HINTERGRUND

Vakzine gegen Papillomaviren kann vielen Frauen das Leben retten

Von Gabi Fischer v. Weikersthal Veröffentlicht:

Impfen gegen Zervixkrebs - ein Meilenstein in der Geschichte, aber auch eine schwere Aufgabe in der Umsetzung. Nur wenn der enge Zusammenhang zwischen Virusinfektion und der Entwicklung von Zervixkrebs Eltern und Kindern ausreichend plausibel gemacht wird, gibt es eine Chance, daß viele Kinder und Jugendliche gegen Humane Papillomaviren geimpft werden und die Krebsrate deutlich gesenkt wird. Darauf hat Professor Lutz Gissmann vom Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg hingewiesen.

Nach aktuellen Schätzungen kommen etwa 70 Prozent aller sexuell aktiven Menschen einmal in ihrem Leben mit dem weit verbreiteten Humanen Papillomavirus (HPV) in Kontakt - oft im jungen Alter von 18 bis 28 Jahren. "Das Humane Papillomavirus kann leicht durch Genitalkontakt, ja sogar durch Küssen übertragen werden," so Gissmann auf einer Veranstaltung des Unternehmens Sanofi Pasteur MSD in München.

Zehn Prozent der Infizierten haben manifeste Infektion

Bei den meisten HPV-Infizierten (70 bis 80 Prozent) heilt die Infektion ohne Symptome innerhalb von 12 bis 18 Monaten aus (Der Gynäkologe 39, 2006, 122). Etwa 20 Prozent entwickeln eine subklinische und zehn Prozent eine manifeste Infektion. Und von zehn manifest infizierten Frauen entwickeln zwei bis drei eine schwere zervikale intraepitheliale Neoplasie (CIN 2/3). Und diese führt bei 30 bis 50 Prozent der betroffenen Frauen zum Zervix-Karzinom. Bis sich aus einer geringgradigen zervikalen Veränderung (CIN 1) über hochgradige Veränderungen (CIN 2/3) ein Karzinom entwickelt, vergehen im Schnitt 12 bis 13 Jahre.

CIN 2/3 als direkter Vorläufer des Zervix-Ca war für die Zulassungsbehörden und die WHO der wichtigste klinische Studienendpunkt, um die Wirksamkeit des Impfstoffs Gardasil® zur Prävention von Gebärmutterhalskrebs nachzuweisen. Der erste rekombinante, adsorbierte Impfstoff gegen die HPV-Typen 6, 11, 16 und 18 schützt nach Angaben von Gissmann zuverlässig vor präkanzerösen Läsionen der Zervix, präkanzerösen vulvären Läsionen und äußeren Genitalwarzen (Condylomata acuminata). "Wir haben hier einen weiteren Meilenstein der Medizingeschichte erreicht", sagte der Onkologe.

Impfung schützt vor zervikalen Präkanzerosen

Bei der Umsetzung der neuen Impfung, die für Kinder ab neun Jahren zugelassen ist, sei es besonders wichtig, daß Gynäkologen, Kinder- und Jugendärzte sowie Hausärzte alles dran setzen, den bislang eher unbekannten Zusammenhang zwischen einer Virusinfektion und einer Krebsentwicklung zu verdeutlichen.

In klinischen Studien zeigte die Impfung einen 100prozentigen Schutz vor zervikalen Präkanzerosen (CIN 2/3), die durch die HPV-Typen 16 und 18 ausgelöst werden. Diese beiden Virustypen sind zusammen für über 70 Prozent aller Zervixkarzinome ursächlich. Die Impfung scheint auch eine Infektion mit HPV-Typen verhindern zu können, gegen die der Impfstoff nicht direkt gerichtet ist. Die Virustypen 31 und 45 sind mit den HPV-Typen 16 und 18 eng verwandt und verursachen acht bis neun Prozent aller Zervixkarzinome.

Der neue Impfstoff induzierte im Tierversuch die Bildung von Antikörpern, die auch die HPV-Typen 31 und 45 erkannten und sie neutralisieren konnten, bevor es zur Zellinfektion kam (Kreuzneutralisation). In-vitro-Versuche belegen, daß bei allen zehn Geimpften der HPV-Typ 18 neutralisiert wurde, bei acht von zehn das Pseudovirion des Typs 31 sowie bei sechs von zehn der HPV-Typ 45. Ein Pseudovirion ist ein synthetisches Virus zur Simulation einer Infektion der Zellen mit HPV. Gissmann: "Jetzt müssen klinische Studien zeigen, ob sich die Kreuzneutralisation auf die Prävention von Erkrankungen übertragen läßt, die durch Virustypen verursacht werden, gegen die sich der Impfstoff nicht direkt richtet".

Auch gegen HPV geimpfte Frauen sollten regelmäßig zur Krebsvorsorgeuntersuchung gehen, da sich die Impfung nicht gegen alle krebsauslösenden Viren richtet. Bei geimpften Frauen sei die Wahrscheinlichkeit für auffällige Zervixbefunde jedoch viel geringer als bei anderen Frauen, hieß es bei der Konferenz in München. Reduziert würden auch die Kosten für die Abklärung unklarer Befunde sowie die Zahl der Operationen wegen Zervixveränderungen.

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