis zu 90 Prozent der Lungen-, Mundhöhlen- und Kehlkopfkarzinome nach Angaben des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) in Heidelberg auf das Rauchen zurückzuführen sind.

Aktuelle Erkenntnisse aus der Kohortenstudie Women's Health Initiative (WHI) haben jetzt ergeben, dass auch Passivrauchen einen Einfluss auf die Brustkrebsrate hat. Frauen, die in ihrer Kindheit mehr als zehn Jahre passiv rauchen mussten oder als Erwachsene 20 Jahre zuhause oder zehn Jahre im Betrieb passiv mitgeraucht haben, hatten eine um 32 Prozent höhere Brustkrebsrate als Frauen, die nie passiv rauchen mussten (BMJ 2011; 342: d1016).

Dies sei biologisch plausibel, so die Forscher um Dr. Juhoa Luo von der Uni in Morgantown, West-Virginia, und Kollegen. Denn die Epithelzellen der Brust seien nicht vollständig ausdifferenziert, solange nicht eine vollständige Schwangerschaft durchgemacht wird.

Daher sei die Periode zwischen dem Beginn der Pubertät und einer Schwangerschaft jene, in der ein besonders hohes Risiko für die Entstehung von Brustkrebszellen bestehe. Herausgekommen war in der Studie außerdem, dass der Rauchstart im Teenie-Alter das Brustkrebsrisiko erhöht.

Warum eigentlich sterben europaweit Männer früher als Frauen? Auch dazu trage Rauchen erheblich bei, haben schottische Wissenschaftler nach Angaben der Nachrichtenagentur dpa herausgefunden. Sie hatten Daten der WHO für 30 europäische Länder analysiert, darunter Deutschland.

Hierzulande geht demnach die Hälfte des Sterblichkeitsunterschieds zwischen Männern und Frauen auf Zigaretten zurück, etwa ein Fünftel auf Alkohol.

Umfassende Infos zum Thema Rauchen und Rauchstopp bietet das DKFZ, umfangreiche Materialien gibt es bei: www.tabakkontrolle.de

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