HIV & Co

Virushemmer erfreut Mikrobizid-Forscher

Das Molekül CLR01 greift nicht nur HIV selbst an, sondern blockiert auch Infektionsverstärker im Sperma . Es ließe sich in Vaginalgelen zur Prävention nutzen.

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ULM. Mikrobizide gegen Virus-Infektionen gelten als Hoffnungsträger im Kampf gegen HIV. Als Vaginalgele sollen sie vor allem für Frauen in Entwicklungsländern eine Schutzmöglichkeit schaffen, wenn ihr Partner kein Kondom verwendet.

Allerdings haben bisherige Mikrobizide in der Praxis versagt, wie die Universität Ulm mitteilt. Nun stellen Forscher einen neuen Ansatz vor: Eine "molekulare Pinzette" greift nicht nur HIV und andere sexuell übertragbare Viren an, sondern blockiert auch im Sperma enthaltene Infektionsverstärker (eLife 2015; online 18. August).

HIV wird vor allem beim Geschlechtsverkehr übertragen. Eiweißbruchstücke, die stäbchenartige Fibrillen im Sperma ausbilden, scheinen dabei eine große Rolle zu spielen. Diese "Klebestäbchen" (Semen Enhancer of Virus Infection/SEVI) binden Erregerpartikel und erleichtern die Anheftung von Viren an die Zielzelle. So sind nur wenige Viruspartikel nötig, um eine Zelle zu infizieren.

"Molekulare Pinzette"

Forscher um Professor Jan Münch vom Ulmer Institut für Molekulare Virologie und Professor James Shorter von der University of Pennsylvania in Philadelphia setzen nun die "molekulare Pinzette" ein. Diese blockiert die HIV-verstärkende Wirkung der Klebestäbchen, indem sie die Bildung von Virion-Amyloid-Komplexen verhindert und reife Fibrillen zerstört.

Ganz genau greift die "Pinzette" Reste der Aminosäuren Lysin und Arginin an. Zudem bricht das Molekül CLR01 die Virusmembran auf und macht die Erreger so unschädlich. Die Wissenschaftler konnten den Effekt nicht nur bei HIV nachweisen, sondern auch bei anderen sexuell übertragbaren Viren wie Herpes- und Hepatitis-C-Viren. Womöglich lasse sich CLR01 auch gegen Grippe- und Ebola-Viren einsetzen.

Ein auf CLR01 basierendes Mikrobizid würde also gegen das Virus selbst wirken und andererseits die Amyloidfibrillen blockieren. "Aufgrund dieser Doppelstrategie denken wir, dass CLR01 effektiver sein könnte als bisherige Mikrobizide", wird Münch in der Mitteilung zitiert. Für klinische Tests lasse sich CLR01 einfach und kostengünstig synthetisieren.

Als einer der Entdecker der molekularen Pinzette gilt Professor Thomas Schrader von der Universität Duisburg-Essen, der CLR01 zunächst gegen Alzheimer im Mausmodell eingesetzt hat. Wie Schrader waren Wissenschaftler mehrerer Universitäten aus Deutschland und aus den USA an den Forschungen beteiligt. (eb)

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