Weltweite Fallzahlen

Von Ausbruch bis Abrechnung: Was man jetzt über Chikungunya wissen sollte

Mit neuen Chikungunya-Impfempfehlungen tauchen auch neue Fragen auf. Wo kommt es derzeit zu Ausbrüchen? Und wie lässt sich die Impfung genau abrechnen? Ein Überblick, um besser abschätzen zu können, wann eine Impfung angebracht ist.

Helena PichlerVon Helena Pichler und Hauke GerlofHauke Gerlof Veröffentlicht:
Eine Spritze und ein kleines Spielzeug-Flugzeug liegen auf einer Weltkarte.

Bisher müssen Reisende, die zum Beispiel Brasilien besuchen wollen, die Impfung gegen Chikungunya selbst bezahlen. Dies könnte sich in absehbarer Zeit ändern.

© Hansa & Party / stock.adobe.com

Milde Temperaturen im Frühling und Herbst und heiße Sommer haben in den vergangenen Jahren in Mitteleuropa zugenommen. Während so mancher Dachgeschossbewohner die Hitze verflucht, scheinen sich andere jetzt erst richtig wohlzufühlen, darunter auch Stechmückenarten der Gattung Aedes. Anfang Juli war ein Exemplar, das mit Chikungunya-Viren infiziert war, Grund für eine nicht-reiseassoziierte Infektion im Elsass, unweit der deutschen Grenze.

Nur wenige Tage später veröffentlichte die Ständige Impfkommission (STIKO) ihre Impfempfehlungen gegen diese Tropenkrankheit. Kurz zusammengefasst gilt sie für

  • Personen ab zwölf Jahren, die in aktuelle Ausbruchsgebiete reisen,
  • Personen, bei denen das Risiko für einen schweren Verlauf besteht (≥60 Jahre, schwere internistische Grunderkrankungen) und die längere oder wiederholte Aufenthalte in Endemiegebieten planen,
  • Personen, die gezielt mit Chikungunya-Viren arbeiten (zum Beispiel in Laboren und Forschungseinrichtungen).
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Zwischen März und Mai 2025 sind Chikungunya-Fälle in 14 Ländern weltweit gemeldet worden. Vor allem in Südamerika, Asien und den französischen Überseegebieten Mayotte und Réunion (siehe unsere nachfolgende Karte).

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Ab welcher Anzahl an Ansteckungsfällen von einem Ausbruch die Rede ist, ist von der Anzahl der zu erwartenden Fälle abhängig, wie die Weltgesundheitsorganisation (WHO) der Ärzte Zeitung auf Anfrage mitteilt. In der Regel sind zwei oder mehr zeitlich und räumlich zusammenhängende Fälle, die über das erwartete Maß hinausgehen, das absolute Minimum, um einen Ausbruch zu begründen. Aus diesem Grund kann sich die Definition eines Ausbruchs in einem endemischen Gebiet von der Definition in einem Land der Europäischen Union (EU), in dem Chikungunya derzeit nicht endemisch ist, unterscheiden.

Tatsächlich von einem Ausbruch innerhalb der EU ist die Rede im französischen Überseegebiet Réunion im Indischen Ozean mit über 51.000 gemeldeten Fällen also über 100 pro 100.000 Einwohner (nicht einzusehen in unserer Karte). Auch die ebenfalls im Indischen Ozean gelegene französische Insel Mayotte meldete zwischen 10 und 99 Fälle pro 100.000 Einwohner. Anfang Juni wurde sie in die epidemische Phase (Phase 3) eingestuft, was auf eine intensive und weit verbreitete Übertragung des Virus im gesamten Gebiet hindeutet.

Ab einem Fall kein Ausbruch

Der nicht-reiseassoziierte Infektionsfall im Elsass reicht also nicht aus, um von einem Ausbruch zu sprechen. Das bestätigt auch Dr. Dr. Carsten Köhler vom Institut für Tropenmedizin, Reisemedizin und Humanparasitologie des Universitätsklinikums Tübingen. Überall dort, wo die Überträgermücke vorkommt, sei auch mit einer Übertragung zu rechnen, sollte ein Reisender Chikungunya einschleppen. Dies gelte auch für Frankreich und Deutschland.

Bisher wurden in Deutschland keine autochthonen Chikungunya-Fälle, also Infektionen ohne vorherige Reise, registriert. Bei den infizierten Personen handelte es sich also bis dato immer um Reiserückkehrerinnen und -rückkehrer. Die Infektionszahlen des Robert Koch-Instituts (RKI) weisen seit 2021 wieder einen Anstieg auf, was sich vermutlich mit der Zunahme an Reisen seit der Pandemie erklären lässt (siehe nachfolgende Grafik).

Für die Impfsprechstunde in der Hausarztpraxis empfiehlt Köhler, mögliche Nebenwirkungen abzuwägen und die Entscheidung in Absprache mit der reisenden Person zu treffen.

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So rechnen Sie die Chikungunya-Impfung ab

Bisher wird die Chikungunya-Impfung als Reiseimpfung in der Regel privat abgerechnet, also nach GOÄ, und vom Patienten bezahlt. Hier ist in der Regel eine Beratung (GOÄ-Nr. 1 oder 3, je nach Beratungsdauer), eine körperliche Untersuchung (GOÄ-Nr. 5) und die Schutzimpfung selbst (GOÄ-Nr. 375) zu berechnen. Bei beruflich veranlassten Reisen in Endemiegebiete oder Gebiete mit Ausbruchsgeschehen dürfte in der Regel der Arbeitgeber die Kosten übernehmen.

Daran ändert sich vorläufig auch nichts – trotz der Entscheidung der STIKO. Denn nach der Ständigen Impfkommission beginnt erst das Procedere der Überführung der Impfung als Kassenleistung. Zunächst hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) zwei Monate Zeit, über die Übernahme der Impfung in die Schutzimpfungs-Richtlinie zu entscheiden. In aller Regel stellt sich der G-BA nicht gegen die STIKO. Nach der Entscheidung des G-BA muss noch das Bundesgesundheitsministerium als Rechtsaufsicht sein Okay geben. Nach der Genehmigung wird der Beschluss im Bundesanzeiger veröffentlicht und tritt dann in Kraft.

Als Sachleistung ist die Impfung allerdings in der Regel erst nach Abschluss der Impfvereinbarungen in den KVen verfügbar. Bis dahin müssen Patientinnen und Patienten die Kosten der Impfung vorstrecken.

Im Fall der Chikungunya-Impfung dürfte es spannend werden, wie weit der G-BA den Anspruch auf die Impfung für Kassenpatienten tatsächlich fasst: Werden auch Freizeit-Reisende Anspruch haben oder nicht? Die STIKO hat diese Frage eigentlich schon beantwortet. So heißt es im Epidemiologischen Bulletin (28/2025) auf Seite 17: „Das öffentliche Interesse an einer Impfung gegen Chikungunya besteht vor allem bei Freizeitreisenden und beruflich Reisenden (z. B. Entomologen, im Feld arbeitende Medizinerinnen und Mediziner, Militärangehörige). Darüber hinaus besteht bei Arbeitgebern von Personen mit einer beruflichen Exposition (z. B. Labor-Tätigkeiten gemäß Biostoffverordnung) ein Interesse zum Schutz des Personals.“

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