KHK und Apoplexie

Schon gering erhöhte Luftschadstoffe steigern Infarktrisiken

Feinstaub, Stickoxid, Ruß und Ozon begünstigen schon in geringen Mengen Schlaganfälle und KHK, betonen Forscher. Sie warnen: Aktuelle Luftqualitätsrichtlinien reichen nicht aus!

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Inversionswetterlage: In unteren Luftschichten akkumulieren sich Schadstoffe tagelang.

Inversionswetterlage in Valjevo (Serbien) im Herbst. In unteren Luftschichten akkumulieren sich Schadstoffe tagelang.

© Adam Radosavljevic / stock.adobe.com

München. Luftverschmutzung am Wohnort kann mit einem erhöhten Risiko für Schlaganfall und koronare Herzkrankheiten (KHK) verbunden sein, selbst wenn die Werte unter den von der Europäischen Union und der Weltgesundheitsorganisation festgelegten Grenzwerten liegen.

Dies haben Forschende des Helmholtz Zentrums München (HZM) und des Karolinska Instituts in Schweden gemeinsam mit einem europäischen Team in einer großen Studie nachgewiesen, wie das HZM mitteilt.

„Unsere Ergebnisse zeigen auf, dass die derzeitigen Luftqualitätsrichtlinien keinen ausreichenden Schutz bieten“, wird Annette Peters, Direktorin am Institut für Epidemiologie am Helmholtz Zentrum München, die die Studie von deutscher Seite aus leitete, in der Mitteilung zitiert.

Daten aus 17 Jahren Beobachtung

Die Studie umfasste mehr als 137.000 Teilnehmende aus sechs verschiedenen Kohorten in Schweden, Dänemark, den Niederlanden und Deutschland, die durchschnittlich 17 Jahre lang beobachtet wurden. Die Forscher untersuchten, ob ein Zusammenhang zwischen Schlaganfall oder akuter KHK und einer längeren Exposition gegenüber Feinstaub (Partikel mit einer Masse von < 2,5 μm Durchmesser, PM2,5), Stickstoffdioxid (NO2), Ruß und Ozon (O3) besteht (Lancet Planet Health 2021; 5: e620).

„Wir haben festgestellt, dass das Risiko, einen Schlaganfall zu erleiden, mit jedem Anstieg von fünf Mikrogramm Feinstaub pro Kubikmeter in der Luft an Ihrem Wohnort um zehn Prozent zunimmt. Unsere Studie zeigt, dass dies bedeutet, dass die Luftverschmutzung in städtischen Gebieten zum Schlaganfallrisiko beiträgt, selbst wenn man den Lärm berücksichtigt“, sagt Kathrin Wolf, die Erstautorin der Studie.

Ein solcher Zusammenhang wurde auch für Stickstoffdioxid und Ozon beobachtet. Zudem führte jede langfristige Erhöhung des Stickstoffdioxidgehalts in der Luft um zehn Mikrogramm pro Kubikmeter zu einem Anstieg des Risikos für koronare Herzkrankheiten um vier Prozent.

WHO plant neue Leitlinie zur Luftqualität

Die Forscher konnten keine sicheren Schwellenwerte ermitteln, unterhalb derer die Luftverschmutzung für die Herz-Kreislauf-Gesundheit unschädlich ist. Die negativen Auswirkungen von Feinstaub und Stickstoffdioxid wurden auch dann festgestellt, wenn die Analysen auf Teilnehmende beschränkt wurden, die Werten unterhalb der von der WHO und der EU festgelegten Grenzwerte ausgesetzt waren (10 bzw. 25 μg/m³ für PM2,5 und 40 μg/m³ für NO2).

„Dies ist besorgniserregend und zeigt, wie wichtig gute Luftqualität ist, da sie Krankheiten mit nachhaltigen Folgen für die Lebensqualität wie einen Schlaganfall verhindern kann“, sagt Peters. Die WHO wird in Kürze neue Leitlinien für die Luftqualität vorlegen. (eb)

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