Entschlüsselt

Wie Gallensteine gebildet werden

Gallensteine zählen zu den häufigsten Gründen, warum Patienten ins Krankenhaus müssen. Doch wie sie entstehen, war unbekannt. Nun haben Forscher das Rätsel gelöst.

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Menschliche Gallensteine sind teilweise verkalkt und zeigen einen schalenförmigen Aufbau.

Menschliche Gallensteine sind teilweise verkalkt und zeigen einen schalenförmigen Aufbau.

© Daniela Weidner/Martin Herrmann

ERLANGEN. Wie Gallensteine entstehen, war trotz der Tatsache, dass sie zu den zehn häufigsten Gründen für einen Krankenhausaufenthalt gehören, bisher unbekannt.

Ein Forscherteam des Universitätsklinikums der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) ist dem auf den Grund gegangen (Immunity 2019; online 15. August).

Bekannt war zwar, dass Kristalle an der Bildung von Steinen beteiligt sind, im Falle von Gallensteinen sind es bekanntlich meist Cholesterinkristalle. Wie aber aus einem mikroskopisch kleinen Kristall ein Stein wird, war bisher nicht erforscht und konnte nun aufgeklärt werden, heißt es in der Mitteilung der FAU.

Unkonventionelle Forschung

Für ihre Untersuchung gingen die Forscher einen unkonventionellen Weg, der sie unter anderem in Museen und Schlachthöfe führte.

Sie analysierten menschliche Steine aus der Museumssammlung der Charité in Berlin, Gallenflüssigkeit von Schweinen vom Schlachthof sowie Steine und Gallenflüssigkeit von Patienten, die sich operativen Eingriffen des Abdomens unterzogen haben.

In der eingehenden Untersuchung dieses Materials mit modernsten Methoden konnte das Team eine überraschende Entdeckung machen: Alle Gallensteine waren übersät von Spuren neutrophiler Granulozyten.

Beim Versuch, die Kristalle aufzunehmen, sterben die Zellen und stülpen ihre DNA wie ein Netz über die Kristalle. Diese Netze (Neutrophil Extracellular Traps, NETs) winden sich um die Kristalle, verklumpen diese und lassen so Steine entstehen, die manchmal erstaunliche Ausmaße annehmen können, heißt es weiter in der Mitteilung.

„Wir beobachteten, dass die freigesetzten Netze in der bereits klebrigen Gallenflüssigkeit Kalzium- und Cholesterinkristalle verklumpen und so Gallensteine geformt werden.

Wird die Bildung von Netzen pharmakologisch gehemmt, kann die Gallensteinbildung stark verringert oder sogar aufgehoben werden“, wird Erstautor Dr. Luis Munoz in der Mitteilung zitiert.

Beta-Blocker als Therapieoption

Durch diese Entdeckung ergeben sich neue Möglichkeiten der Behandlung bei Gallensteinen. Interessant könnte ein einfacher pharmakologischer Ansatzpunkt sein: die Verwendung des Beta-Blockers Metoprolol. Metoprolol hindert neutrophile Granulozyten daran, aus der Blutbahn in das Gewebe zu gelangen und reduziert damit die Kapazität, Netze und damit Gallensteine zu bilden.

Des Weiteren sind bereits spezifische Hemmer der Netzbildung von neutrophilen Granulozyten bekannt, die PAD-Hemmer, die sehr effizient die Bildung von experimentell-induzierten Gallensteinen hemmen und damit die Bedeutung des Immunsystems bei der Bildung dieser Strukturen beweisen konnten.

Das FAU-Forschungsteam weist zudem darauf hin, dass dieser Prozess nicht nur bei Gallensteinen von zentraler Bedeutung ist, sondern auch bei anderen Steinleiden, wie Nieren- oder Speicheldrüsensteinen entscheidend sein dürfte. (eb)

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