Hirn reparieren

Wie alte Blutzellen zu jungen Gehirnzellen werden

Neustart für die grauen Zellen: Bonner Wissenschaftler haben eine neue Methode entwickelt, defektes Gehirngewebe zu ersetzen, indem man alte Blutzellen zu frischen Hirnzellen macht – und so gleichzeitig verjüngt.

Veröffentlicht:
Aktive Nervenzelle: Forscher können Blutzellen jetzt schneller zu Nervenzellen umwandeln und verjüngen die Zellen sogar dabei.

Aktive Nervenzelle: Forscher können Blutzellen jetzt schneller zu Nervenzellen umwandeln und verjüngen die Zellen sogar dabei.

© fotomek / stock.adobe.com

BONN. Forschern des Universitätsklinikums Bonn und des Deutschen Zentrums für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) ist es gelungen, Blutzellen direkt zu neuralen Stammzellen umzuprogrammieren und sie dabei gleichzeitig zu verjüngen (Nat Commun 2018; online 2. Oktober). Die Stammzellen liessen sich etwa dazu nutzen, um neurologische Krankheiten zu erforschen und zukünftig Ersatz für defektes Hirngewebe zu züchten, teilt die Uni Bonn mit.

Als Ausgangsstoff dienten Leukozyten von erwachsenen Spendern. In die Zellen schleusten die Forscher zwei Transkriptionsfaktoren ein, also Proteine, die selektiv die Aktivität bestimmter Gene steuern. Dadurch gelang es ihnen, die Blutkörperchen zu neuralen Stammzellen umzuprogrammieren. Aus diesen wiederum konnten sie dann Nerven- und Gliazellen züchten.

Die eingeschleusten Transkriptionsfaktoren sind nicht stabil und gehen später wieder verloren.

Verjüngung eingeschlossen

Interessanterweise ging mit dieser Verwandlung auch eine Verjüngung einher. In Zellen werden manche Gene im Laufe ihrer Alterung mit einem chemischen Etikett versehen und dadurch hoch- oder heruntergefahren. Alte Zellen haben daher ein charakteristisches Genaktivitätsmuster, das sich von dem junger Zellen unterscheidet.

"Bei unserer Reprogrammierung wurde die altersbedingte Etikettierung nahezu vollständig rückgängig gemacht", wird einer der Autoren, Professor Oliver Brüstle, in der Mitteilung zitiert. "Die Stammzellen unterschieden sich daher in ihrer Genaktivität und ihrer Funktion kaum von denen eines Neugeborenen." Diese "jugendlich-fitten" Zellen eignen sich vermutlich besonders gut für Gewebeersatz-Therapien.

Dass sich aus Leukozyten Hirnzellen züchten lassen, ist nicht neu. Allerdings stellt man dazu bekanntlich aus dem Blut zunächst induzierte pluripotente Stammzellen (iPS-Zellen) her, die sich in die unterschiedlichsten Gewebetypen entwickeln können. In einem zweiten Schritt erfolgt dann die Umwandlung in neurale Stammzellen.

Dieser Prozess könne aber über vier Monate und mehr in Anspruch nehmen, so die Uni Bonn. Die neue Methode gehe gewissermaßen eine Abkürzung, ohne den Zwischenschritt über die iPS-Zellen. Sie benötige daher nur gut zwei Wochen. (eb)

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Gelistet als Best-Practice-Intervention

Psychische Gesundheit: OECD lobt deutsches Online-Programm iFightDepression

Das könnte Sie auch interessieren
Was die MS-Behandlung auszeichnet

© Suphansa Subruayying | iStock

Lebensqualität

Was die MS-Behandlung auszeichnet

Anzeige | Merck Healthcare Germany GmbH
Unsichtbare MS-Symptome im Fokus

© AscentXmedia | iStock

Lebensqualität

Unsichtbare MS-Symptome im Fokus

Anzeige | Merck Healthcare Germany GmbH
Prognostizierbares Therapieansprechen?

© Stockbyte | gettyimages (Symbolbild mit Fotomodellen)

Antidepressiva

Prognostizierbares Therapieansprechen?

Anzeige | Bayer Vital GmbH
Depression und Schmerz gehen häufig Hand in Hand

© brizmaker | iStock (Symbolbild mit Fotomodell)

Depressionsscreening

Depression und Schmerz gehen häufig Hand in Hand

Anzeige | Bayer Vital GmbH
Kommentare
Sonderberichte zum Thema

ADHS im Erwachsenenalter

Wechseljahre und ADHS: Einfluss hormoneller Veränderungen auf Symptomatik und Diagnose

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: MEDICE Arzneimittel Pütter GmbH & Co. KG, Iserlohn
Neue Ansätze zur Behandlung seltener Krankheitsbilder

© Dr_Microbe / stock.adobe.com

Entwicklungen in der Therapie neuromuskulärer Erkrankungen

Neue Ansätze zur Behandlung seltener Krankheitsbilder

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Roche Pharma AG, Grenzach-Wyhlen
Abb. 1: a) Verlauf einer Gruppe unbehandelter Personen, b) 5-Jahres-Daten der SUNFISH-Studie Teil1, c) Teil2

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [3]

Therapie der 5q-assoziierten SMA

Risdiplam-Filmtabletten: flexiblere Anwendung im Alltag

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Roche Pharma AG, Grenzach-Wyhlen
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Lungensurfactant

Warum Seufzen der Atmung gut tut

Lesetipps
Der Rücken eines Mannes mit Gürtelrose zeigt Vesikel.

© Chinamon / stock.adobe.com

Alter für Indikationsimpfung herabgesetzt

STIKO ändert Empfehlung zur Herpes zoster-Impfung