GASTKOMMENTAR

"Reanimation ohne Beatmung sollte die Ausnahme bleiben"

Von Professor Peter Sefrin Veröffentlicht:

Kardiologen der American Heart Association haben nun empfohlen, bei der Laienreanimation im Zweifel auf Atemspende zu verzichten und ausschließlich durch Herzdruckmassage zu reanimieren. Dieses Vorgehen ist nicht neu. Es ist in den deutschen Reanimationsleitlinien von 2006 bereits berücksichtigt.

Zweifelsohne sollten Ersthelfer bei Patienten mit plötzlichem Kreislaufstillstand nach Absetzen des Notrufes idealerweise sowohl Thoraxkompressionen als auch Atemspende im Rhythmus 30 zu 2 vornehmen. Ungeübte Laien zögern jedoch häufig oder sind aus Angst etwa vor Infektionen nicht zur Mund-zu-Mund- oder Mund-zu-Nase-Beatmung bereit. Selbst wenn ein Familienangehöriger betroffen ist, wird häufig gezögert. In den deutschen Ausbildungsunterlagen heißt es dazu: "Ein Verzicht auf die Beatmung kann zur Überwindung der Ekelbarriere nur als Ausnahme toleriert werden."

In solchen Fällen tun Ersthelfer am besten daran, sich voll auf die Thoraxkompressionen in einer Frequenz von 100 pro Minute zu konzentrieren. Andernfalls wird kostbare Zeit mit Zögern, zu langen Pausen und insuffizienten Beatmungsversuchen vergeudet. Thoraxkompressionen alleine sind nicht das Optimum, aber in jedem Falle besser als nichts zu tun. Nach Eintreffen des Rettungsdienstes werden die Retter versuchen, außer den Basismaßnahmen schnellstmöglich das wichtigste Notfallmedikament - den Sauerstoff - zu geben und eine Defibrillation vorzunehmen. Hierbei muss allerdings ein gravierender Unterschied zu den USA bedacht werden: Dort trifft der Rettungsdienst innerhalb von zwei bis vier Minuten am Notfallort ein. In Deutschland dauert es nach Daten aus neuesten Erhebungen 8,1 Minuten.

Der Verzicht auf eine Mund-zu-Mund- oder Mund-zu-Nase-Beatmung bedeutet nicht, dass eine Reanimation ohne Atemspende besser ist. Das haben jüngst auch die Hilfsorganisationen und der European Resuscitation Council in einer Stellungnahme aufgegriffen: Demnach stammen die aktuellen Daten aus nicht kontrollierten Studien der Jahre 1990 bis 2003, also noch vor der Änderung der Reanimationsleitlinien. Sie sind deshalb nicht geeignet, die Überlegenheit der alleinigen Herzdruckmassage definitiv zu beurteilen. Aus diesem Grunde sollten in Erste-Hilfe-Kursen nach wie vor beide Methoden erlernt werden.

Professor Peter Sefrin leitet die Sektion Präklinische Notfallmedizin der Klinik und Poliklinik für Anästhesiologie an der Universität Würzburg. Foto: ugr

Lesen Sie dazu auch: Herzmassage entscheidend

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Vereinfachter Diagnose-Algorithmus

Lungenembolie mit weniger Bildgebung sicher ausschließen

Das könnte Sie auch interessieren
Grippeschutz in der Praxis – Jetzt reinhören!

© DG FotoStock / shutterstock

Update

Neue Podcast-Folgen

Grippeschutz in der Praxis – Jetzt reinhören!

Anzeige | Viatris-Gruppe Deutschland
Herz mit aufgemalter Spritze neben Arm

© Ratana21 / shutterstock

Studie im Fokus

Herz-Kreislauf-Erkrankungen: Prävention durch Influenzaimpfung?

Anzeige | Viatris-Gruppe Deutschland
Junge Frau spricht mit einer Freundin im Bus

© skynesher | E+ | Geytty Images

Update

Impflücken bei Chronikern

Chronisch krank? Grippeimpfung kann Leben retten

Anzeige | Viatris-Gruppe Deutschland
Innovationsforum für privatärztliche Medizin

© Tag der privatmedizin

Tag der Privatmedizin 2025

Innovationsforum für privatärztliche Medizin

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer und Vizepräsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, hofft, dass das BMG mit der Prüfung des Kompromisses zur GOÄneu im Herbst durch ist (Archivbild).

© picture alliance / Jörg Carstensen | Joerg Carstensen

Novelle der Gebührenordnung für Ärzte

BÄK-Präsident Reinhardt: Die GOÄneu könnte 2027 kommen

Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Abb. 1: Risikoreduktion durch Bempedoinsäure gegenüber Placebo in der CLEAR-Outcomes-Studie für den primären 4-Komponenten-Endpunkt (A) und den sekundären 3-Komponenten-Endpunkt (B) stratifiziert nach Diabetes-Status

© Springer Medizin Verlag

Diabetes mellitus

Bempedoinsäure: Benefit für Hochrisiko-Kollektive

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Daiichi Sankyo Deutschland GmbH, München
Mirikizumab wirksam bei Colitis ulcerosa und Morbus Crohn

© Oleh / stock.adobe.com

Zielgerichtete Interleukin-23p19-Inhibition

Mirikizumab wirksam bei Colitis ulcerosa und Morbus Crohn

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Lilly Deutschland GmbH, Bad Homburg v.d.H.

Ist das AMNOG bereit für HIV-Innovationen?

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Gilead Sciences GmbH, Martinsried
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Welchen Spielraum es gibt

Patienten rechtssicher ablehnen: So geht’s

Geriatrische Syndrome

COPD bei älteren Patienten – darauf sollten Sie achten

Kasuistik

Die stille Last der Acne inversa

Lesetipps
Im Krankenhaus wird der Patient unter Aufsicht eines Radiologen einer CT-Untersuchung unterzogen.

© Valerii Apetroaiei / stock.adobe.com

Vereinfachter Diagnose-Algorithmus

Lungenembolie mit weniger Bildgebung sicher ausschließen