„Wegkommen vom reinen Reparaturbetrieb“

Gesundheitsexperten wollen der Prävention mit einer Bundesstiftung Auftrieb geben

Über Prävention wird hierzulande viel geredet, gezielt investiert aber vergleichsweise wenig. Eine Bundesstiftung könnte das Thema gehörig pushen, zeigt sich ein „Expertenquartett“ überzeugt – ein Hexenwerk sei die Gründung nicht.

Veröffentlicht:
Paradigmenwechsel gefordert: Experten schlagen die Gründung einer Bundesstiftung für Prävention und Gesundheit vor.

Paradigmenwechsel gefordert: Experten schlagen die Gründung einer Bundesstiftung für Prävention und Gesundheit vor.

© Coloures-Pic - stock.adobe.com

Berlin. Schon der Philosoph Arthur Schopenhauer wusste, dass Gesundheit zwar nicht alles, aber ohne Gesundheit alles nichts ist. Dennoch fristen Prävention und Gesundheitsförderung in Deutschland ein stilles Nischendasein.

Lediglich ein Bruchteil der rund 327 Milliarden Euro, die die gesetzlichen Krankenkassen zuletzt ausgegeben haben, floss in die Vermeidung von Krankheiten.

Ein „Expertenquartett“ hat nun Vorschläge zur Gründung einer „Bundesstiftung für Prävention und Gesundheit“ vorgelegt. Tenor: Seit Jahrzehnten werde hierzulande mehr Prävention eingefordert, doch über einzelne Pilotprojekte hinaus finde Deutschland einfach nicht den Einstieg in ein „wirklich stabiles und auf Krankheitsvermeidung ausgerichtetes Gesundheitssystem“.

„Prävention operativ auf die Straße bringen“

Die Aufgabe bestehe daher darin, Prävention „endlich operativ auf die Straße zu bringen“. Das könne über eine Bundesstiftung am besten gelingen. Der Frankfurter Medizinjurist und Anwalt Professor Thomas Schlegel betonte am Dienstag vor Journalisten, die Gründung einer solchen Stiftung sei „kein Hexenwerk“.

Lesen sie auch

Ein entsprechender Passus, der nur wenige Seiten umfassen müsse, lasse sich „ohne Mühe“ in ein ohnehin anstehendes Präventionsgesetz 2.0 integrieren, so Schlegel. Als Stifterin solle die Bundesrepublik Deutschland fungieren.

In einem Stiftungsrat könnten Vertreter mehrerer Bundesministerien sitzen, in einem Kuratorium wiederum Vertreter der Heil- und Pflegeberufe, Patientenorganisationen sowie der gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung. Wichtig sei auch, Länder und Kommunen einzubeziehen – nur dann lasse sich das Thema Prävention „vertikal in die Tiefe“ bringen, so Jurist Schlegel.

Länder und Kommunen einbeziehen

Die Bundesstiftung solle zudem Kooperationen mit Unternehmen und Institutionen der Selbstverwaltung wie Krankenkassen schließen. Private Public Partnerships (PPP) – etwa zum Thema Impfen – seien denkbar. Laufende Projekte zu Prävention und Gesundheitsförderung könnten wie bisher weiterlaufen. Die Stiftung sei keine Konkurrenzveranstaltung, sondern wolle koordinieren.

Lesen sie auch

Zusammenarbeiten soll die Stiftung auch mit dem 2024 gegründeten Bundesinstitut für Öffentliche Gesundheit (BIÖG). Angesiedelt sein könne die Stiftung beim Bundesgesundheitsministerium oder beim Kanzleramt.

Zur Finanzierung sei ein „Matching-Modell“ ratsam, an dem sich Bund, Länder und Privatwirtschaft beteiligten. Als Hausnummer wurde am Dienstag rund eine Milliarde Euro genannt, die es jährlich an Finanzmitteln brauche.

Man empfehle Politik und Gesellschaft, dringend einen Perspektivwechsel hin zu einem System vorzunehmen, dass Menschen nicht erst erfasse, wenn sie bereits als Patienten in Arztpraxen oder Kliniken aufschlügen, sagte Dr. Sandra Zimmermann vom Darmstädter Forschungsinstituts WifOR Institute. Werde Prävention gezielt und strukturiert gefördert, ließen sich Krankheitskosten deutlich senken.

Ökonomin: Es braucht den Perspektivwechsel

Allein Krankheiten des Kreislaufsystems kosteten jährlich knapp 65 Milliarden Euro – psychische Störungen schlügen mit mehr als 63 Milliarden Euro zu Buche, rechnete Zimmermann vor.

Lesen sie auch

Auch Betriebe könnten profitieren, wenn Beschäftige länger gesund blieben. Dies sei angesichts des „doppelten demografischen Wandels“ essentiell, so Zimmermann.

Im Frühjahr 2026 wollen die Initiatoren ihr Konzept für eine Präventionsstiftung in einem Workshop vertiefen und den Regierungsparteien schmackhaft machen – womöglich auch dem Kanzler. Friedrich Merz (CDU) jedenfalls wurde am Dienstag mit den Worten zitiert, Gesundheit sei keine Ausgabe, sondern eine Investition in Wohlstand. (hom)

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Umfassende Datensammlung

RKI-Panel: Jeder zweite Deutsche schätzt seine Gesundheit als gut ein

Zervixkarzinom

DKG-Expertin Hasenburg: „Die HPV-Prävention muss in der Schule beginnen“

Kooperation | In Kooperation mit: AOK-Bundesverband
Das könnte Sie auch interessieren
Der Gesundheitsdialog

© Janssen-Cilag GmbH

J&J Open House

Der Gesundheitsdialog

Kooperation | In Kooperation mit: Johnson & Johnson Innovative Medicine (Janssen-Cilag GmbH)
Impulse für den medizinischen Fortschritt: Welches Mindset braucht Deutschland?

© Springer Medizin

Johnson & Johnson Open House-Veranstaltung am 26. Juni 2025 beim Hauptstadtkongress

Impulse für den medizinischen Fortschritt: Welches Mindset braucht Deutschland?

Kooperation | In Kooperation mit: Johnson & Johnson Innovative Medicine (Janssen-Cilag GmbH)
J&J Open House beim Hauptstadtkongress

© [M] Springer Medizin Verlag

Video zur Veranstaltung

J&J Open House beim Hauptstadtkongress

Kooperation | In Kooperation mit: Johnson & Johnson Innovative Medicine (Janssen-Cilag GmbH)
Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Protest vor dem Bundestag: Die Aktionsgruppe „NichtGenesen“ positionierte im Juli auf dem Gelände vor dem Reichstagsgebäude Rollstühle und machte darauf aufmerksam, dass es in Deutschland über drei Millionen Menschen gebe, dievon einem Post-COVID-Syndrom oder Post-Vac betroffen sind.

© picture alliance / Panama Pictures | Christoph Hardt

Symposium in Berlin

Post-COVID: Das Rätsel für Ärzte und Forscher

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: vfa und Paul-Martini-Stiftung

Kampf dem Zervixkarzinom

Ärzte sind sich einig: eine Impfung schützt!

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Vision Zero e.V.
Ein junges Mädchen wird geimpft – gegen HPV? (Symbolbild mit Fotomodellen)

© milanmarkovic78 / stock.adobe.com

Vision Zero Onkologie

Die Elimination des Zervixkarzinoms

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Vision Zero e.V.
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Welchen Spielraum es gibt

Patienten rechtssicher ablehnen: So geht’s

Lesetipps
CT des Abdomens, portalvenöse Phase

© Universitätsklinikum Regensburg/Claudia Wolf

Kasuistik

Welche seltene Differenzialdiagnose steckte hinter dem vermuteten Aszites?