Depressive Diabetiker

Vorsicht Insulin-Missbrauch!

Diabetiker haben ein erhöhtes Risiko für einen unnatürlichen Tod. Die Hauptursache hierfür sind Intoxikationen. Und besonders betroffen sind solche Patienten, die zeitgleich an einer Depression leiden.

Veröffentlicht:
Insulin: Cave bei depressiven Diabetes-Patienten!

Insulin: Cave bei depressiven Diabetes-Patienten!

© Sven Weber / fotolia.com

MANCHESTER. Untersuchungen zu Todesursachen von Diabetikern haben sich bislang vorwiegend auf Komplikationen und Komorbiditäten konzentriert. Viele vorzeitige Todesfälle bei jüngeren Diabetikern hängen aber offenbar mit sozialen oder psychischen Problemen oder einem Substanzmissbrauch zusammen.

Ob ein Diabetes tatsächlich das Risiko für einen unnatürlichen Tod erhöht, haben jetzt Dr. Roger Webb von der University of Manchester und Kollegen in einer Kohortenstudie untersucht (Diabetes Care 2014, online 21. Mai).

Analysiert wurden Daten des schwedischen Diabetesregisters von 252.191 Typ-1- und Typ-2-Diabetikern, bei denen die Krankheit zwischen 1996 und 2009 diagnostiziert worden war.

Die Daten der Patienten wurden mit Daten von je fünf Kontrollpersonen gleichen Alters, Geschlechts und Geburtslandes ohne Diabetes verglichen. Im Vergleich zu den Kontrollen kamen mehr als doppelt so viele Diabetiker durch unnatürliche Todesursachen ums Leben (32,1 vs. 77,3 pro 10.000).

Besonders ausgeprägt war dieser Unterschied bei den Jüngeren. So waren beispielsweise Diabetiker bei einem Suizid im Schnitt elf Jahre jünger als die Kontrollpersonen mit einem Suizid.

Einzeln betrachtet war die Rate von Suiziden bei den Diabetikern mehr als verdreifacht (relatives Risiko, RR 3,4). Der Anteil derer, die infolge eines Unfalls oder eines iatrogenen Effekts verstarben, lag doppelt so hoch wie bei Nichtdiabetikern (RR 2,0 bzw. 2,4).

Die größten Unterschiede zeigten sich bei Vergiftungen mit tödlichem Ausgang, etwa durch Psychopharmaka, Narkotika, Alkohol oder Kohlenmonoxid.

Das relative Risiko für absichtliche Intoxikationen war nahezu sechsmal, das der Vergiftungsunfälle fast viermal höher als in der Kontrollgruppe.

Insgesamt waren nur 8,6 Prozent der tödlichen Vergiftungen bei Diabetikern auf eine Überdosierung von Insulin oder oralen Antidiabetika zurückzuführen. Bei Diabetikern mit vorsätzlicher Intoxikation lag die Quote für diese Substanzklassen allerdings bei 30 Prozent.

Fazit: Besteht bei einem Patienten der Verdacht auf eine Depression oder ein erhöhtes Suizidrisiko, sollte der mögliche Missbrauch von Insulin zur Selbsttötung mit Angehörigen besprochen werden.

Präventive Maßnahmen sollten sich nach Ansicht der Autoren vor allem auch auf eine sichere Verschreibungspraxis und effektive Überwachung der gesamten Medikation konzentrieren, um Fehlmedikationen und beabsichtigte Überdosierungen zu verhindern. (St)

Mehr zum Thema

Doppelter Nutzen

SGLT2-Hemmer sind bei Diabetes und Fettleber im Vorteil

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Ambulantisierung

90 zusätzliche OPS-Codes für Hybrid-DRG vereinbart

Doppel-Interview

BVKJ-Spitze Hubmann und Radau: „Erst einmal die Kinder-AU abschaffen!“

Interview

Diakonie-Präsident Schuch: Ohne Pflege zu Hause kollabiert das System

Lesetipps
Der Patient wird auf eine C287Y-Mutation im HFE-Gen untersucht. Das Ergebnis, eine homozygote Mutation, bestätigt die Verdachtsdiagnose: Der Patient leidet an einer Hämochromatose.

© hh5800 / Getty Images / iStock

Häufige Erbkrankheit übersehen

Bei dieser „rheumatoiden Arthritis“ mussten DMARD versagen