GASTKOMMENTAR
"Reanimation ohne Beatmung sollte die Ausnahme bleiben"
Kardiologen der American Heart Association haben nun empfohlen, bei der Laienreanimation im Zweifel auf Atemspende zu verzichten und ausschließlich durch Herzdruckmassage zu reanimieren. Dieses Vorgehen ist nicht neu. Es ist in den deutschen Reanimationsleitlinien von 2006 bereits berücksichtigt.
Zweifelsohne sollten Ersthelfer bei Patienten mit plötzlichem Kreislaufstillstand nach Absetzen des Notrufes idealerweise sowohl Thoraxkompressionen als auch Atemspende im Rhythmus 30 zu 2 vornehmen. Ungeübte Laien zögern jedoch häufig oder sind aus Angst etwa vor Infektionen nicht zur Mund-zu-Mund- oder Mund-zu-Nase-Beatmung bereit. Selbst wenn ein Familienangehöriger betroffen ist, wird häufig gezögert. In den deutschen Ausbildungsunterlagen heißt es dazu: "Ein Verzicht auf die Beatmung kann zur Überwindung der Ekelbarriere nur als Ausnahme toleriert werden."
In solchen Fällen tun Ersthelfer am besten daran, sich voll auf die Thoraxkompressionen in einer Frequenz von 100 pro Minute zu konzentrieren. Andernfalls wird kostbare Zeit mit Zögern, zu langen Pausen und insuffizienten Beatmungsversuchen vergeudet. Thoraxkompressionen alleine sind nicht das Optimum, aber in jedem Falle besser als nichts zu tun. Nach Eintreffen des Rettungsdienstes werden die Retter versuchen, außer den Basismaßnahmen schnellstmöglich das wichtigste Notfallmedikament - den Sauerstoff - zu geben und eine Defibrillation vorzunehmen. Hierbei muss allerdings ein gravierender Unterschied zu den USA bedacht werden: Dort trifft der Rettungsdienst innerhalb von zwei bis vier Minuten am Notfallort ein. In Deutschland dauert es nach Daten aus neuesten Erhebungen 8,1 Minuten.
Der Verzicht auf eine Mund-zu-Mund- oder Mund-zu-Nase-Beatmung bedeutet nicht, dass eine Reanimation ohne Atemspende besser ist. Das haben jüngst auch die Hilfsorganisationen und der European Resuscitation Council in einer Stellungnahme aufgegriffen: Demnach stammen die aktuellen Daten aus nicht kontrollierten Studien der Jahre 1990 bis 2003, also noch vor der Änderung der Reanimationsleitlinien. Sie sind deshalb nicht geeignet, die Überlegenheit der alleinigen Herzdruckmassage definitiv zu beurteilen. Aus diesem Grunde sollten in Erste-Hilfe-Kursen nach wie vor beide Methoden erlernt werden.
Professor Peter Sefrin leitet die Sektion Präklinische Notfallmedizin der Klinik und Poliklinik für Anästhesiologie an der Universität Würzburg. Foto: ugr
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