Ernährung

Salzersatz senkte den Blutdruck einer ganzen Region

Mit Salzersatz gelang es peruanischen Forschern, den Blutdruck in mehreren Gemeinden signifikant zu senken – ganz besonders bei Hypertonikern. Dabei half ihnen ein ungewöhnliches Vorgehen.

Von Joana Schmidt Veröffentlicht:
Herz aus Salz: Mit einem Salzersatzprodukt aus 75 Prozent Natrium und 25 Prozent Kalium ließ sich der Blutdruck in der Bevölkerung senken.

Herz aus Salz: Mit einem Salzersatzprodukt aus 75 Prozent Natrium und 25 Prozent Kalium ließ sich der Blutdruck in der Bevölkerung senken.

© Phongsakorn / stock.adobe.com

Paris. „Angesichts der alarmierenden Häufigkeit der Nichteinhaltung der medikamentösen Bluthochdruck-Therapie benötigen wir dringend nicht-pharmakologische Maßnahmen auf Bevölkerungsebene, um die Blutdruckkontrolle zu verbessern“, sagte Dr. Jaime Miranda von der Universität Peruana Cayetano Heredia in Lima beim Kongress der Europäischen Kardiologiegesellschaft (ESC) in Paris.

Weltweit konsumieren viele Gesellschaften mehr als die empfohlene Menge an Salz, so der leitende Autor einer randomisierten Studie. Deshalb wollte die Arbeitsgruppe um Miranda versuchen, den Blutdruck der Einwohner von sechs peruanischen Dörfern zu senken.

Die Studie zeigt, dass bevölkerungsweite Veränderungen der Natriumaufnahme und der Blutdruckwerte möglich sind. Das Eingreifen war einfach, kostengünstig und wurde von den Menschen sehr gut angenommen.

Dr. Jaime Miranda, Universität Peruana Cayetano Heredia in Lima

Die Erwartungen der Forscher wurden dabei sogar übertroffen: Die Blutdruckwerte der Menschen besserten sich signifikant, zudem traten weniger neue Fälle von Hypertonie auf. Sie wählten für ihr Experiment die Region Tumbes im Nordwesten von Peru, da dort der Natriumverbrauch hoch und Bluthochdruck entsprechend verbreitet ist.

Keine Geschmackseinbußen

Die Studienteilnehmer erhielten ein Salzersatzprodukt aus 75 Prozent Natrium und 25 Prozent Kalium statt normalem Salz, das zu 100 Prozent aus Natrium besteht. Frühere Untersuchungen der Forscher hatten ergeben, dass der Natriumgehalt von Salz ohne merklichen Geschmacksunterschied um bis zu 35 Prozent gesenkt werden kann. Der Blutdruck der Teilnehmer wurde zu Beginn der Studie und anschließend sieben weitere Male innerhalb des Beobachtungszeitraums von vier Jahren gemessen.

Die Hälfte der fast 2400 Personen waren Frauen, das Durchschnittsalter lag bei 43 Jahren. Der Salzersatz senkte den systolischen Blutdruck aller Teilnehmer durchschnittlich um 1,23 mmHg und den diastolischen um 0,72 mmHg

Bei den Dorfbewohnern, die bei Studienbeginn bereits eine Hypertonie hatten, war der Effekt noch stärker: Ihr systolischer Blutdruck sank durchschnittlich um 1,74 mmHg, ihr diastolischer Blutdruck um 1,25 mmHg. 79 Prozent der Teilnehmer hatten zu Studienbeginn noch keinen Bluthochdruck. Bei ihnen verringerte das Salzersatzprodukt das Risiko, eine Hypertonie zu entwickeln, um 51 Prozent.

Frühere Untersuchungen ergaben, dass die Dorfbewohner keinen Zusammenhang zwischen Natriumaufnahme und Blutdruckwerten herstellten und eine Ernährungsumstellung schwierig fanden.

Hilfe: Social-Marketing-Kampagne

Mithilfe einer innovativen Social-Marketing-Kampagne gelang es jedoch, ein neues Produkt einzuführen, das Haushalten, Lebensmittelgeschäften, Gemeinschaftsküchen und Straßenhändlern zur Verfügung gestellt wurde. „Die Studie zeigt, dass bevölkerungsweite Veränderungen der Natriumaufnahme und der Blutdruckwerte möglich sind“, so Miranda.

Und weiter: „Das Eingreifen war einfach, kostengünstig und wurde von den Menschen sehr gut angenommen.“ Das habe auch daran gelegen, dass sie die Teilnehmer mit der Vermarktung eines neuen Produkts beauftragten, statt Verhaltensänderungen zu fordern. Die Teilnehmer durften beispielsweise den Namen des Salzersatzprodukts bestimmen.

„Der Salzersatz kann wie in unserer Studie auf Gemeindeebene verwendet werden. Er könnte aber auch von Lebensmittelherstellern und größeren Geschäften übernommen werden, um das Ernährungsverhalten der Konsumenten in eine gesunde Richtung zu lenken“, resümierte der Hochdruck-Experte.

Mehr Infos zu Kardiologie auf: www.springermedizin.de

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