Hängepartie um Einsparungen in der GKV
Zusatzbeiträge in der Warteschleife: Weiterer lauter Ruf nach GKV-Sparpaket
Die Uhr für eine Einigung über das GKV-Sparpaket tickt. Die Krankenkassen warnen die Regierung vor falschen Kompromissen. Und beim Streit mit den Ländern um die Klinikreform profiliert sich der Bund als Nein-Sager.
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Krankenkassen hoffen auf die noch kurzfristige Verabschiedung des zwei Milliarden Euro umfassenden Sparpakets für die Gesetzliche Krankenversicherung und warnen vor steigenden Beiträgen im kommenden Jahr.
© Sascha Steinach/ZB/picture alliance
Berlin. Die Nervosität in den Führungsetagen der Krankenkassen über das im Vermittlungsausschuss eingefrorene Sparpaket für die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) wächst. Der GKV-Spitzenverband ist bei Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) nochmals mit einem Warnbrief vorstellig geworden.
„Damit wird lediglich das absolute Minimum dessen erreicht, was für eine finanzielle Stabilisierung der GKV und der Beitragssätze erforderlich ist“, heißt es in einem Schreiben des GKV-Vorstands zu dem zwei Milliarden Euro umfassenden Paket.
Die Aussetzung der Meistbegünstungsklausel für Krankenhäuser – sie war Kern des Anstoßes für den Bundesrat – halten die Kassen für „absolut sachgerecht“. Überhaupt stelle dieser Schritt „im Kern nur den Verzicht auf eine – ohnehin grundlegend kritisch zu bewertende – Überfinanzierung der Krankenhausstrukturen dar“, so die Kritik des Spitzenverbands.
Ein Warnbrief reiht sich an den nächsten
Daraus folge, dass Kompromissvorschläge, wie sie in der Länderkammer ventiliert wurden, vermieden werden müssten – nämlich die Basiswirksamkeit der ausgesetzten Klausel ab 2027 wieder zurückzunehmen. Damit würde die beabsichtigte Stabilisierung der GKV „mit Wucht ins Gegenteil verkehrt“, warnen die Kassen.
Ohnehin werde der Sparbetrag zu Gunsten der GKV im kommenden Jahr „erheblich“ unter den angepeilten 1,8 Milliarden Euro zu Lasten der Krankenhäuser liegen, da eine Regelung zur Tarifrate im Sparpaket den Einspareffekt bremse.
Bilanz nach drei Quartalen
Trotz Überschuss bei den Kassen: Warken sieht Beitragssätze unter hohem Druck
Auf der Agenda müsse stattdessen eine „dauerhafte Dämpfung des Ausgabenniveaus“ stehen. Denn im kommenden Jahr würden die GKV-Leistungsausgaben voraussichtlich um 6,9 Prozent steigen, die Beitragseinnahmen hingegen nur um 4,0 Prozent, heißt es in dem Brief.
Kassen entscheiden spätesmöglich über Zusatzbeitrag
Unterdessen haben die meisten Krankenkassen ihre entscheidenden Verwaltungsratssitzungen auf den 19. Dezember oder kurz zuvor gelegt. An diesem Freitag tagt der Bundesrat letztmalig in diesem Jahr. Eine kurz zuvor ergangene Einigung des Vermittlungsausschusses könnte das Plenum der Länderkammer dann kurzfristig bestätigen.
Die meisten Krankenkassen geben angesichts der Hängepartie überwiegend vorläufige Zusatzbeiträge bekannt, so etwa die BARMER (3,29 Prozent), die IKK classic (3,4 Prozent), die SBK (3,8 Prozent) oder die Mobil Krankenkasse (3,89 Prozent) – alle Genannten wollen ihre Zusatzbeiträge demnach unverändert belassen.
Begünstigt wird das Verhandlungsklima von Bund und Ländern sicherlich nicht dadurch, dass die Bundesregierung sich beim Krankenhausreformanpassungs-Gesetz (KHAG) hartleibig zeigt. Mit wenigen Ausnahmen bescheidet der Bund die 56 Änderungsbegehren der Länder mit: „Die Bundesregierung lehnt den Vorschlag ab.“
Das gilt auch für die den Ländern besonders wichtigen Punkte wie die sogenannte Standortdefinition – danach dürfen Gebäudeteile eines Krankenhauses laut KHAG maximal 2.000 Meter auseinanderliegen. Die Ländern wollten diese Vorgabe auf auf fünf Kilometer ausdehnen.
Einbußen bei Behandlungsqualität zu befürchten
Antwort der Regierung: Eine Ausweitung auf fünf Kilometer „würde voraussichtlich zu Einbußen der Behandlungsqualität führen.“ Es könne dann beispielsweise dazu kommen, dass Patienten „im Notfall nicht mit der gebotenen Schnelligkeit in eine andere Abteilung des Krankenhausstandortes verlegt werden können“.
Gesetzliche Krankenversicherung
Verhärtete Fronten mit den Ländern: Warkens Sparpaket wandert in den Vermittlungsausschuss
Antworten wie die zur Länder-Forderung, den Bundes-Klinik-Atlas abzuschaffen, wirken fast trotzig: „Die im Bundes-Klinik-Atlas verwendeten Daten sind geeignet, um Transparenz über die stationäre Versorgungsqualität herzustellen.“
Um die Information von Patienten zu verbessern, prüfe man aber „weiteren Anpassungsbedarf, um Doppelstrukturen hinsichtlich Krankenhausvergleichsportalen zu vermeiden und Bürokratie zu minimieren.“ Dabei hatte das BMG noch im September verlauten lassen, die hausinterne Projektgruppe zum Klinik-Atlas werde eingestellt.
Das große Anliegen der Länder, sektorenübergreifende Versorger (süV) zu stärken, wird nicht rundweg abgelehnt, soll aber in die Notfallreform verschoben werden. Der ebenfalls dringende Wunsch des Bundesrats, die medizinisch-pflegerische Versorgung wieder als Teil der süV in das KHAG hineinzuheben, wird hingegen abschlägig beschieden.
Begründung: „Die Abgrenzung einer medizinisch pflegerischen Versorgung von einer regulären Krankenhausbehandlung (...) erscheint nicht möglich“ und sei auch nicht sachgerecht. (fst)










