KIT2021

STIKO-Chef Mertens kritisiert Drängen auf COVID-Impfung für Kinder

Politik statt Evidenz: Das gilt auch für die Debatte um umfassende Corona-Impfungen für Kinder und Jugendliche. Der STIKO-Chef kritisiert, dass in der Diskussion „praktisch nichts wirklich evidenzbasiert“ war.

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Thomas Mertens, Vorsitzender der Ständigen Impfkommission (STIKO), Anfang November 2020 in der Bundespressekonferenz

Ist ob so mancher Diskussionen irritiert: STIKO-Vorsitzender Professor Thomas Mertens, hier Ende November in der Bundespressekonferenz.

© Kay Nietfeld / dpa

Berlin. Der Vorsitzende der Ständigen Impfkommission (STIKO), der Virologe Professor Thomas Mertens, hat die politische Debatte um eine Massenimpfung von Kindern und Jugendlichen vor dem neuen Schuljahr kritisiert. Grundsätzlich sei bedauerlich, dass dies zu einem politischen Thema geworden sei, noch bevor es eine Zulassung für einen Impfstoff gegeben habe, sagte Mertens am Samstag auf dem virtuellen 15. Kongress für Infektionskrankheiten und Tropenmedizin (KIT).

Mertens: „Von diesen ganzen Aussagen war ja praktisch nichts wirklich evidenzbasiert, muss man fairerweise sagen. Und leider Gottes ist in dieser Phase die entscheidende Problematik, nämlich brauchen Kinder und Jugendliche diese Impfung, überhaupt nicht angesprochen worden.“

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Infektionen bei dieser Altersgruppe verliefen bekanntlich sehr häufig asymptomatisch oder mild. Mertens sagte, es habe insgesamt 1849 Fälle gegeben, bei denen es Einweisungen ins Krankenhaus gegeben habe. Dies sei ein Prozent der schon geringen Zahl gemeldeter Fälle. Zum Teil seien Kinder auch wegen Appendizitiden ins Krankenhaus gekommen und dann positiv getestet worden. Von den Hospitalisierungen sei dann ein Prozent intensivmedizinisch behandelt worden.

„Millionen Impfdosen hätten gefehlt“

Die Schwere der Krankheitsverläufe steige aber in der Gruppe der über 60-jährigen stark an. „Wenn man damals, wie ursprünglich geplant, fünf Millionen Impfstoffdosen für Kinder beiseite gelegt hätte, dann wären das ja fünf Millionen Impfstoffdosen gewesen, die für die Impfung der Eltern gefehlt hätten“, so Mertens. „Also ich kann nur noch mal sagen: Vieles von dem, was da auf der politischen Bühne vor der Zulassung schon diskutiert ist, hält eigentlich einer kritischen Betrachtung nicht stand.“

Die STIKO hatte keine generelle Impfempfehlung für Kinder und Jugendliche ab 12 Jahren ausgesprochen. Sie empfiehlt Impfungen gegen das Coronavirus nur für 12- bis 17-Jährige mit bestimmten Vorerkrankungen.

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Laut dem Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (Zi) der Bundesrepublik Deutschland betrifft das etwa elf Prozent der Heranwachsenden dieser Altersgruppe – insgesamt rund eine halbe Million Kinder und Jugendliche. (dpa)

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